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Kampf dem Racheporno
Wie wäre es, wenn man seinen Namen googelt und ein Nacktfoto samt Telefonnummer und Link zum eigenen Facebook-Profil fände? Dieser Alptraum wird in Amerika immer öfter wahr. Nacktbilder anderer Leute ohne deren Einverständnis ins Netz zu stellen ist dort nämlich legal, bisher jedenfalls. Jetzt soll dem Revenge Porn, wie diese Art der Pornografie genannt wird, der Kampf angesagt werden.
Die Idee, kompromittierende Bilder von Ex-Partnern hochzuladen, ist in den vergangenen Jahren besonders in Amerika zu einer Art grausamem Trend geworden. 2010 eröffnete der 24-jährige Amerikaner Hunter Moore die Website "Is Anyone Up", deren einziger Zweck war, anonym ehemalige Geliebte mit Nacktbildern bloßzustellen. Kurz darauf folgten ihm Trittbrettfahrer wie Craig Brittain und Chance Trahan mit ähnlichen Racheporno-Plattformen.
Nachdem das FBI ermittelte, mussten sie die Seiten 2012 aus dem Netz nehmen und gaben sich über Twitter reumütig. Moore sagte in Interviews, er habe genug davon, das Leben junger Frauen zu ruinieren. Doch das war offenbar nur Show: Seit Ende vergangenen Jahres ist Moore mit einer neuen Seite zurück. Am vergangenen Donnerstag hat auch Brittain, ein blasser Amerikaner mit Kinnbart, eine neue Plattform eröffnet.
Kritiker fragen: Darf man künftig noch Fotos von Botticellis Venus posten?
Weil immer mehr Frauen in den USA Sammelklagen gegen die Betreiber von ähnlichen Seiten einreichen, plant man in Florida jetzt ein neues Gesetz. Es soll die Seiten künftig illegalisieren und die Leuten, die ohne das Einverständnis der abgebildeten Personen Nacktbilder oder Pornos hochladen, zu Straftätern machen.
Doch das Gesetz wird kritisiert. Mary Anne Franks, eine Jura-Professorin der University of Miami sagt, es sei zu undurchschaubar. Das Gesetz beziehe sich auf "jegliche Fotografie oder Videos von Menschen, die nackte Haut zeigen", aber kläre dabei nicht genau, was Nacktheit bedeute. So könnte es auch Fotos einbeziehen, auf denen jemand neben dem Bild von Botticellis Venus stünde.
Wer solche Fotos unverpixelt von sich im Netz findet, hat kaum Chance, etwas dagegen zu tun.
Auch die gemeinnützige Organisation "Without my consent" will gegen die nicht einvernehmliche Pornografie vorgehen. Gesetze wie das zum Schutz der Privatsphäre würden zwar klar für eine Sperrung der Seiten sprechen, trotzdem sei es aber schwer, sie aus dem Netz zu nehmen. In Amerika sei ein richterlicher Beschluss nötig, um an die IP-Adressen der Personen zu gelangen, die den fragwürdigen Inhalt hochladen, erklärt die Mitbegründerin der Organisation, Erica Johnstone. Außerdem würden viele Inhalte von Dritten hochgeladen, die schwer zu fassen sind. Die Betreiber der Websites müssten sie erst an die Polizei verraten, bevor man sie fassen könnte.
Die Frage sei auch, was bei Ermittlungen heraus komme. Schließlich sind hohe Kosten damit verbunden, die Täter zu finden und vor Gericht zu bringen, mehrere 10.000 Dollar, sagt Erica Johnstone. Bei den meisten Tätern sei aber sowieso nichts zu holen.
Ein Geschäftsmodell aus den Rachegelüsten von Frustrierten
Der 27-jährige Hunter Moore hat ein Geschäftsmodell aus den Rachegelüsten frustrierter Männer und (weitaus weniger) Frauen gemacht. Auf seiner neuen Seite sammelt er neben den Fotos auch Links zu Facebook- und Twitteraccounts der bloßgestellten, gerne auch Telefonnummer und Adresse.
"Ich kreiere etwas", sagt Moore, "dass euch zweifeln lassen wird, ob ihr jemals Kinder haben möchtet", schreibt er in einer Art Presseerklärung. Kein Wunder, dass er seit längerem als "meist gehasster Mann des Internets" bezeichnet wird. Zur Beruhigung für die bloßgestellten Mädchen sagt er: "Nach ein paar Tagen interessiert ihr niemanden mehr. Dann werden wir uns alle einen auf euch runtergeholt oder über euch gelacht haben und die Sache ist vom Tisch. Es kann nicht mehr schlimmer werden." Um das Hochladen der Bilder zu vereinfachen, hat Moore sogar eine App für unterwegs entwickelt.
Wie könnte man in Deutschland gegen eine derartige Seite vorgehen? Der Rechtsanwalt Dr. Holger Weimann aus München ist Experte im Urheberrecht, er sagt: "Im deutschen Recht gilt der seit 1907 gesetzlich geregelte Grundsatz nach Absatz 22 des Kunst-Urheberrechtsgesetz, dass Bilder nur mit Zustimmung des Abgebildeten verbreitet werden dürfen. Das gilt auch für neutrale Fotos, wie Porträts. Es gibt zwar Ausnahmen, wie die Prominenz oder 'Zeitgeschichtlichkeit' einer Person, aber auch diese Ausnahmen greifen niemals ein, wenn ein Foto aus der Intimsphäre verbreitet wird."
Die Rechtslage in Deutschland ist also klar: Wer Nacktfotos ohne Zustimmung der abgebildeten Person veröffentlicht, macht sich strafbar. Entdeckt man ein Nacktbild oder auch ein unerwünschtes neutrales Bild von sich im Internet, kann man dagegen vorgehen. Sofern der Täter bekannt ist oder der Betreiber der Website in Deutschland sitzt, kann man innerhalb weniger Tage ein gerichtliches Verbot erwirken und durchsetzen.
In der Praxis sieht das aber leider etwas anders aus: Die Seitenbetreiber von dubiosen Inhalten haben ihren Sitz meist außerhalb Deutschlands. Und oft kann nicht nachgewiesen werden, wer das Foto tatsächlich hochgeladen hat. Wer seinen Ex-Freund also nur verdächtigt, kann damit nicht viel erreichen.
Text: feline-gerstenberg - Foto: ~mya~ / photocase.com