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Honorarkonsuln erzählen (XII): Neukaledonien - bloß kein Trinkgeld, bitte!
Entführungen sind schrecklich. Wenn ich überlege, welches Ereignis mich nicht loslässt, dann muss ich an diesen französischen Arzt denken, der seine eigenen Kinder entführt hat. Um sie vor der Mutter zu verstecken und sie für sich zu haben. Seine Ehe ist kaputt gewesen, das Sorgerecht hatte er vor Gericht verloren. Also hat er sich die Kinder einfach genommen, bis man ihn hier in Neukaledonien gefunden hat. Dann ist das Martyrium für die Mutter noch nicht vorbei gewesen: Vier bis fünf Mal hat das Gericht getagt. Immer wieder heißt es: Einspruch, Einspruch, Einspruch. Der Vater und sein Anwalt haben mit allen juristischen Tricks gearbeitet. Eine schwere Zeit.
Honorarkonsul Wolfgang Förster Bild: privat Die deutsche Botschaft und ich haben die Mutter laufend unterstützt. Finanziell, rechtlich, seelisch. Zwei Jahre ist das jetzt her. Sie kam aus Osnabrück, war deutsche Staatsbürgerin. Er Franzose und von Beruf Arzt. Wie gesagt: Die Ehe war kaputt, sie hatte das Sorgerecht. Eines Tages holt dieser Arzt jedoch die Kinder ab und versteckt sie in Neukaledonien. Die Mutter hat sich daraufhin an uns gewandt. Es kam zu einem Rechtsstreit, der ganze drei Monate gedauert hat. Drei zermürbende Monate. Man kennt das ja auch aus Deutschland, wie solche Verhandlungen laufen: Die Gerichte tagen nicht von einem Tag auf den anderen. Der Vater und sein Anwalt haben sich zudem taktisch sehr raffiniert verhalten: Sie haben mit Tricks immer wieder Einspruch erhoben. Letztendlich hat er dann doch verloren und wurde zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Zudem bekam er die Auflage, die ganzen Unkosten, die für seine ehemalige Frau anfielen, zu begleichen. Das tut er aber einfach nicht. Stattdessen versteckt er sich erneut. Nachher, als ihn seine Frau ausfindig gemacht hat, erzählt er, er hätte angeblich eine Fortbildung gemacht. Das hat ganz schön Nerven gekostet. Letztendlich haben wir es aber geschafft, dass die Frau heute ihre Kinder wieder hat und ihr Ex-Mann bestraft worden ist. Das war für mich wirklich eine Freude. Den Kindern geht es heute ausgezeichnet. Ich weiß das, weil ich nach wie vor in Kontakt mit ihrer Mutter stehe. Sie schreibt mir immer an Weihnachten. So bewegend und so nervenaufreibend ist meine Tätigkeit sonst eigentlich nicht. Viel Routine, Anträge bearbeiten, Reisepässe ausstellen. Die meisten ansässigen Deutschen kenne ich sowieso, es sind schließlich nur hundert, die hier leben. Weil Neukaledonien zu Frankreich gehört, hat man als Deutscher übrigens kein besonderes Problem, einzureisen. Es ist eigentlich ein bisschen so wie in der EU. Besondere Impfungen braucht man ebenfalls nicht. Ich empfehle allerdings jedem, unbedingt eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Wir hatten einmal einen Deutschen, der schwere Herzprobleme hatte und dringend in einem deutschen Krankenhaus behandelt werden musste. Von Neukaledonien wurde er also nach Sydney geflogen und von dort mit dem Privatjet nach Deutschland. Das kostet normalerweise sehr viel Geld – aber die Versicherung hat das zu unserer Überraschung alles übernommen. Ich war damals sehr froh, dass wir ihn lebend zurückbekommen haben. Wer als Tourist hier nach Neukaledonien kommt, kann sich im Vergleich zu anderen Ländern übrigens durchaus Geld sparen: Hier wird nämlich nicht erwartet, dass man Trinkgeld zahlt. Egal ob nun in Restaurants oder Bars. Es ist nicht so, dass man die Ehre der Kellner verletzt, wenn man ihnen etwas gibt, aber sie wundern sich. Ich lebe jetzt seit 35 Jahren in Neukaledonien, das hat sich einfach so eingebürgert. Ich glaube, es liegt daran, dass die hier die Löhne im Vergleich zu anderen Ländern angemessen sind.