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Honorarkonsuln erzählen (XI): Barbados – von vergesslichen Touristen und mittellosen Auswanderern
Simple Simon werde ich nie vergessen. Wie er vor mir steht und mich um Hilfe bittet. Ohne Papiere, ohne Geld. Auf einer Insel, auf der gar nicht das Hotel steht, in dem er untergebracht ist. Und alles, was er mir sagen kann, um die Sache aufzuklären, ist sein Name. Sonst konnte er sich an nichts erinnern. Die Namen seiner Angehörigen, der Name seiner Urlaubsbekanntschaft, seines Hotels – alles weg. Als ob er eine Amnesie hat.
Honorarkonsul Uwe Harrs mit Assistentin Ina MacKenzie Bild: privat Die Geschichte beginnt dabei an sich recht harmlos. Alles fängt damit an, dass Simon in Deutschland am Flughafen eine junge Frau kennenlernt. Sie stellen fest, dass sie beide ihren Urlaub in Antigua gebucht haben. Das ist wie Barbados eine Karibikinsel, die zu den Kleinen Antillen gehört. Spontan fragt sie ihn eines Tages, ob er nicht Lust hat, für eine Weile nach Barbados zu fliegen. Damit nimmt das Unheil seinen Lauf. Denn der Herr Simon übernachtet mit seiner Bekannten, aus welchen Gründen auch immer, auf einer Parkbank. Als er am nächsten Morgen aufwacht, sind all seine Papiere, sein Flugschein und seine Bekannte weg. Also wendet er sich an mich, denn dafür bin ich als Honorarkonsul da. Ich will ihm natürlich helfen, aber das ist gar nicht so leicht, weil er nicht weiß, in welchem Hotel er auf Antigua residiert hat. Simon hat uns leid getan. Also haben wir ihm unter die Arme gegriffen. Ihm zu Essen gegeben, ihn bei uns duschen lassen. Meine Mitarbeiter und ich haben dann alles versucht, um seine Familie zu kontaktieren. Auch haben wir dann herausgefunden, aus welchem Hotel er kommt und mit welchem Flugzeug er von Antigua nach Barbados geflogen ist. Seinen Reisepass hat Simple Simon übrigens auch wieder erhalten. Denn am Abflugtag haben wir seine Bekannte getroffen. Die hat ihn nämlich gar nicht beklaut, wie wir dachten. Sondern ist aus einem ganz anderen Grund abgehauen: Weil sie einen anderen Mann kennengelernt hat. Solche komischen Geschichten erleben wir hier öfter. Nie vergessen werden meine Mitarbeiterin und ich dieses ältere Ehepaar, dessen Auswandererpläne total gescheitert sind. Die haben in Deutschland alle Zelte abgebrochen. Alles aufgegeben, alles verkauft. Extra ein „One-Way“-Ticket nach Barbados gekauft. Mit dem Ziel, nie mehr nach Deutschland zurückzukehren. Um in der Karibik ein neues Leben zu beginnen. Dummerweise ist dieser Traum bereits nach einer Woche geplatzt. Denn bei beiden hat das Geld, was sie mitgenommen haben, nicht gereicht. Die sind allerdings gar nicht auf uns zugekommen. Sondern wir haben das alles nur erfahren, weil die Polizei beide auf der Straße aufgegriffen hat. Die waren quasi obdachlos. Weil sie im Vorfeld hier keine Wohnung organisiert haben. Man kann sagen: Die haben keinen Plan gehabt. Wollten aber trotzdem bleiben, obwohl ihr Geld aufgebraucht war. Es hat sich dann herausgestellt, dass die keine Ahnung davon hatten, dass auch das Leben in der Karibik etwas kostet. Wir haben dann die Vollmacht erhalten, den Rücktransport nach Deutschland zu regeln. Neben die lustigen Geschichten, die im Prinzip harmlos ausgehen, muss ich auch Dinge erleben, die weniger zum Lachen sind. Da geht es dann meistens immer um Drogen. Wer hier nur mit einem Marihuanabällchen zum Eigenbedarf erwischt wird, der muss mit harten Strafen rechnen. Das heißt: Die betreffende Person muss ins Gefängnis. Ich hatte mal einen deutschen Staatsbürger, der zusammen mit einem Kolumbianer große Mengen Gras transportiert hat. Der Kolumbianer hatte einen guten Anwalt und ist nach sieben Jahren wieder aus dem Knast entlassen worden. Der Deutsche hatte dagegen nur einen Pflichtverteidiger und muss noch etwa zwei Jahre absitzen. Eingesperrt haben sie ihn übrigens vor zehn Jahren. Für Drogen gibt es hier generell keine Toleranz. Das muss jeder wissen, der auf Barbados Urlaub macht.