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Heiß begehrte Banksy-Fälschungen
Da war er wieder. Banksy, der weltberühmte Street-Art-Künstler, hatte wieder einen Stand am Central Park aufgebaut und bot kleine Leinwände mit seinen Arbeiten für 60 Dollar zum Verkauf an. Zumindest sah es so aus.
Eine Woche zuvor hatte er das schon mal getan, und war damit weltweit in die Medien gekommen, weil er die New Yorker so schön vorgeführt hatte. Banksys Bilder sind fünf- oder gar sechsstellige Beträge wert, 60 Dollar, das waren also unglaubliche Schnäppchen. Besser gesagt: Wären es gewesen. Denn niemand hatte erkannt, dass es sich um echte Banksy-Arbeiten handelte, weil der Künstler das nirgends kundgetan und die Bilder an seinem Stand einfach nur als „Spray Art“ ausgewiesen hatte. In sieben Stunden hatten deshalb nur sechs Bilder den Besitzer gewechselt. Banksy hatte es wieder einmal geschafft, das Zusammenspiel von Kunst und Kommerz auf prägnante Art in Frage zu stellen und deutlich zu machen, wie schwer es ist, Kunst einen Wert zu verpassen.
Und jetzt, eine Woche nach diesem Coup, stand da wieder ein Stand mit Banksy-Bildern. Er sah fast genauso aus. Er war an derselben Stelle aufgebaut. Die Motive waren dieselben. Aber diesmal stand auf dem Verkaufsschild: „Fake Banksy“. Der Verkäufer, wie in der Woche zuvor wieder ein älterer Herr, betonte ausdrücklich, dass es sich um Fälschungen handle. Zu jedem Bild bekam der Käufer ein notariell beglaubigtes „Certificate of Inauthenticity“. Und Käufer gab es viele. Innerhalb einer Stunde waren alle 40 Bilder weg. Selbst das Preisschild hatte jemand für 60 Dollar mitgenommen.
Hinter der Aktion steckte aber nicht, wie offenbar viele New Yorker glaubten, Banksy selbst. Sondern ein New Yorker Künstlerduo: Dave Cicirelli, 30, und Lance Pilgrim, 29. Ihr „Fake-Banksy“-Stand ist eine Art Antwort auf Banksys Statement. Man könnte auch sagen: Er komplettiert es. Banksy hatte gezeigt, dass die Leute teure Kunst nicht erkennen, wenn sie nicht als solche ausgewiesen wird. Dave und Lance haben gezeigt, dass die Leute jeden Scheiß kaufen, wenn sie vermuten, er könnte eventuell doch wertvoll sein. „Kunst ist ironischerweise eben Kapitalismus in Reinform“, sagt Dave. „Jedes Kunstwerk ist genau so viel wert, wie jemand dafür auszugeben bereit ist.“
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Als Dave eine Woche zuvor von Banksys Aktion gehört hatte, ärgerte er sich zuerst, dass er sie verpasst hatte. Er ist sich sicher: Er hätte erkannt, was da verkauft wird. Ebenso sein Freund Lance, der mit den „Fake Banksys“ auch einen Seitenhieb auf die Arroganz mancher New Yorker loswerden wollte: „New Yorker verstehen sich als Kenner aktueller Subkultur, sie haben den Anspruch, am Puls des heißen Scheiß’ zu sein. Wenn ihnen aber jemand echte Banksy-Arbeiten direkt vor die Nase stellt, zucken sie nicht mal mit der Wimper. Dann gibt es einen Medienhype, und daraufhin schmeißen sie dir ihr Geld hinterher – egal wie oft und wie deutlich du ihnen sagst, dass das alles Fake ist.“
Das Zusammenspiel von Schein und Wirklichkeit ist ein Thema, das Dave schon länger beschäftigt. Im September hat er ein Buch veröffentlicht, es heißt„
Daves erster gefälschter Facebook-Post
Er erfand haarsträubende Geschichten, unter anderem von Krankenhausaufenthalten, Sektenmitgliedschaften und einer Beziehung zu einem Amisch-Mädchen. Die meisten glaubten alles, auch als Davids Geschichten immer haarsträubender werden – ein Freund kündigte sogar ebenfalls seinen Job, weil David ihn so &"inspiriert" habe.
David gibt zu, dass er großen Spaß daran hat, sein Umfeld zu verwirren. Aber, sagt er, noch wichtiger sei ihm der Erkenntnisgewinn solcher Aktionen: "Erfundene Ereignisse ermöglichen einen fesselnden Blick auf die Frage, wie echt – oder wie unecht – unser aller Leben ist."