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"Hass auf Schwule": Die Kontroverse um Bounty Killers Deutschland-Konzerte
Anfang 2008 Die Termine der "Deadly Alliance“-Tour von Bounty Killer in Deutschland werden angekündigt • 27.03.2008 Essen, Jugendzentrum Papestraße • 28.03.2008 München, Backstage • 09.04.2008 Berlin, Kulturbrauerei 14. März 2008 Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland LSVD schreibt einen Brief an das Essener Jugendzentrum Papestraße. Darin wird das Jugendzentrum aufgefordert, das Konzert abzusagen. Der LSVD erstattet bei der Münchner Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Bounty Killer wegen Volksverhetzung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Bounty Killer heißt mit bürgerlichem Namen Rodney Price und ist 1972 in Kingston, Jamaica, geboren. Er gehört zu den größten Reggae- und Dancehall-Stars der Welt. Auf Hitalben wie "My X-Perience" aus dem Jahr 1996 macht er Musik mit Künstlern wie Busta Rhymes und den Fugees. Im Jahr 2001 landet er mit der band „No Doubt“ und dem Song „Hey Baby“ einen weltweiten Hit. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
18. März 2008 Das JUZ Papestraße gibt bekannt, dass kein Bounty-Killer Konzert in ihren Räumen stattfinden wird. Die Konzertveranstalter Solid Rock Music, Vibes Promotion und Stoojah Sound möchten das Konzert trotzdem stattfinden lassen, und zwar in der Essener Weststadthalle. 25. März Aus der Zeitung erfährt der Chef des Essener Immobilienmanagments, Ingo Penkwitt, dass das Bounty Killer-Konzert in die städtische Weststadthalle verlegt worden sein soll. Fünf Stunden später gibt die Weststadthallen GmbH bekannt, dass in ihrer Halle kein Konzert stattfinden wird. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Kontroversen begleiten die Karriere von Bounty Killer. Er gehört zur sogenannten „Battyman-Tunes“-Szene in Jamaica. Die Vertreter dieser Szene zeichnen sich durch extrem homophobe Texte aus. Im Jahr 2003 wurde ein Auftritt von Bounty Killer in London wegen Protesten von Schwulen –und Lesbenorganisationen abgesagt. In Belgien wurde der Künstler 2004 von einem Festival ausgeladen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 26. März Die Münchner Abendzeitung titelt in einem Artikel über Bounty Killer in Deutschland: „Sein Hass auf die Schwulen“. Das Backstage antwortet: „SO NICHT! In der heutigen Ausgabe der Abendzeitung steht ein unserer Meinung nach reisserischer, in seiner Art aufhetzender und vor allem journalistisch schlampig bzw. teilweise gar nicht recherchierter Artikel.“ Der LSVD erstattet bei der Staatsanwaltschaft Augsburg Strafanzeige gegen amazon.de, bol.de/buch.de und buecher.de. Nach Auffassung vom LSVD erfüllen die Songtexte der Interpreten Bounty Killer, Sizzla und TOK den Straftatbestand der Volksverhetzung. Die angezeigten Firmen würden demnach bei der Verbreitung solcher Inhalte mithelfen. Das Backstage schließt sich einer Erklärung der Veranstalter an, in der akzeptiert wird, dass Bounty Killer sich nicht öffentlich von seinen Songtexten distanzieren will. Zitat aus der Erklärung: „Wir sind der Meinung, dass es den Jamaicanern selbst zu überlassen ist, dass Tempo zu bestimmen und diese Problematiken aufzuarbeiten.“ Das Münchner Backstage meldet Stunden später, es liege eine verbindliche schriftliche Erklärung von Bounty Killer vor, in der dieser zusichert, dass er bei seinem Konzert keine „homophoben oder gewaltverherrlichenden Inhalte“ wiedergeben wird. Das Backstage will mögliche Gewinne für wohltätige Zwecke verwenden: "Sollte dieses Konzert Gewinne abwerfen - was wir eigentlich stark in Zweifel ziehen - werden wir diese für entsprechende Projekte bei uns verwenden - z.B. wollen wir auf Initiative der Essener Veranstalter eine Tour mit Vlaamse Rasta Oudjes, eine Rasta/Reggae Schwulen und Lesben Vereinigung mit den betroffenen Veranstaltern (Essen-Berlin-München) durchführen." +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Bounty Killers Songtexte erfüllen für den LSVD den Straftatbestand der Volksverhetzung: „We blaze it for you stinky chi chi man and parasite. Jamaica never mek fi dem and spoil we paradise” (auf Deutsch: „Wir entfachen ein Feuer für euch stinkende Schwuchteln und Parasiten. Jamaika wird niemals zulassen, dass ihr unser Paradies beschmutzt”) -aus dem Album „Riddim Driven: Juice” +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
27. März Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher der Grünen teilt mit, dass er, gemäß Paragraph 111, 130 StGB, Strafanzeige gegen die Verbreitung von Bounty-Killer-Platten, auf denen offen zu Gewalt und Morden an Homosexuellen aufgerufen wird, gestellt hat. Außerdem habe ihm das Bundesinnenministerium mitgeteilt, dass Bounty Killer zur Zurückweisung an der Grenze ausgeschrieben ist. Das Backstage in München meldet auf seiner Homepage: „Das Bounty Killer-Konzert am 28. März findet statt!“
Das Backstage verlegt das Konzert aus der kleineren Halle in die größere „Werk“-Halle, um die Sicherheit der Besucher besser gewährleisten zu können. Es wird mit einem großem Medienaufkommen gerechnet und sehr viel Polizei.
28. März
Neues auf der Backstage-Homepage: „Wie wir heute erfahren mussten, läuft angeblich auf Betreiben des Grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck gegen den Künstler jetzt ein Einreiseverbot“. Laut Backstage-Informationen liegen weder Bounty Killer, noch seinem Management ein entsprechendes Einreiseverbot vor. Das Backstage geht weiter davon aus, dass das Konzert am Abend stattfindet.
Der LSVD reagiert offenbar auf die Ankündigungen vom Backstage, in denen es heißt, das Konzert finde statt: „Eigentlich dürfte das Konzert nicht stattfinden. Das wäre absurd“.
Das Bundesinnenministerium bestätigt das Einreiseverbot für Bounty Killer gegenüber jetzt.de.
Das Backstage setzt für 19 Uhr eine Pressekonzerenz an. Ab 20 Uhr ist Einlass zum Konzert.
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19.15 Uhr im Backstage:
Der von den Kontroversen der letzten Tage sichtlich gezeichnete Backstage-Chef Hans-Georg Stocker stellt sich gemeinsam mit Rita Braaz, Spitzenkandidatin der Rosa Liste und CSD-Sprecherin, den Fragen der Presse.
Rita Braaz: "Wir haben vor zwei Wochen mit Hans-Georg Kontakt aufgenommen. Der Veranstalter hat sich anders entschieden, als ich es tun würde. Bounty Killer hat schriftlich versichert, seine schwulen -und lesbenfeindliche Texte nicht aufzuführen. Mit dem Kompromiss konnte ich leben".
Stocker: "Das Konzert findet statt. Mit den Behörden ist abgeklärt, dass Bounty Killer nicht verhaftet wird. Sollte er seine homophoben Texte auf der Bühne präsentieren, wird das Konzert sofort abgebrochen"
Für den 6. Juni wird eine Veranstaltung im Backstage angekündigt, in der Vertreter der Homosexuellenszene mit Vertretern der Reggae-Szene und Stadtfunktionären debattieren sollen.
Stocker: "Als Backstage waren wir mit der Situation überfordert. Wir müssen das Problem auf einer größeren Basis lösen."
Braaz: "Wir müssen in den nächsten Monaten Strategien finden für den Umgang mit gewaltverherrlichender Musik in München."
Um das Konzert zu überwachen, sind Behördenvertreter vor Ort (Kreisverwaltungsreferat, Polizei), die sich laut Veranstalter mit Reggae auskennen. Sie sollen einschreiten, falls Bounty Killer sein Versprechen bricht und sich auf der Bühne homophob äußert.
22 Uhr
Bounty Killers Promoter Alwin Heim äußert sich Backstage gegenüber jetzt.de: "Ich bin nicht Bounty Killers Meinung. Wir haben darüber auch schon öfters gesprochen. Es ist allerdings der falsche Weg, diesen Konfrontationskurs mit ihm zu fahren. So verhärten sich nur die Fronten. Das bringt nichts.
Ich glaube, Bounty Killer ist durchaus von den Vorgängen hier in Deutschland beeindruckt. Ich denke nicht, dass er in der Verfassung ist, sich den Fragen der Presse zu stellen."
23 Uhr
Bounty Killer zeigt sich Backstage erstmals der Presse. Er lässt sich kurz fotografieren und reagiert launisch auf kurze Zwischenfragen. Er verlässt den Backstageraum und betritt die Bühne.
Die Halle ist voll. Die Zuschauer empfangen Bounty Killer begeistert.
Nach etwa fünf Minuten benutzt Bounty Killer das erste Mal das Wort "Battyboy". Die Zuschauer reagieren emotional, es gibt Buh-Rufe, Mittelfinger und Jubel. Das Wort "Battyboy" wird noch einige Male fallen.
Gegen 24 Uhr ist das Konzert vorbei.
Bounty Killer-Promoter Heim stellt jetzt.de ein Statement von Bounty Killer zum Thema Homosexualität in Aussicht.
28. April
Einen Monat nach der Ankündigung des Promoters gibt es noch immer kein Statement von Bounty Killer.
Text: sascha-chaimowicz - und Carla-Schif