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Greenwash oder: Wie dir Konzerne Klimafreundlichkeit vorgaukeln
Sollte sich die Weltbevölkerung in, sagen wir mal, 80 Jahren zurück lehnen dürfen, weil es gerade noch gelungen ist, den Klimawandel abzubiegen, dann werden sich die Leute vielleicht an das Jahr 2007 erinnern; das Jahr, in dem Alles begann. Al Gore bekommt im Dezember den Friedensnobelpreis, der UN-Klimarat donnerte dieses Jahr einen Warnbericht nach dem anderen raus und die Zeitungen und Werbepausen im TV sind gut gefüllt mit grün-meinenden Anzeigen und Werbespots von Konzernen. 2007, CO2-Jahr. Gerade Unternehmen, die in irgendeiner Form CO2-verdächtig sind, rüschen sich gerade eifrig auf, das SZ-Magazin hat das neulich beschrieben und die „Initiative für Transparenz und Demokratie“ namens LobbyControl hat am Montag die passende Studie zum Thema veröffentlicht: Greenwash in Zeiten des Klimawandels. Wie Unternehmen ihr Image grün färben
Im LobbyControl-Vorstand sitzen vor allem Politikwissenschaftler, die zum Beispiel PR-Kampagnen und die Macher und Hintergründe angeblicher Denkfabriken genauer anschauen und kritisch begleiten. Jetzt haben sich die Damen und Herren angeschaut, wie sich etwa Energieverkäufer, Ölkonzerne und Transportunternehmen öffentlich grün machen. Der Studie zufolge gibt es mehrere Wege zum besseren Image. Hier eine Auswahl: 1. Nachhaltigkeitsberichte. Da steht drin, was das Unternehmen für die Umwelt getan hat. 2. Modellprojekte. Tun der Umwelt ein bißchen gut und werden großzügig präsentiert. 3. „Dritte-Partei“-Technik. Scheinbar neutrale Fürsprecher helfen der eigenen Glaubwürdigkeit auf die Beine. 4. Partnerschaften. Am besten mit Umweltorganisationen oder gar mit den Vereinten Nationen. 5. Umwelterziehung. Unterrichtsmaterialien gibt es etwa zum Download auf der Unternehmens-Homepage. LobbyControl will nach eigenen Angaben PR-Mechanismen kenntlich machen und ruft zur Sensibilität auf. Denn verwerflich und im Prinzip neu ist das, was die Unternehmen anstellen nicht. Wer Energie erzeugt und verkauft, wer Öl fördert, wer viele Menschen transportiert steht sofort mitten in der Klimadebatte. Kampagnen dagegen sind seit je ein beliebtes Mittel, um die Aufmerksamkeit vom Schlechten auf das Gute zu richten, das aus einem Unternehmen kommt. LobbyControl zeigt auf ein paar der grün geprägten Werbe- und PR-Kampagnen aus diesem Jahr und stellt dabei die Stichhaltigkeit der Unternehmensargumente in Frage. Drei Beispiele. E.ON Noch immer ist von Preisabsprachen zwischen den Energieerzeugerin in Deutschland die Rede. Es geht um zu teuren Strom und zuviel Marktmacht, die sich die Strommacher in Deutschland geschaffen haben. Laut LobbyControl sind die Spots, die gerade in der TV-Werbung laufen, der Versuch, auch mal wieder ein positives Bild abzugeben. Ein netter Mann ohne Strümpfe sagt am Strand, dass e.on nach neuen Energiequellen suche und erklärt dann, wie ein Gezeitenkraftwerk funktioniert. Um dann zu schließen, dass e.on dieses Kraftwerk gerade erst plane: 2008 soll eine Test-Turbine angeworfen werden. Erst 2010 soll die Anlage in Betrieb gehen. Der Strom soll für gerade einmal 5.000 Haushalte reichen; allein das Ansinnen aber reicht für eine intensive Werbekampagne. bp Das Kürzel des Unternehmens wurde einst groß geschrieben und war die Abkürzung für British Petroleum. Nach einem Imageumbau wird es nun klein geschrieben und steht für beyond petroleum, weil was kommen muss, wenn das Öl mal aus ist. bp ist in der Tat sehr rührig, wenn es um die Energien der Zukunft geht. Energieexperten zum Beispiel sagen, dass bp weltweit Waldflächen kaufe, für den Fall, dass die „Öl aus Holz“-Technologie dereinst für die Massenproduktion tauglich sein sollte. Mittels eines speziellen Verfahrens wird dabei Holz oder Holzabfall zu hochwertigem Öl verarbeitet. LobbyControl deutet auf die PR-Arbeit und die Unverhältnismäßigkeit der Ausgaben: Im Jahr 1999 kaufte bp die Firma Solarex und avancierte zu einem der größten Produzenten von Solarenergie. Bald darauf lief die große Werbekampagne für das neue Image des Ölförderers in den USA an. Und kostete allein dort 200 Millionen Dollar. Kleiner Kauf und große Werbung, grünes Getue und wenig Taten: diese Prinzipien stellt LobbyControl heraus und zitiert unter anderem aus einem Text, der vergangene Woche in der Wochenzeitung die ZEIT erschien. Darin wird die grüne Wende bei bp erheblich in Zweifel gezogen und außerdem eine nüchterne Zahl genannt. In den ersten drei Quartalen des Klimajahres 2007 machte bp satte 20,5 Milliarden Dollar Gewinn. 19 Milliarden aus der Förderung und Verarbeitung von Öl. Lufthansa Die Öffentlichkeitsarbeiter der deutschen Vorzeigefluglinie drucken gerne eine Grafik in ihre Anzeigen, die klar macht, dass man ja künftig Emissionen einsparen würde, weil man mit kerosinsparenderen Flugzeugen in die Luft gehe. Die gleiche Grafik verrät aber vor allem, dass der Treibstoffverbrauch und damit die CO2-Emissionen seit 1991 wegen des vermehrten Flugaufkommens zugenommen haben. Um 122 Prozent. Im Fazit der LobbyControl-Studie, die vor allem auf der Grundlage von Medienberichten entstand: Die Klimadebatte ist im gesellschaftlichen Mainstream angekommen. Deshalb reagieren die betroffenen Unternehmen und deshalb müssen wir: genau hinschauen. Wer dabei Hilfe braucht, sollte badbuster.com besuchen, eine kluge US-Website, von der man sich ein simples Programm laden kann, das einem beim Websurfen mit einem Stift über die Schulter schaut.
Auf der Grundlage mehrerer Öko-Rankings haben die Macher der Seite für viele Unternehmen und Konzerne einen Öko-Koeffizienten ermittelt.
0 = Klimatöter.
100 = Weltretter.
Taucht nun beim Surfen durchs Netz der Name eines der benoteten Unternehmen auf, wird der Name rot, gelb oder grün unterstrichen.
Rot = mieser Koeffizient.
Grün = oberdufte.
Kleine Beispiele: Der Computerhersteller Dell wird dabei mit satten 80 Punkten versorgt und leuchtet grün. BMW dagegen muss sich mit 54 Punkten trösten und leuchtet gelb. Und bp?
Grün. 69 Punkte.
Text: peter-wagner - Bilder: ap, Screenshots