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"Ganz ehrlich!"

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Wir wollen ja nicht angeben, aber ganz ehrlich: Wir haben es schon vor Jahren gesagt. Wenn wir dieser Tage also an jeder deutschen Bushaltestelle diese neue Werbung für Tablets sehen, deren Botschaft mit einem großflächigen "Ganz ehrlich" beginnt, runzeln wir nur gönnerhaft die Stirn. Die vom Kollegen schon lange angekündigte schleichende Veralltäglichung der feierlich anmoderierten Ehrlichkeit ist vollendet.

Wer einen Satz mit "ganz ehrlich" beginnt, setzt einen kleinen Trommelwirbel vor das gleich Kommende: Hand aufs Herz, was jetzt kommt, ist vielleicht etwas unkorrekt und man wird mich möglicherweise dafür hassen, aber hey, ein bisschen Tabubruch muss sein, sogar (und gerade!) als hartgekochter DFB-Sportdirektor.

"Ganz ehrlich" ist gewissermaßen der Leuchtpfeil zum medialen Beichtstuhl. Hinter ihm dürfen Starköche zugeben, dass sie Lamm nicht von Schwein unterscheiden können, Porsche-Erben treuherzig von der problematischen Partnersuche berichten und Generalsekretärinnen zurückgelehnt-jovial ihre Ahnungslosigkeit einräumen. Dabei ist die solchermaßen angekündigte Ehrlichkeit nicht nur ein strategisches Ankumpeln an den Zuhörer, sondern in Wahrheit oft auch ein wortgewordenes Naserümpfen über das, was man von dieser dämlichen Welt gleich zu sagen gezwungen sein wird.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



"Ganz ehrlich, ich möchte nicht die Zeit aufbringen, den Klingelton zu ändern."
David Garrett, Geigenspieler,über seinen Handy-Rufton (in: Hallo Sonntag)

"Ganz ehrlich: Teilweise haben wir uns wirklich blamiert und konnten nicht mal Lamm von Schwein unterscheiden."
Tim Mälzer, Koch, über eine neue Kochsendung (in: Hörzu)

"Ganz ehrlich: Sigmar Gabriel hatte im Interview eben mit Marietta Slomka einfach nur recht!"
Kristina Schröder, CDU-Politikerin, über das Streitgespräch zwischen dem SPD-Vorsitzenden und der ZDF-Moderatorin (auf Twitter)

"Ganz ehrlich: Langsam reicht es mir mit diesen Typen. Vielleicht ist es an der Zeit, femininere Charaktere zu spielen."
Josh Brolin, Schauspieler, über gewalttätige Rollen (auf Spiegel Online)

"Ganz ehrlich: Ich mag beides nicht besonders. Lieber Wein."
Wolfgang Niedecken, Sänger, auf die Frage, ob Kölsch oder Alt (in: Die Zeit)

"Ganz ehrlich, es war mir nicht leichtgefallen, mich zu verlieben."
Peter Daniell Porsche, reicher Urenkel, über die Schwierigkeit, als Porsche-Erbe eine Frau zu finden (in: Stern)

"Ganz ehrlich? Ich (...) war überaus verwundert, dass man den Clásico, das prestigeträchtigste Punktspiel der Liga zwischen Real und Barça, genau zwischen den Champions-League-Halbfinals platziert hat."
Matthias Sammer, Sportdirektor, über den Fußball-Weltmeister Spanien (in: Focus)

"Ganz ehrlich: Ohne geeigneten und finanzierbaren Ersatz war ein Verkauf für uns nie ein Thema."
Rudi Völler, Sportdirektor von Bayer Leverkusen, über den Wechsel von André Schürrle zum FC Chelsea (in: Sport Bild)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



"Ganz Ehrlich: 'Rango' war kein Kassenschlager."
Jeffrey Katzenberg, Hollywood-Produzent, über Animationsfilme (in: Der Spiegel)

"Ganz ehrlich: Das interessiert mich nicht. Ich bin nicht für Handlungen von Uli Hoeneß verantwortlich."
Michael Zorc, Sportdirektor von Borussia Dortmund, über Hoeneß’ Jubel nach dem 2:1 für Wolfsburg (in: Sport Bild)

"Ganz ehrlich, im Jemen haben wir viel drängendere Probleme."
Tawakkul Karman, Friedensnobelpreisträgerin, über die Frage, ob dort künftig die Scharia gelten soll (in: Stern)

"Ganz ehrlich: Ich finde es schön, einer Sache noch ein bisschen länger hinterherlaufen zu müssen."
Mats Hummels, Fußballspieler, über den knapp verpassten Champions-League-Sieg mit Borussia Dortmund (in: GQ)    

"Ich muss ganz ehrlich sagen: Das Risiko, die Marke dadurch zu überdehnen und ihr Premium-Image zu gefährden, ist mir zu groß."
Matthias Müller, Porsche-Chef, über eine Preisuntergrenze von 50.000 Euro für einen neuen Porsche (in: Focus)

"Ganz ehrlich: damit beschäftige ich mich gar nicht. Ich bin niemand, der einfach so vor irgendetwas davonläuft."
Martin Harnik, Fußballspieler, über einen möglichen Abschied vom VfB Stuttgart (in: Stuttgarter Zeitung)

"Wenn ich ganz ehrlich bin, auch nicht anders als vorher."
Andrea Maria Schenkel, Bestseller-Autorin, auf die Frage, wie es sich als Bestseller-Autorin lebt (in: Krimi. Das Magazin für Wort und Totschlag)

"Ganz ehrlich: Das weiß ich nicht."
Andrea Nahles, SPD-Generalsekretärin, über die Ressortverteilung der künftigen Regierung (in: Welt am Sonntag)      

"Ganz ehrlich: Ich denke nicht."
Karl-Erivan Haub, Tengelmann-Chef, auf die Frage, ob die Deutschen die Preissensibilität jemals ablegen werden (in: Focus)



Text: jan-stremmel - Foto: oh, Coverfoto: ***jojo/photocase.com

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