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Foto-Besuch bei den Promis

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Neulich war Lena Dunham bei Tavi Gevinson zu Besuch. Lena hat ein Bild von Tavi gemacht, wie sie auf ihrem Bett sitzt und nett lächelt. Davor war Lena im Urlaub in Indien und trug einen komischen Sonnenhut und Tavi hat ihr Zimmer umdekoriert. Ich kenne Lenas Mutter und Tavis Hund und ich kenne sehr viele Gesichtsausdrücke, die die beiden berühmten Mädchen machen können. Fast ist es, als würde ich sie einmal am Tag treffen, in ihrem Zimmern oder im Hotel und dann machen sie ein paar Grimassen für mich. Weil sie Fotos mit ihren Handys machen und die dann bei Instagram hochladen.

Stars sind schon lange in den sozialen Netzwerken vertreten. Jeder hat eine Facebook-Fanpage oder einen Twitter-Account oder beides. Das weckt die Illusion, man komme den Berühmtheiten irgendwie nah. Sie sind ja quasi in der gleichen, wenn auch virtuellen Stadt unterwegs und laufen immer wieder an einem vorbei bzw. durch die eigene Timeline, wenn man das will. Doch auf Facebook bedeutet das Liken einer Berühmtheiten-Seite eigentlich nur ein ausgestelltes Fantum, weil dann im eigenen Profil steht, wen man gut findet. Diese Art von Fantum lässt man normalerweise bleiben, sobald man der Pubertät entwachsen ist. Und auf Twitter gehen die meisten Tweets sowieso im viel wichtigeren Nachrichtenwust unter. Außerdem ist man natürlich nicht so naiv zu glauben, dass sich ein millionenschwerer Musiker hinsetzt, um auf seiner Fanseite persönlich die kommenden Konzertdaten zu posten, anstatt einen Teil seiner Millionenschwere an einen PR-Manager abzugeben, damit der die Drecksarbeit macht. Kurz gesagt: Man weiß um die Illusion der Nähe, die mit den Netzwerkauftritten der Stars erzeugt werden soll und ist nicht so blöd, darauf hereinzufallen. Bis man einem berühmten Menschen auf Instagram folgt.

Diese hier sind unbekannt - aber auch Prominente posten manchmal Bilder von Füßen auf Instagram.

Schaut man sich die Bilder nicht-prominenter Menschen auf Instagram an, passiert meist Folgendes: Wenn jemand jeden Tag sein Outfit oder sein Essen fotografiert, kennt man irgendwann die eine Ecke des Schlafzimmers, die immer im Spiegel zu erkennen ist, oder den dunklen Holztisch in der Küche sehr gut und empfindet das als ziemlich privaten Einblick in das Leben des anderen. Immerhin kann man da am Bildrand auch die hingeworfenen Socken oder den Häkeltopflappen sehen. Wenn dann noch weitere Fotos vom Fernsehabend, der Party bei Freunden und dem Sonntagsspaziergang dazukommen, setzt sich daraus ein Bild zusammen, das viel plastischer wirkt als jedes, das die gesammelten Tweets des vergangenen Jahres erzeugen könnten. Aber nicht nur Freunde und entfernte Bekannte veröffentlichen Fotos aus dem Wohnzimmer und der U-Bahn auf Instagram, sondern auch Prominente. Prominenz sorgt ja sowieso schon dafür, dass man jemanden zu kennen glaubt, den man nicht kennt. Addiert man das mit dem Instagram-Effekt ist das Ergebnis eine stärkere Nähe-Illusion als über Facebook, Twitter und sämtliche Medien zusammen.

Das liegt wohl auch daran, dass Instagram unmittelbarer wirkt als die anderen Netzwerke (obwohl ja auch die für die Unmittelbarkeit erfunden wurden). Auf dem Bild, das jemand mit seinem Handy gemacht hat, sieht man, was er sieht, anstatt das, was er sieht, in Worte übertragen in einer Statusmeldung zu lesen. Das schriftliche Formulieren erscheint im Vergleich wie ein viel stärkerer Filter als jedes „X-Pro" oder „Earlybird", das man über seine quadratisch zurechtgeschnittenen Bilder legt. Dazu kommt, dass Instagram diese Aura des Privaten hat. Wenn Justin Bieber ein Bild von abgenagten Hühnerknochen postet, kann man davon ausgehen, dass er es selbst aufgenommen hat und nicht etwa ein Mitarbeiter seines PR-Teams. Und das kann man auch ganz deutlich erkennen, wenn Zooey Deschanel ein Selbstporträt mit ausgestrecktem Arm hochlädt wie man es auch von Hinz und Kunz aus Kleinkleckersdorf kennt.

Das Seltsame daran ist, dass im Zusammenhang mit Apps wie Instagram und Hipstamatic eigentlich immer die Realitätsverzerrung diskutiert wird. Da stellt sich die Frage, ob man das Soldatenleben in Afghanistan, Satellitenbilder von Dronenzielen oder die Flut in Nigeria mit hübschmachenden Filtern überdecken darf. Ob das nicht alles viel schöner aussehen lässt als es ist und mit dem wirklichen Leben nichts zu tun hat. Diese Frage müsste man auch stellen, wenn man Lena Dunham mit ihrem Sonnenhut in einer indischen Rikscha sitzen sieht oder Tavi Gevinson ihre Zimmerdeko präsentiert. Immerhin glaubt doch auch den unberühmten Instagrammern niemand, dass ihr Leben so aussieht wie auf den Fotos und immerhin beschönigt man auch selbst nicht zu knapp. Instagram ist ein Weg, das Leben so zu zeigen, wie es bestmöglich aussehen könnte. Und diesen Weg wollen die Prominenten anscheinend auch gehen. Sie zeigen uns eine geschönte Version von dem, was sie sehen und sagen, wie sie das finden. Sie zeigen uns halb aufgegessenen Essen und müde Gesichter, einfach so, weil sie grade das Handy zur Hand haben und der Teller oder die Augenringe mit Filter drüber trotzdem ganz hübsch aussehen. Sie folgen dem gleichen Reflex, dem man auch selbst nachgibt. Näher kann man ihnen wahrscheinlich wirklich nicht kommen. 

Text: nadja-schlueter - Foto: Tuong Vi Pham

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