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Ecstasy oder Entwurmungsmittel?

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Ein Goa-Festival im niederösterreichischen Falkenstein. Der Bass wummert. Tanzende Füße auf dem staubigen Boden. Scheinwerferzucken. Etwas abseits: Die Kameraleute eines Wiener Onlineportals begleiten ein Mädchen ins „Checkit!“-Zelt neben der Tanzfläche. Sie hat eine kleine gelbe Pille dabei, will sie überprüfen lassen: Ist da wirklich nichts drin, was nicht drin sein sollte in einer Ecstasy-Pille für zehn Euro? Oder ist sie mit chemischen Substanzen gestreckt, die vielleicht sogar gefährlich sein könnten? In den vergangenen Jahren kommen Streckmittel immer häufiger zum Einsatz.

In Österreich können Konsumenten ihre Drogen beim Verein „Checkit!“ anonym überprüfen lassen – in dessen „Home-Base“ in Wien oder dessen Bussen oder Zelten auf Events. Solche mobilen Drogen-Testlabors sind unter anderem auch in Frankreich, Spanien und der Schweiz unterwegs.

Auch in Deutschland scheint Drug-Checking auf dem Vormarsch zu sein. Nach Berlin und Schleswig-Holstein wagt sich nun das Land Niedersachsen an die Tests. Die Grüne Jugend dort hatte einen solchen Drogen-TÜV bereits im vergangenen Frühjahr gefordert. Die neue rot-grüne Landesregierung hat sich einen Modellversuch nun in die Koalitionsvereinbarung geschrieben. Wann der gestartet wird, ist derzeit noch unklar. Auch zur genauen Umsetzung und zur Finanzierung gibt es noch keine Angaben. Auf der Agenda stehe das Projekt nicht ganz oben, heißt es beim niedersächsischen Gesundheitsministerium. Zunächst müssten rechtliche Hürden geklärt werden.  

Was ist in diesen Pillen drin? Beim Drug-Checking kann man testen lassen, ob das, was man konsumieren will, sauber ist.

So stellt sich etwa die Frage, ob sich der Toxikologe, der die Probe annimmt, strafbar macht. Umstritten ist nämlich, ob er sich damit kurzfristig im Besitz der Droge befindet. Auch ist fraglich, ob der Konsument wegen der Weitergabe belangt werden kann.  

In Österreich umgeht man Hürden wie diese elegant. Zwar sind auch dort der Besitz und die Weitergabe von Drogen illegal. „Wissenschaftliche Projekte aber dürfen mit Substanzen hantieren“, erklärt Sonja Grabenhofer, Leiterin von Checkit. Deshalb gibt es neben ihr auch noch einen wissenschaftlichen Leiter. Das Projekt kooperiert eng mit der medizinischen Universität Wien und darf deshalb die eigentlich illegalen Stoffe annehmen und überprüfen.  

In dem Video vom Goa-Festival ist zu sehen, wie das Mädchen im Checkit-Zelt eine Nummer und ein feines Schleifpapier bekommt. Damit soll sie etwas von der Pille für eine Probe abreiben, hinten im Laborbus testen die Toxikologen diese dann auf ihre Bestandteile. Eigentlich muss eine Ecstasy-Pille Methylendioxy-Methylamphetamin, kurz MDM, enthalten, wie Wolfhardt Freinbichler von der TU Wien erläutert. Schätzungen zufolge ist das aber nur noch bei elf Prozent der Fall. Die Liste der Streckmittel ist lang und reicht von Koffein und Hundeentwurmungsmittel bis hin zu potentiell tödlichen Research Chemicals, sogenannte RC. Diese sind Freinbichler zufolge vor allem deshalb so gefährlich, weil sie noch kaum erforscht sind. Man könne sie übers Internet beziehen, jeder sei dadurch theoretisch in der Lage, zum Drogenbastler werden. Oftmals wirken die RC um ein Vielfaches stärker als klassische MDMA-Verbindungen. Neben starken Kopfschmerzen und starker Übelkeit drohen Wahnvorstellungen und sogar lebensbedrohliche Herz-Kreislaufstörungen.  

Auf Festivals arbeitet Checkit mit einem Ampelsystem. Etwa eine halbe Stunde nach Abgabe der Probe werden die Ergebnisse unter der jeweiligen Nummer an einer Pinnwand anonym in der jeweiligen Farbe veröffentlicht. Weiß heißt, der erwartete Stoff ist drin. Orange verrät einen unerwarteten Bestandteil und bei rot dreht der DJ die Musik runter und ruft die jeweilige Nummer aus, weil akute Gesundheitsgefahr droht, wie Robert Oellinger von der „Suchthilfe Wien“ erläutert, die das Projekt zusammen mit dem österreichischen Gesundheitsministerium finanziert.

Gestartet wurde „Checkit!“ vor 15 Jahren mit einem kleinen Team. Mittlerweile sind die Berater und Chemiker mit ihrem Bus auf gut 20 Events und Festivals in ganz Österreich vertreten, die "Suchthilfe Wien" finanziert das Projekt zusammen mit dem österreichischen Gesundheitsministerium. Etwa 50 bis 100 Tests führt Checkit Oellinger zufolge pro Event durch. Dazu komme eine sehr viel höhere Zahl an Beratungsgesprächen. Denn Prävention, so Oellinger sei mindestens genauso wichtig wie die Drogentests selbst. Man müsse ehrlich über die Risiken, aber auch über die positiven Wirkungen des Drogenkonsums sprechen. Ansonsten werde man nicht ernst genommen.  

Aber führen Drogentests nicht erst recht dazu, dass der Konsum steigt? Ist die Garantie auf saubere Drogen nicht erst recht ein Anreiz, illegale Substanzen auszuprobieren? Nein, meint Robert Oellinger. Schließlich komme man dadurch mit jungen Menschen ins Gespräch, bei denen Präventionsangebote ansonsten kaum Chancen hätten. Eine EU-Studie scheint ihm recht zu geben. Demnach sind sowohl der Drogenkonsum wie auch die Anzahl der Drogenopfer seit der Einführung des Drug-Checking um rund 15 Prozent zurückgegangen.


Text: veronika-wawatschek - Foto: dpa

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