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Die Nachbarn feiern wieder so laut
Während Deutschland in diesem Jahr nur Schiller-, Einstein- und Kriegsende-Jubileen abarbeiten muss, geht es bei den österreichischen Nachbarn gedenkmäßig gleich ums Ganze. 60 Jahre österreichische Republik, sagt der Kalender, und außerdem fünfzig Jahre Staatsvertrag, der dem Land souveräne Neutralität verlieh. Das latent angeknackste Selbstbewusstsein des Alpenvolks verlangt angesichts dieser Daten nach spektakulären Patriotismen. Das jedenfalls vermuten die Organisatoren, die von Kanzler Schüssel mit der Inszenierung des Gedenkjahrs betraut wurden und nun ihre vorläufigen Pläne präsentierten. Losgehen soll es demnach am 12. März mit einem nachgestellten Bombenbangriff auf Wien. Suchschweinwerfer, Fadenkreuze, Sirenen und diffuses Licht werden dabei samt akustischen Detonationen anschaulich an den letzten, besonders brutalen Luftangriff des zweiten Weltkrieges erinnern. Getroffene Häuser sollen an der roten Beleuchtung zu erkennen sein. Weniger martialisch, dafür botanisch sind die Kartoffeln, die gleichzeitig auf dem Heldenplatz angepflanzt werden und, genau wie Kühe auf der Ringstraße, an die Notwendigkeiten der Hungerjahre gemahnen sollen. Das mit den Kühen ist aber noch unsicher, in der Bevölkerung regt sich zarter Widerstand. Ebenfalls angedacht ist, dass mit einem Heer von Statisten die Besatzungszeit nachgespielt wird. Im Drehbuch stehen dazu die Rollen: Heimkehrer, Trümmerfrauen, Flüchtlinge und amerikanische Besatzer. Einer der Höhepunkte dürfte dabei die Verteilung von Care-Paketen an die hungernde Bevölkerung sein. Um möglichst authentisch zu wirken, werden die Pakete tatsächlich von einer US-Firma gepackt. Dass es sich dabei um Mc Donalds handelt und die Pakte folgerichtig den Namen „McCare“ erhalten, klingt offenbar nur für Außenstehende komisch. Genau wie die Idee, die originalgetreue Kopie eines Balkons mit einem Kranwagen durchs ganze Land zu chauffieren. Jedem Österreicher soll damit die Möglichkeit offen stehen, von dem falschen Balkon herab die Worte „Österreich ist frei“ zu verkünden, wie es 1955 Außenminister Leopold Figl publikumswirksam vom Balkon des Belvedere tat, nachdem er den Staatsvertrag unterzeichnet hatte. Umfassende vaterländische Identifikation versprechen sich die Planer von dieser Idee. Schade, dass Thomas Bernhard das nicht mehr erlebt. Aber weitsichtig wie er war, hat er ja schon seinerzeit das Gleichnis „Österreich als Weltkomödie“ etabliert.