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Die "Flughafenszene"

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Die Debatte um Killerspiele ist eine endlose und die Frage, ob Gewalt in Computerspielen auch zu gewalttätigen Verhalten in der Realität führt, oder vielmehr als Blitzableiter für angestaute Aggressionen funktioniert („Katharsis-Hypothese“) eine viel diskutierte. Der neueste Stein des Anstoßes stammt aus dem Spiel „Call of Duty: Modern Warfare 2“. Das Spiel der Firma Activision ist seit dem 10. November auf dem Markt und bricht seitdem alle Verkaufsrekorde. Allein in den USA und in Großbritannien verkaufte sich das Spiel 4,7 Millionen Mal – am ersten Verkaufstag. Die große Medienaufmerksamkeit ist aber weniger auf die Verkaufszahlen zurückzuführen als auf die sogenannte „Airport-Szene“. Der Spieler schlüpft in die Rolle des amerikanischen Agenten Allen, der in eine russische Terrororganisation eingeschleust wird. In dieser Doppelrolle soll der US Army Ranger die russischen Terroristen bei einem Anschlag auf den Moskauer Flughafen unterstützen. Das äußert sich im gnadenlosen und wahllosen Ermorden von Zivilisten. Warum unbedingt alle Zivilisten sterben müssen, erfährt man nicht. Der Spieler selbst hat keine Wahl: Obwohl eigentlich auf Seite der „Guten“ bleibt ihm nur die Möglichkeit, bei dem Gemetzel mitzumachen. Brutalität und realistisches Morden in Computerspielen ist nichts Neues; auch im legendären „GTA IV“ hat der Spieler die Möglichkeit, Passanten zu verprügeln oder umzubringen. Im Unterschied zu „Modern Warfare 2“ macht ein solches Verhalten dort allerdings kaum Sinn: Nico Bellic erledigt seine Missionen nicht schneller, im Gegenteil: die wahllose Gewalt hält den Spielfluss auf und bringt sogar Punktabzug. Was an „Modern Warfare 2“ die Kritiker schockiert, ist die Tatsache, dass in der Flughafenszene ausschließlich Zivilisten ums Leben kommen und der Spieler keine Wahl hat: Er muss den Terroristen helfen. Die „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“ (USK) hat sich deswegen für eine eigenwillige Lösung entschieden: Modern Warfare wird nicht als ,jugendgefährdend', sondern nur als ,jugendbeeinträchtigend' eingestuft. Noch eigenartiger aber ist etwas anderes: Die umstrittene Airport-Szene wurde entschärft. Zwar hat der Spieler weiterhin keine Wahl, als den Terroristen zu folgen. Nur kann er selbst keine mehr erschießen. Er läuft also mit gezogener Waffe den Terroristen hinterher und sieht ihnen beim Morden zu. Ethisch ist das fragwürdig: Auch durch Unterlassen einer Handlung kann man sich schuldig und strafbar machen.

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