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Die Buchcover-Verschwörung: Warum sehen die alle gleich aus?
Begonnen hat alles mit Jonathan Safran Foers "Alles ist erleuchtet", dessen Cover von Jonathan Gray unter dem Künstlernamen Gray318 gestaltet wurde. Gemalte Lettern füllen den gesamten Buchdeckel und fügen sich zu einer Illustration. Vielleicht noch berühmter ist das Cover von Foers zweitem Roman „Extrem laut und unglaublich nah“. Für diejenigen, die es nicht kennen: Es ist das mit der Hand, in der ebensolche hand- (oder mund-)gemalten Lettern herumtanzen. Weitere Beispiele für Covergestaltungen, die diesem Prinzip zu folgen scheinen: "Die alltägliche Physik des Unglücks" (Marisha Pessl), "Unentschlossen" (Benjamin Kunkel), "Eine echt verrückte Story" (Ned Vizzini) oder auch die Vorderseite des im Juli erscheinenden Buches "Nicht so schlimm" (Nicolas Fargues). Damit nicht genug: Die Computerfirma HP zitiert eben diese Gestaltungsprinzipien in ihrer aktuellen Werbekampagne auf das Deutlichste:
Woher diese Ähnlichkeiten? „Dass sich Cover-Motive teilweise so ähnlich sehen, trifft nur auf eine bestimmte Art von Büchern zu und hängt natürlich mit der Zielgruppe zusammen. Covergestaltung ist ein Verkaufsargument, und diese Art von Buchcover funktioniert offenbar bei bestimmten Kundengruppen“, sagt Veronika Günther von der Werbeagentur Wunderamt. Sie hat das Thema Buchcovergestaltung für ihre Diplomarbeit gewählt. Dafür hat sie zahlreiche literarische Genres auf deren Gestaltungsmerkmale hin analysiert und festgestellt: Jedes Genre hat seinen eigenen Gestaltungs-Code. „Dan-Brown-Bücher sehen sich ja auch alle ziemlich ähnlich“, stellt Veronika fest. Illuminati, Diabolus, Sakrileg – sie alle haben diese sakral anmutenden Schriftzüge und mysteriös-angegruselte Cover-Illustrationen. Verlage suchen nach einem passenden Look für einen Autor, erklärt sie weiter. Diese so genannte Autorenausstattung bleibt natürlich bestehen, wenn sich ein Buch gut verkauft, denn man hofft, dass die Leser das Folgewerk wiedererkennen, wenn es dem Vorgänger äußerlich ähnelt.
Sind die sich stark ähnelnden Cover also einfach ein Zeichen dafür, dass Verlage keine Risiken eingehen wollen und erfolgreiche Gestaltungskonzepte einfach kopieren?
Manche Konzepte setzen sich eben durch, sagt Chrissi Jülich vom Designbüro NABF, genau wie bei vielen anderen Dingen, bei denen gestalterische Aspekte eine Rolle spielen. In den Neunzigerjahren waren Grafikdesigns oft sehr schriftorientiert. Irgendjemand setzte zum Beispiel den ‚Bauhaus’-Font auf ein Plattencover, und plötzlich tauchte diese Schriftart überall auf – in der Werbung, auf T-Shirts, in Magazinen und so weiter. Oder diese Spät-Neunziger-Mode, Porträts mit extrem hohen Kontrastwerten zu versehen, so dass nur noch helle und dunkle Flächen übrigbleiben. So etwas denken sich mutige Grafikdesigner aus, und wenn es funktioniert, findet man das Konzept später in der Sparkassen-Werbekampagne wieder. Spätestens dann weiß jeder: Es ist Zeit für was Neues. Wenn man wissen will, was gerade massenkompatibel ist, dann sollte man mal einen Blick auf diese vorgefertigten MySpace-Seiten-Layouts werfen. Das ist so was wie der Supermarkt der grafischen Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn man in dieser Hinsicht ganz weit vorne mitmischen will, sollte man es so schon mal nicht machen.
Die Gilde der Buchcoverdesigner für die junge bis mitteljunge Zielgruppe hat sich also auf handgemalte Illustrationen eingeschossen. Bücher mit diesem Outfit verkaufen sich momentan ganz gut und HP scheint auf diesen Zug einfach aufzuspringen und sich so die Popularität eines Jonathan Safran Foer zunutze zu machen. Was die Bücher betrifft: Zwar bleibt die Vielfalt durch die Gleichschaltung äußerer Erscheinungsbilder auf der Strecke, aber immerhin findet man bei diesen Beispielen was Gutes zum Lesen, wenn man hinter die Fassade schaut. Und wie jeder weiß, sollte man ein Buch nicht nach seinem Cover beurteilen.
Text: henrik-pfeiffer - Collage: Katharina Bitzl