Vorweg: Turkmenistan ist seit 1991 unabhängig, zählt 4,8 Millionen Einwohner und ist reich an Erdöl und Erdgas. Regiert wird es von Saparmurat Nijasow, der ein menschenverachtendes Regime installiert hat. Er ist in Turkmenistan Präsident auf Lebenszeit und schrieb ein Buch namens Ruhnama, ein Ideologie-Bibel-Propaganda-Mix, dessen Lektüre in Turkmenistan zum Beispiel Voraussetzung für das Erlangen eines Führerscheins ist. Die Firma Daimler-Chrysler ließ das Buch nun, laut einem ARD-Bericht als Revanche für ein lukratives Geschäft, ins Deutsche übersetzen und stellte unter anderem der Bibliothek der Universität Göttingen ein Exemplar zur Verfügung. Dort kann jetzt jeder Student die Propaganda-Fibel lesen. Folgende Fakten über sein Land hat uns der Autor allerdings verschwiegen:
1. Flughäfen, Schulen, Kanäle, ein Meteor und eine Melonensorte: heißen alle nach Turkmenbashi.
2. Die Spiele der Fußballweltmeisterschaft wurden in 206 der 207 Mitgliedsländer der FIFA übertragen. Nur in ein Land nicht.
3. Nijasow ist gleichzeitig Staatspräsident, Regierungschef, Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Vorsitzender des Verteidigungsrates, des Nationalen Sicherheitskomitees, des Volksrates und des Ältestenrates.
4. 1999 ernannte sich Nijasow zum Präsidenten auf Lebenszeit.
5. 2002 gab es ein missglücktes Attentat auf Nijasow, das wahrscheinlich inszeniert war. Danach kam es zu massiven Verfolgungen von Regimegegnern. Viele sind schlicht verschwunden.
6. Auf der ersten Seite von „Ruhnama“, der „Diktatorenbibel“, wie sie manche nennen, steht auf Seite eins: „Wenn ich mein Land Turkmenistan betrüge, wenn ich den Turkmenbaschi betrüge, soll mein Leben zerstört werden!“
7. Mitarbeiter der Regierung werden teilweise im Fernsehen live gefeuert. Sogenannte „Volksfeinde“, die angeblich dem Regime untreu werden, kommen ins Gefängnis und erleben meist das Ende ihrer Gefangenschaft nicht. Mitunter wird Angehörigen dieser Volksfeinde die medizinische Behandlung verweigert.
8. Seit Anfang des Jahres bekommt jeder, der nach Abzug von Ferien und Krankheitstagen weniger als 20 Jahre in Turkmenistan gearbeitet hat keine Rente mehr.
9. Angeblich leben 60 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze und ebenfalls 60 Prozent der Bevölkerung ist arbeitslos.
10. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl – unter anderem, via Russland, auch nach Europa – werden in den Präsidentenfonds geleitet, in dem ungefähr drei Milliarden Euro sein sollen.
11. Zwei Drittel seines Geldes hat Nijasow bei der Deutschen Bank angelegt. Für drei Prozent Zinsen.
12. Marianne Heuwagen von Human Rights Watch in Deutschland sagt: „Mittels Ruhmana werden die Leute einer Gehirnwäsche unterzogen. Alle müssen es gelesen haben. Ein Arzt, der die Prüfungen machen will, muss nachweisen, dass er es kennt.“
13. In der Hauptstadt Aschgabat steht eine goldene Statue des Staatschefs. Die Figur bewegt sich mit der Sonne und winkt so im Laufe des Tages in alle Landesteile.