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Der kleine Moschee-Guide

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Am dritten Oktober ist, die meisten dürften das wissen, Tag der Deutschen Einheit. Es ist gleichzeitig aber auch der Tag der offenen Moscheen, kurz TOM, wie der Vorname. Eingeführt wurde der Tag 1997, seitdem besuchen jedes Jahr besuchen knapp 100.000 Menschen die Glaubensstätte der Muslime. Nun wäre interessant zu wissen, wie viele Muslime es denn eigentlich insgesamt in Deutschland gibt. Aktuell existieren darüber allerdings keine verlässlichen Zahlen, sondern nur eine ungefähre Angabe: demnach leben 3,8 bis 4,3 Millionen in Deutschland. Eine ganze Menge also und ein guter Grund, sich auch mal mit dem Islam zu beschäftigen. Allerdings haben viele Menschen Scheu, eine Moschee zu betreten. Aber auch zurecht?

Wie jedes Gotteshaus, hat auch die Moschee ihre Besonderheiten. Das fängt an damit, wie man sie betritt und wie man sich in ihr verhält. Aiman El-Attar ist der stellvertretende Vorsitzende des Islamischen Zentrums in Aachen, der Grundstein wurde 1964 gelegt. Damit es gehört sie mit zu den ältesten „repräsentativen“ Moscheen in Deutschland - sie hat also Kuppel und Minarett. Auf der Homepage heißt es, dass der Tag der offenen Moscheen ab 11 Uhr beginnt und täglich Führungen angeboten werden. El-Attar, ein sympathischer Mann, der das Gespräch damit beginnt, dass er sich meinen Namen buchstabieren lässt und die Bildersuche von Google benutzt. „Schade, dass Sie nicht persönlich vorbei kommen“, sagt er. Wenn ihr vorhabt, in eine Moschee zu gehen und noch nicht genau wisst, was klargeht und was nicht, hier ein paar Fragen und Antworten:

Herr El-Attar, morgen ist Tag der offenen Moscheen. Kann da jeder kommen?
Aiman El-Attar: Ich erwarte von einem Ort, der sich Moschee nennt, dass er öffentlich ist. Eine Moschee muss jederzeit betretbar sein und das, egal ob ich Max heiße oder Ali. Von daher sage ich, wenn ich nicht hineindarf, dann ist es keine Moschee. Aber morgen sind die Menschen in den Moscheen auf die Gäste vorbereitet.

Immer rein in die Moschee, egal ob man Max oder Ali heißt, erklärt Imam Aiman El-Attar

Was muss man beachten, wenn man in eine Moschee geht?
Es gelten die üblichen Regeln von Sakralbauten. Man hält sich an den gesunden Menschenverstand. Wenn man ein Gotteshaus betritt, ganz egal ob es eine Kirche ist, ein Tempel, eine Synagoge oder eben eine Moschee: Zurückhaltung ist an solchen Orten immer angebracht. In Moscheen wird nicht geraucht, die Leute sprechen eher leiser miteinander. Die Kleidung sollte angemessen sein. Darunter versteht ja jeder was anderes.

Wann ist sie angemessen?
Sagen wir es so: Gotteshäuser allgemein sind Orte, die man nicht unbedingt aufsucht, um seine körperlichen Reize hervorzuheben.* Was ist denn anders in einer Moschee als in einer Kirche? Bei den Muslimen gilt, dass man nicht mit den Schuhen auf den Teppich tritt. Wenn keine konkreten Gebete vorliegen, Muslime beten fünfmal am Tag, dann steht die komplette Moschee allen Geschlechtern zur Verfügung - es sei denn, man befindet sich in einer Moschee, in der die Geschlechter getrennt sind in separate Bereiche.

Ist es möglich, einfach mitzubeten?
Wenn ich mich auskenne mit den rituellen Bewegungen, dann ja. Wenn ich einer anderen religiösen Überzeugung angehöre, dann würde ich lieber zuschauen, wie die anderen beten und darauf achten sie nicht zu stören.

Kann ich jeden Menschen in der Moschee ansprechen?
Wenn gerade kein Gottesdienst ist, greife ich auf das Gesicht zurück, das mir am sympathischsten rüberkommt. Wenn die Person frei steht und ansprechbar ist, kann man sie auch fragen. Man sollte allerdings bedenken, dass die Antworten, die man dann bekommt, individuell sehr unterschiedlich ausfallen werden. Viele Menschen haben einen festen Imam, der auch für Fragen zur Verfügung steht.

Und dann sind die Antworten alle gleich?
Nein, der Islam kennt verschiedene Ausrichtungen. Das Grundgerüst ist zwar dasselbe – aber es gibt verschiedene Ausrichtungen. Die gleiche Frage kann also unterschiedlich ausgelegt werden. Wenn man den Imam fragt, weiß man anhand seiner Antworten ungefähr, in was für einer Moschee man da zu Besuch ist.

Moslem oder Muslim - was ist die richtige Bezeichnung?
Als Kind wurde ich „Mohammedaner“ genannt. Heute benutzt den Ausdruck niemand mehr, jetzt sind wir Moslems. Es gab eine Phase, da wussten wir selbst nicht so recht, wie die weibliche Form aussieht. Muslimin oder Muslima. Eingebürgert hat sich Muslima. (kurze Denkpause) Moslem, Muslim, manche sagen es mit O wie Otto oder U wie Ute. Wenn man das arabische U übersetzt, hat man das lateinische O. Also ist schriftsprachlich das O korrekt, phonal eher das U, würde ich sagen. Das ist aber nur Sprachtheorie von mir.

Wie ist die Resonanz in Aachen auf den Tag der offenen Moscheen?
Die Bürger kommen gerne in die Moschee, der Tag findet Zuspruch, um Moscheen und die Muslime kennen zu lernen. Klar, es gibt immer Leute, die distanziert und nicht muslimbegeistert sind. Man kann den andern mögen oder nicht, wenn man ihn kennen lernt, wenn er transparent ist, dann ändern sich nicht die Emotionen, aber man fürchtet ihn nicht mehr. Wir freuen uns jedenfalls, wenn uns Leute besuchen.

*Ein Kopftuch bei Frauen gilt in der Moschee als Geste des Respekts und ist gerade in konservativen Regionen sinnvoll, aber nicht verpflichtend.

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