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"Der Kampf hat uns verändert"

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Im Dezember stand Olga auf dem Maidan in Kiew. Eigentlich studiert sie in München, aber sie wollte dabei sein und zeigen, dass sich etwas ändern muss in der Ukraine, sagte sie zu jetzt.de. Jetzt, nach der Eskalation und der Beruhigung in Kiew, wollten wir wissen: Wie beurteilt sie die aktuellen Ereignisse? Wie geht es weiter? Was sind ihre Hoffnungen und Sorgen? Ein Protokoll.

"Die schlimmste Nacht war die vom 18. auf den 19. Februar. Ich saß vor dem Computer und beobachtete starr vor Entsetzen, wie das Feuer, das sie gelegt hatten, immer näher an die Barrikaden kam. Wie sie geschossen haben. Ich denke, in der Nacht bin ich wirklich gläubig geworden; denn dass diese Menschen nicht alle tot sind, ist für mich ein Wunder.  

Ich selbst war nur im Dezember in Kiew. Danach musste ich zurück nach Deutschland und habe hier getan, was ich konnte. Ehrlich gesagt hatte ich auch Angst zurückzugehen. Meine Eltern waren oft auf dem Maidan. Ich habe sie gebeten, zu mir nach Deutschland zu kommen. Sie hatten ein Visum, es wäre also möglich gewesen. Aber sie sagten, sie können ihr Land nicht im Stich lassen. Ich hatte wahnsinnige Angst. Ich kann immer noch nicht richtig schlafen, mich nicht konzentrieren, nicht richtig arbeiten.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Olga konnte nicht die ganze Zeit in Kiew bleiben, wollte aber im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiter für ihre Sache kämpfen. Am 19. Februar übergab sie dem Leiter des Informationsbüros des Europäischen Parlaments in München einen Appell der Ukrainer in Deutschland an die EU aus. Darin forderten sie die schnellstmögliche Einführung von Sanktionen gegenüber Janukowitsch.

Ich kann noch gar nicht glauben, wie viel in den vergangenen drei Monaten passiert ist. Die Angst, die Trauer um die Toten, die Menschen, die einfach verschwunden und jetzt weiß Gott wo sind – all das hat das Bild dieses Landes in meinen Kopf vollkommen umgedreht. Am Anfang ging es uns nur um eine Annäherung an die EU. Ein Regierungswechsel stand gar nicht im Mittelpunkt. Jetzt geht es um viel mehr.  

Für mich ist der Sturz des Präsidenten also noch lange kein Ende. Ich sehe ihn als kleinen Erfolg, als einen ersten Schritt. Die Verantwortlichen für all diese grausamen Taten müssen zur Verantwortung gezogen werden. Sie müssen vor den internationalen Gerichtshof in Den Haag, das ist das Ziel. Und wir brauchen ein komplett neues Parlament. Weg mit den alten Gesichtern! Dass sie jetzt Bekenntnisse machen und sagen, sie wollen sich und das Land ändern – das alles ist für mich nichts wert.  

Wir brauchen ein neues Parlament, und zwar aus genau den Menschen, die auf dem Maidan standen und gekämpft haben. Das waren nicht nur Arbeiter, das waren auch Akademiker. Menschen, die in die Regierung gehören und die Möglichkeit haben, etwas zu ändern in diesem Land. Sie haben sich diesen Erfolg zuzuschreiben. Sie sollten davon auch profitieren. Denn sie waren es, die ihr Leben auf Spiel gesetzt und teilweise auch damit für ihre Ideale bezahlt haben.  

Ob ich Angst habe, dass vielleicht alles umsonst war? Nein, das war es nicht. Niemand wird das je vergessen. Den Kampf. Die Toten. Das hat uns verändert. Die Menschen hatten nicht damit gerechnet, das so etwas passieren würde. Sie waren nicht vorbereitet. Nicht auf das Feuer, nicht auf die Gewehre, nicht auf die Granaten. Nicht auf dieses Massaker. Das alles hat uns die Augen geöffnet. In den Köpfen meiner Landsleute ist ein Umbruch passiert, der nicht mehr rückgängig zu machen ist. Es ist ein schwarzes Kapitel in der ukrainischen Geschichte, und es ist nicht möglich, das je zu löschen. Jeder, der in die Versuchung kommt, Wahlen zu fälschen, Medien zu beeinflussen oder sich bestechen zu lassen, wird daran denken. Daran, dass das Volk im eigenen Land zum eigenen Herr wurde."

Text: teresa-fries - Foto: privat

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