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Demos in Schleswig-Holstein: Warum Realschüler gegen Hauptschüler sind

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In Schleswig-Holstein gingen am 4. Dezember mehrere Tausend Realschüler auf die Straße, um gegen einen Gesetzentwurf zu demonstrieren, nach dem in Schleswig-Holstein im kommenden Jahr die Realschulen mit den Hauptschulen zu so genannten Regionalschulen zusammengefasst werden sollen. Bei den Demos in Kiel, Lübeck, Itzehohe und Schleswig ging es teilweise hoch her. Realschüler sollen gegen Hauptschüler gehetzt haben, sie als „Gesocks“ und „dumm“ bezeichnet haben. Warum? Den Realschülern gefällt der Gesetzentwurf nicht. Sie fürchten, die geplanten Regionalschulen könnten zu "Restschulen" verkommen. Zwar ist eine Differenzierung ab der siebten Klasse vorgesehen, bei der die Schüler in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und in einer Naturwissenschaft nach Leistungsniveau getrennt unterrichtet werden sollen, die Nebenfächer aber sollen gemeinsam unterrichtet werden. Begründet wird die geplante Fusion unter anderem mit dem zu erwartenden Rückgang der Schülerzahlen an Haupt- und Realschule. Außerdem sehen die Bildungspolitiker in Schleswig-Holstein darin eine Möglichkeit zur Verbesserung der Bildungschancen und eine Maßnahme gegen das schlechte Abschneiden deutscher Schüler bei der PISA-Studie.

Viele Realschüler in Schleswig-Holstein sind gegen Regionalschulen. (Foto: dpa) René Hellmann, 16 Jahre alt, ist Schülersprecher an der Bernt-Notke-Realschule in Lübeck. Gemeinsam mit der Schülersprecherin Jane Wairimu und der Verbindungslehrerin Frau Grete Rhenius organisierte er die Demonstration in Lübeck, an der elf Lübecker Schulen teilnahmen. Es handelte sich dabei um die größte von vier Demonstrationen in ganz Schleswig-Holstein, die außerdem in Kiel, Itzehoe und Schleswig stattfanden. Wir haben mit René gesprochen. René, was habt ihr gegen die Hauptschüler? René: Gegen die Hauptschüler an sich haben wir natürlich gar nichts. Es ist nur so, dass Hauptschüler anderen Unterricht bekommen als wir es an der Realschule von unseren Lehrern gewohnt sind. Sie haben eine niedrigere Leistungsfähigkeit als Realschüler. Wenn nun ein Lehrer 30 Schüler in einer Klasse unterrichten muss und dann noch auf die unterschiedlichen Leistungsniveaus der Real- und Hauptschüler eingehen muss, ist das unglaublich schwierig. Die Realschüler wären unterfordert, wohingegen die Hauptschüler nur schwer mitkommen würden. Wie kam es zu der Demonstration? Wir Schülersprecher hatten schon früh geplant, gegen die Regionalschulen zu demonstrieren. Am 27. November hat dann das Landesschülerparlament getagt, bei dem sich alle Schülersprecher der Realschulen zusammengefunden haben. Dort haben wir die in ganz Schleswig-Holstein angelegte Demonstration beschlossen. Wir von der Bernt-Notke-Realschule haben uns angeboten, das Ganze in Lübeck zu organisieren und haben im Anschluss alle Schulen im Umkreis mobil gemacht. Was ist euer Ziel? Wir wollen, dass die Regionalschulen ausschließlich im ländlichen Bereich eingeführt werden und nicht im städtischen, wie hier in Lübeck. In der Stadt haben wir nämlich genügend Schüler an den Realschulen. Wenn eine Realschule auf dem Land nicht die nötige Schülerzahl von 240 Schülern aufweisen kann, ist es völlig in Ordnung, dass sie sich mit einer Hauptschule zusammenschließt. Dort kann man ja immer noch seinen Haupt- oder Realschulabschluss machen. Aber welchen Sinn macht es, in der Stadt Realschulen aufzulösen, die bestens funktionieren? Wir wollten die Landesregierung darauf aufmerksam machen, dass Regionalschulen im städtischen Bereich unbegründet sind und, dass sich die Schüler dagegen wehren. Was habt ihr mit eurer Demonstration erreicht? Die schleswig-holsteinische Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave war entsetzt über die Demonstration und der Bildungsausschuss fand es völlig unverständlich, weshalb demonstriert wurde. Aber letzten Donnerstag waren wir in die Landesregierung eingeladen. Dort hat uns Susanne Herold, die bildungspolitische Sprecherin der CDU, mitgeteilt, dass diskutiert werden soll, ob man auf unseren Vorschlag eingeht, die Regionalschulen nur in ländlichen Regionen einzuführen. Unsere Demonstration war also erfolgreich. Wann genau eine Entscheidung getroffen wird, wissen wir aber noch nicht. Dem Bildungsausschuss haben wir gesagt, dass wir jederzeit nach Kiel kommen würden, um zu besprechen, wie wir das aus Schülersicht sehen.

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