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"Das sind doch Hanswurschten"
Fünf Jahre nachdem „The Simple Life“ im US-Fernsehen lief, dürfen jetzt zwei deutsche Tussis Kuhmist schaufeln und Dinge wie Eier aufschlagen lernen: „Gülcan und Collien ziehen aufs Land“ startete vergangene Woche, heute Abend zeigt Pro7 die zweite Folge der Serie, in der die Dorfbevölkerung wegen vermeintlich unverständlicher Alm-Öhi-Sprache untertitelt und dem Zuschauer durch Blasmusik-Einspieler angekündigt wird; Einheimische in Tracht werden von den Stil-Ikonen Gülcan und Collien mit Kommentaren wie „Sind das Statisten?“ oder „Das sind ja Leute wie aus dem Comic!“ bedacht. Nun wirbt Samerberg auf seiner Homepage mit dem Satz „Bayerisch, bayerischer – Samerberg!“ - aber sind die Bewohner mit dem Format wirklich glücklich? Und wie waren die Dreharbeiten? Vier Anrufe
Gülcan Kamps (links) und Collien Fernandes
Der Bürgermeister von Samerberg, Georg Huber (Freie Wähler), sagt:
„Persönlich habe ich das Produktionsteam nur ein- oder zweimal kurz erlebt. Auf unserem Dorffest zum Beispiel, da kamen Gülcan und Collien mit einer schwarzen Limousine an, und waren nach einer halben Stunde wieder weg. Das hat man nur am Rande mitgekriegt.
Aber unsere Gemeinde ist eh fernseh-erprobt, weil das Bayerische Fernsehen hier mindestens einmal pro Jahr Reportagen über Wanderausflüge und Ähnliches dreht. Das Format dieser Pro7 Sendung war da natürlich etwas Neues. Das hat sich auch schnell rumgesprochen und etliche, wie die Freiwillige Feuerwehr oder der Jugendtreff, haben dann einen Rückzieher gemacht. Die Leute hier im Dorf sind selbstbewusst genug, um so ein Format abzulehnen, Pro7 ist halt nicht das Bayerische Fernsehen. Unterm Strich: So etwas haut unser Dorf nicht um.“
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Ein Verantwortlicher der Freiwilligen Feuerwehr Samerberg sagt:
„Alles hat damit angefangen, dass Leute aus Köln angerufen haben, und sich als Pro7 ausgegeben haben. Wir haben dann für den 15. Mai vereinbart, dass die Freiwillige Feuerwehr dreier Ortsteile von Samerberg zur Großeinsatz-Übung ausrückt. Da sollte alles dabei sein: Sirene, Verletzte, und eben die zwei Mädchen. Die hätten wir für den Einsatz in unser Team integriert. Aber es war ausgemacht, dass Pro7 die Brotzeit für alle übernimmt. Die wollten dann aber für 80 Mann nur 200 Euro bezahlen – ein Witz! Am 15. waren wir bereit, die Übung auszuführen, aber es kam zu Unstimmigkeiten mit den Leuten von Pro7. Die haben sich zu sehr eingemischt und Vorgaben gemacht. Sie haben uns sauber unter Druck gesetzt, wie die Übung von statten gehen soll - aber das lassen wir uns nicht vorschreiben. Die Freiwillige Feuerwehr hat sich dann entschlossen, alles abzublasen. Die Pro7-Leute aus Köln haben sich zwar telefonisch entschuldigt, aber wir lassen uns doch nicht verarschen von denen - mal heißt es so, dann wieder so, das sind doch Hanswurschten! Wir haben unsere Übung dann ohne Kameras durchgezogen und die Kosten für die Brotzeit hat die Gemeinde übernommen.“
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Eine Lehrerin der Grundschule Samerberg sagt:
„Also, ich finde diese Sendung peinlich. Das ist eine Verarschung der Umgebung und seiner Bewohner. Wir Samerberger können doch jetzt die nächsten drei Jahre niemandem mehr sagen, wo wir her sind. Ich meine, wie viel Geld muss da fließen, dass man sich für so was hergibt? Das ist wirklich die Grenze des Geschmacks. Ich habe an der Schule mitgekriegt, wie das Produktionsteam da ohne Anfrage und Absprache aufgetaucht ist. Die wurden aber von uns gleich wieder rauskomplimentiert. So was geht doch nicht, allein aus rechtlichen Gründen! Im Dorf sind die positiven Stimmen zur Sendung sehr in der Minderzahl, der allgemeine Tenor ist negativ. Ich persönlich finde Gülcan und Collien peinlich und niveaulos. Und das Bild, das einem die Sendung da vermitteln will, von wegen, dass die Mädels ihr Handy abgeben mussten ... es gibt in Samerberg sehr wohl Handyempfang und, stellen Sie sich vor, wir haben sogar Email!“
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Der Leiter des Jugendtreffs, Christian Bauer, sagt:
„Ich leite zwar den Jugendtreff in Samerberg, aber ich wohne nicht mehr dort. Den Dreharbeiten bin ich bewusst aus dem Weg gegangen. Pro7 wollte mit Gülcan und Collien im Jugendtreff drehen, aber ich habe sie wieder ausgeladen. Ich kenne nämlich „The Simple Life“ und weiß, dass da die Landbevölkerung durch den Kakao gezogen wird.“
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Frau Bauer, Christians Mutter, hat die erste Sendung zusammen mit ihrem Sohn gesehen und sagt:
"Ich finde die Sendung sehr lustig - und Christian hat beim Anschauen auch ein paar Mal herzlich gelacht!"
Text: theresa-steinel - Foto: dpa