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Das Kreuz der Jugend
Die Union ist bei jungen Wählern überraschend beliebt - zumindest bei den sehr jungen Wählern: 36 Prozent der 14- bis 17-Jährigen würden laut einer Umfrage schwarz wählen. Natürlich dürfen sie das bei der Bundestagswahl noch gar nicht. Dafür aber an diesem Freitag, bei der U-18-Wahl, die das Kinderhilfswerk organisiert.
Erste Umfragen zeigen CDU und Grüne als stärkste Parteien - was insofern überrascht, als bei den Wahlen in den vergangenen Jahren immer die SPD vorne gelegen ist. Sind die Jugendlichen plötzlich konservativer geworden? Milena Feingold, Mitarbeiterin des Kinderhilfswerks in Berlin und zuständig für die U-18-Wahlen, vermutet, dass viele Jugendliche durch das allgemeine Medienecho beeinflusst wurden. Und das prophezeit im Moment schließlich einen Sieg der Union. "Viele denken sich wohl, tja, mit Merkel läuft's doch ganz gut", sagt Feingold, "warum sollte man da was ändern?" Das tatsächliche Ergebnis liegt aber erst an diesem Freitagabend gegen 22 Uhr vor.
Für die bundesweiten U-18-Wahlen erwartet das Kinderhilfswerk 150.000 Jungs und Mädchen in 1500 "Wahllokalen". Die Wahlbeteiligung wächst von Jahr zu Jahr, was wohl auch daran liegt, dass die Wahl allen Interessierten offen steht - unabhängig von deren Nationalität und Alter. "Es liegt uns sehr am Herzen, dass jeder mitmachen darf. Niemand soll ausgeschlossen werden", sagt eine der Veranstalterinnen. Der jüngste Teilnehmer war sechs Jahre alt, aber im Schnitt sind die Wähler zwischen 13 und 17 - kommen also aus der Altersgruppe, die bei der nächsten Bundestagswahl in vier Jahren selbst wählen darf.
Wählen auf Probe: Jugendliche üben für ihren ersten richtigen Wahlgang.
Damit die Kinder und Jugendlichen wissen, wo sie ihr Kreuz am besten machen, müssen sie zunächst die Parteien kennen. Zu diesem Zweck sind alle Wahlprogramme der sieben Parteien, die bei der letzten U-18-Wahl die Fünfprozenthürde knackten, in Stichpunkten zusammengefasst, sogenannten Synopsen. "Politik zum Anfassen" wolle man bieten und dem Klischee jugendlicher Politikverdrossenheit entgegen wirken, sagen die Veranstalter. Sie beobachten bei Jugendlichen ein "reges Interesse an Politik" - vor allem an Umweltthemen, Tierschutz und Bildung.
Und dieses Interesse schlägt sich in reger Beteilgung nieder. Eine Umfrage bei den Jugendwahlen vor zwei Jahren ergab: Der Hauptgrund für die Teilnahme an den U-18-Wahlen ist es, "Einfluss auf die Politik zu nehmen". Ihre Entscheidung für oder gegen eine Partei begründete die Hälfte der Teilnehmer nicht etwa mit Sympathie oder Wahlwerbung, sondern mit Verweis auf das jeweilige Wahlprogramm. Dreiviertel der Jugendlichen gaben an, ihr politisches Interesse sei durch die Teilnahme deutlich gestiegen. Und ebenso viele Probewähler versicherten, sie würden wählen gehen, sobald sie gesetzlich die Möglichkeit dazu hätten. Bis dahin spiegeln die Jugendwahlen unverbindlich die Meinung der künftigen Wähler wieder und zeigen: Politikverdrossenheit ist nicht zwangsläufig ein junges Problem.
Text: lisa-freudlsperger - Foto: dpa