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Das große ABC der Sexmythen, Teil II
Teil I des Alphabets der Sexmythen findest duhier. N wie Nonne verführen Hinter der Moral, unter der grauen Kluft, verborgen vor dem strengen Auge der Aufseherin schlummert, so ahnt der geneigte Sexualist, aufgestaute Ralligkeit. Diabolische Verführungskunst stürzt die gewissenhafte Nonne in die Abgründe fleischlicher Lüste. Mit einer Nonne zu schlafen – oder einen Mönch zu verführen – ist so etwas wie Haute Cuisine des Sex. Mythospotenzial: Hat in Zeiten ausgeprägten Hedonismus und geistiger Säkularisierung etwas gelitten, zählt aber dank unzähliger Filme und Bücher (irgendwie alle aus Frankreich) zu den Klassikern der Sexmythen. Realitätscheck: Nonnen und Mönche sind in 95 Prozent aller Fälle jenseits der 50 und dicklich. *** O wie Orgie Hat ihre Wurzeln ja angeblich in der Antike und war damals, wie gelegentlich Forscher behaupten „ganz normal“. Seltsamerweise hat sich das Prinzip der Orgie trotzdem nicht gut gehalten, zumindest nicht, wenn man darunter das gleichzeitige Zusammentreffen von vielen sexlustigen Menschen, gefüllten Giraffenhälsen, Bärenblutwurst, rotem Samtstoff und goldenen Champagnerpyramiden versteht. Mythospotenzial: Vor allem wegen den gefüllten Giraffenhälsen sehr hoch. Realitätscheck: Tja, siehe Swinger-Club. Oder kennt man einfach zu wenige dekadente Superficker?
P wie Sex mit dem Prof für gute Noten Mist, schon wieder vergessen, vier Seiten über römische Verhältnisse in Athen (oder so) bis gestern bei Professor Huntzberger abzugeben. Zum Glück ist man ja ein scharfes Ding mit Sex-Appeal. Der Plan zur Rettung des Semesters ist schnell gefasst: Man schneit am nächsten Tag schnell in des Professors Sprechstunde vorbei, setzt sich auf seinen Schoß, krault seine Altmänner-Glieder – und den Rest regelt dann das Sekretariat. Mythospotenzial: Allerspätestens mit Dietrich Schwanitz’ Roman „Der Campus“ war der Öffentlichkeit klar: Rund um die Uni geht es zu, wie im Affenhaus zur Fütterungszeit. Studenten machen’s mit Studentinnen, die es wiederum mit Lehrbeauftragten machen, um über die besser an die Privatdozenten ranzukommen – um dann irgendwann in die Königsdisziplin der Uni-Erotik aufzusteigen: Den professoralen Fick. Realitätscheck: Versuch’ einfach mal, ohne monatelange Voranmeldung einen Termin bei deinem Prof auszumachen. *** R wie Mrs. Robinson In dem grandiosen Film „Die Reifeprüfung“ (1967) geht der Jüngling Benjamin (Dustin Hoffman) ein Verhältnis mit der Mutter seiner späteren Freundin ein – Mrs. Robinson. Das war das erste Mal, dass eine Beziehung zwischen älterer Frau und Jungspund in der breiten Öffentlichkeit thematisiert wurde. Seitdem hält sich das Gerücht, dass man die Mutter seines Kumpels auch durchaus mal scharf finden könnte. Mythospotenzial: Eher gering, zwar mag ein Blick auf die Wäscheleine der Nachbarin oder der florierende Ausdruck MILF (für: Mum I’d like to fuck) den ein oder anderen Gedanken in Schwung bringen, aber ob das für einen richtigen Mythos reicht? Realitätscheck: Verheerend. Die Mütter der besten Freunde sind allesamt jenseits der 50, haben dicke Männer und fahren mit ihren Jeeps zur Bücherei. Die mag nicht mal mehr ihr Mann küssen, wie käme man selber dazu?
S wie Spanische Fliege Ein Begriff den Stadtkinder schon auf dem Spielplatz herumplärrten, in vager Erwartung der Himmel würde sich auftun und der Teufel mit einer Fonduegabel die Sünde aupicksen. Geschah aber nicht. Spanische Fliege soll ein Lockstoff sein, der Menschen und hier vornehmlich Frauen, in einen Zustand unfeiner Lüsternheit versetzt und zwar nonstop und all inclusive. Mythospotenzial: Hat mit dem Abebben von Schlüssellochheftchen und den entsprechenden Anzeigen rasant abgenommen. Im Post-Ecstasy-Zeitalter glaubt kein Mensch mehr, dass man mit so etwas Analogen wie einer spanischen Fliege irgendwas reißen kann. Realitätscheck: Keine Ahnung, das Zeug gibt’s nirgends zu kaufen, nicht mal im spanischen Aquaristikbedarf. ***
T wie Telefonsex Funktionierte ja wohl erstaunlich gut, als es noch kein Internet und die dazugehörigen Video-Peep-Shows und 24-Stunden-Streams gab. Damals waren die „Verschiedenes“-Sparten bei den Kleinanzeigen oft seitenweise mit stöhnenden Hausfrauen übersät. Das ist deutlich weniger geworden. Mythospotenzial: Transportierten eben vor allem die knalligen Anzeigen, die man auch als Minderjähriger schon studieren konnte. Die Verheißung „Du kommst nach einer Minute“ hatte da doch je nach Tageslaune ein ganz ordentliches Potenzial. Realitätscheck: Wer jetzt noch Telefonsex macht, der hat entweder einen Hörer-Fetisch oder versucht auch noch, sich Soundgarden-Platten beim WOM in der Fußgängerzone zu kaufen. *** U wie Unterwäsche weglassen Sagt die Frau zu ihrem Mann während des zweiten Gangs im schnieken Restaurant mit Silberbesteck und Leinenservietten anlässlich des fünften Jahrestags: „Scha-hatz, nur damit du’s weißt: ich trage übrigens heute gar nichts drunter.“ Fällt dem Mann natürlich sofort vor lauter Aufregung der Tafelspitz von der Gabel. Mythospotenzial: Echte Vollweiber, die ohne Unterwäsche, aber mit sündhaft geschlitztem Rock und darunter hervorblitzendem Strumpfhalter, durch die dunkle Stadt strawanzen… man reiche mir das Riechsalz! Realitätscheck: Traurig, aber wahr: wenn man sich jetzt nicht gerade vorgenommen hat, das partnerschaftliche Geschlechtsleben durch verrückte Aktionen wieder auf Vordermann zu bringen, oder zu den paar (siehe Z) zeigefreudigen Damen dieser Welt gehört, dann muss leider gesagt sein: der Rest der Frauen trägt Unterwäsche. Immer. Besonders unterm Rock und selbst wenn der letzte Slip im Wäschekorb verschwunden ist – dann zieht man eben den Badeanzug an und besorgt sich unterwegs schnell ein Sechserpack Baumwollhöschen. Ohne ist "Normalos" einfach zu riskant und unhygienisch. *** V wie Vaginismus Gibt es wirklich und ist der Fachausdruck für das, was der Volksmund „Scheidenkrampf“ nennt. Das bedeutet eine für die Frau schmerzhafte Kontraktion der Beckenbodenmuskeln. Mythospotenzial: Schon bevor Jungs auch nur einmal ihren Pimmel in irgendeine Öffnung gesteckt haben, geht das Gerücht durch die aufgeregte Runde, beim Matze und der Vroni wäre es beim ersten Mal zum Scheidenkrampf gekommen, woraufhin die Vroni-Mutter vom Geschrei der durch den Krampf unlöslich miteinander verschlungenen Sexpartner alarmiert, das Kinderzimmer betreten habe und die beiden gemeinsam mit der Nachbarin Fr. Hufberger, auseinander gezerrt. Seitdem sei in der Beziehung der beiden „der Wurm drin.“ Alle anderen in der Runde, die sich gerade mit dem Gedanken trugen, die Sache mit dem Sex jetzt auch mal auszuprobieren, verschieben das Vorhaben klammheimlich um weitere drei Monate. Realitätscheck: Die Geschichte vom spontan auftretenden Scheidenkrampf und dem daraufhin dauerhaft ineinander verkeilten Liebespaar ist eine hervorragende Schauergeschichte, so aber wohl noch nie aufgetreten. Der Penisbruch spielt übrigens in einer ähnlichen Liga.
W wie Wettwichsen Bekannteste Variante ist das Kekswichsen. Pubertierende Jungs setzen sich in einen Kreis, schmeißen einen Keks in die Mitte und fangen an. Wer a) nicht trifft b) gar nicht kann oder c) als Letzter trifft, muss ebenjenen Keks essen. Mythospotenzial: Bringt all die Absonderlichkeiten und homoerotischen Tendenzen pubertierender Jungs auf den Punkt. Realitätscheck: Schwer zu sagen. Die Jahre zwischen 12 und 16 gehören zu den schwierigsten in einem Männerleben, in denen viel passieren kann. Intensive Nachfragen im Freundeskreis aber haben einen Kekswichseranteil von fünf Prozent ermittelt. *** X wie X-Large Penis In der Schule kursierte einst das hochinteressante Gerücht, es würde da so eine bestimmte, griechische Insel geben. Dort lebte ein, wie das auf griechischen Inseln so üblich ist, eigener Volksstamm, bei dem die Männer seit Jahrtausenden übergroße Geschlechtsteile mit sich tragen. So groß wären die Dinger, dass sie traditionell über der Schulter getragen werden würden. Eine schöne Vorstellung, so eine Gruppe untersetzter Griechen auf einem Felsen am Strand, ein jeder mit seinem eigenen Penis-Schal. Mythospotenzial: Nimmt mit jedem Jahr tatsächlicher sexueller Erfahrung bzw. Sauna-Besuchen stark ab. Realitätscheck: Naja, was man gelegentlich und zufällig in einschlägigen Pornofilmen so an Schwengelmaterial sieht, ist auch ganz schön dolle. Aber zum über die Schulter legen reicht’s eben doch noch lange nicht. *** Y wie Yoga – Tantra Wird meist in Verbindung mit dem Satz „Bine und Johann haben sich jetzt entschlossen, ihrer Ehekrise den Kampf anzusagen.“ genannt. Bine und Johann buchen als erste Maßnahme ein Tantra-Seminar auf der schwäbischen Alb in allerschönstem Ambiente (nur für Paare). Tantra klingt ja irgendwo auch total seriös, immerhin haben es die für ihre Seriosität berühmten Inder schon vor zigtausend Jahren erfunden. Mythospotenzial: Man soll angeblich mehrere Stunden Sex haben können, Orgasmen am laufenden Band und dazu auch noch ungeahnte Innigkeitsgefühle als Paar erleben. Irre! Realitätscheck: Ganz abgesehen von der irritierenden Tatsache, dass in der Öffentlichkeit auftretende Tantra-Betreiber immer so eine unfassbar unerotische Aura atmen: Stundenlanger Geschlechtsverkehr klingt nur in der Phantasie von Zwölfjährigen erstrebenswert. Alle, die schon mal Sex hatten, wissen, dass auch dieses schönste aller Gefühle mal vorbei mal vorbeigehen muss, sonst quietschen die beteiligten Gelenke irgendwann sich irgendwann ziemlich unschön an. *** Z wie Zeigefreudig Den Ausdruck kennt man aus Anzeigen in einschlägigen Anzeigenblättchen und Boulevardblättern. Und muss sofort an den Zeigestock des gestrengen Lehrers denken, der damit auf seine primären und sekundären Geschlechtsorgane zeigt. Leider bedeutet dieses Attribut nur, dass derjenige sein oder ihr Gedöns gerne unschuldigen Spaziergängern ins Gesicht hängt. Mythospotenzial: Wäre schon toll, wenn man gerade so in sexy-Stimmung durch die Vorstädte wandelt und auf einmal springt ein zeigefreudiger Mensch des präferierten Geschlechts aus dem Gebüsch. Der zeigt dann freudig alles her und man darf sich alles ganz genau anschauen. Realitätscheck: Nicht nur sind unglücklicherweise nie die taufrischen und interessanten Menschen die Zeigefreudigen, man selbst wird von zeigefreudigen Menschen, wenn überhaupt, dann immer nur auf dem falschen Fuß erwischt. Springt mal tatsächlich jemand mit zeigefreudig erigiertem Glied aus dem Busch, ist man hundertpro gerade dabei gewesen, im Kopf Nebenkosten für die Wohnung auszurechnen oder kommt gerade vom alljährlichen Tierfriedhofbesuch.