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Auf dem App-Friedhof

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Die App:
Anti Mosquito. Sie verspricht Schutz vor Mücken. Ein sehr hoher Ton soll die Stechtiere vertreiben.


Darum habe ich sie heruntergeladen:
Ein Sommerabend. Drückende Schwüle in der Stadt. Aber der Brotzeitkorb war gepackt und die Flucht an den See schon geplant. Hätte ziemlich gut werden können da. Schwimmen in der Dämmerung, Decke ausbreiten, Brezn aus der Tüte holen, das Radler öffnen. Leider hatte niemand an Autan oder ähnliches gedacht, und statt gemütlich zu picknicken, schlugen wir im Sekundentakt Mücken auf unseren Armen, Beinen und Nacken tot, bis nach einer halben Stunde klar wurde: Das wird kein schöner Abend mehr. Beim Herumgooglen über Mücken und warum sie manche Menschen bevorzugt stechen und andere nicht, kam mir "Anti Mosquito" unter, und ich fand den Gedanken toll, nie mehr an Autan denken zu müssen, weil mein Telefon sich jederzeit in eine Vogelscheuche gegen Insekten verwandeln lässt.

Darum ist sie auf dem Friedhof gelandet:
Es kann sein, dass deutsche Mücken extrem schwerhörig sind. Oder der Ton, der sie eigentlich vertreiben soll, ist ihnen schlicht und einfach egal. Von einer mückenfreien Zone rund um mein Telefon konnte jedenfalls nicht die Rede sein. Dafür ging das tinitusartige helle Piepsen meines Telefons mir schon ziemlich bald auf die Nerven. 




Die App:
Verbrechen. Aktuelle Verbrechen in deiner Nähe.


Darum habe ich sie heruntergeladen:
Mich haben vor allem zu Beginn der Aufregung um Apps jene Anwendungen interessiert, bei denen man geortet wird und dann sein Umfeld erkundet. Wikihood ist ja so eine App. Man lässt sich suchen und erfährt allerhand über Bauten und Sehenswürdigkeiten in der sehr direkten Umgebung. Und weil es einem ja oft so geht, dass man viel zu spät von den tollsten und dollsten Sachen in der direkten Umgebung erfährt, habe ich mir auch Verbrechen runtergeladen. Die Macher aggregieren Polizeimeldungen aus ganz Deutschland und ordnen sie geografisch zu. Ein bisschen Suche nach Grusel, ein bisschen Wunsch nach Aufklärung, das waren die Beweggründe für meinen Kauf.

Darum ist sie auf dem Friedhof gelandet:
Nehmen wir die Umgebung um die Süddeutsche Zeitung. Das Hochhaus des Verlags steht im Münchner Osten und hier scheint seit Jahren nichts mehr passiert zu sein. Ich erfahre von einem versuchten Raubmord aus dem Jahr 1995, von einem versuchten Einbruch aus dem vergangenen Sommer und von einem, sehr passend: total überladenen Zeitungslaster. Den hat die Polizei im November 2010 entdeckt. Nun kann man sagen: Super, in München gibt es halt wenig Kriminalität. Gute Erkenntnis. Aber das war es dann auch schon. Nicht alles, was sich mit einer App darstellen lässt, ist auf die Dauer interessant. Die Verbrechen-App ist dafür ein schönes Beispiel. Sie ruhe in Frieden.



Die App:
Die Christie’s-Auktionshaus-App


Darum habe ich sie heruntergeladen
Weil ich die Sotheby’s-App sehr gerne nutze, zum Beispiel wenn ich überhaupt nicht einschlafen kann. Dann blättere ich mich durch die Lots der nächsten Sotheby’s-Auktionen und erfahre viele wirklich hochinteressante Dinge. Zum Beispiel kann man sich die Provenienzen der versteigerten Gemälde ansehen, die manchmal schon auf der ganzen Welt jemandem gehörten. Dann wieder wühlt man sich durch das Inventar eines kompletten englischen Herrenhauses, den Weinkeller eines reichen Chinesen oder die ArtDeco-Sammlung eines verrückten Amerikaners. Spätestens nach zweihundert Kerzenständern, Gallé-Vasen und Tiffany-Lampen fühle ich eine wohlige, materialistische Ruhe und schlafe ein. Wenn Sotheby’s das so unterhaltsam macht, dann ist Christie’s ja vielleicht noch eine Spur unterhaltsamer dachte ich.

Darum ist sie auf dem Friedhof gelandet
Klassischer Fall von mieser Bedienbarkeit, komischem Layout, vor allem aber falsche Chemie zwischen uns beiden. Nach einmal Antesten habe ich Christie’s-Auktionen keines Blickes mehr gewürdigt. Falls ich je mal einen Picasso kaufe, dann auf jeden Fall bei Sotheby’s!



Die App:
Gehirnjogging Deluxe


Darum habe ich sie heruntergeladen
Weil mir aufgefallen ist, dass ich nicht mehr so gut Kopfrechnen kann, seit ich es einfach nicht mehr muss. Und weil neben Angry Birds und Doodle Jump bitteschön auch eine App dabei sein soll, die zumindest schlau klingt. Wer konnte ahnen, dass mich das tägliche Trainingsprogramm dann doch überfordert. In den Disziplinen Visuell, Gedächtnis, Rechnen und Logik muss man mal Mathe-Aufgaben mit Lücken lösen, mal Mengen schnell abschätzen oder sich Telefonnummern und Obstsorten merken.

Darum ist sie auf dem Friedhof gelandet
Bei den Rechenaufgaben hat das geistige Workout ja wieder ganz gut geklappt, dafür wurde ich im Bereich "Gedächtnis" regelmäßig von dem Zeichentrick-Professor, der durch das Menü führt, gedemütigt. Ich kann mir nicht einmal meine eigene Festnetznummer merken, wie soll ich da sieben- und achtstellige Nummern in wenigen Sekunden auswendig können? "Keine Topleistung", sagt der Professor. Auf Dauer ist mir diese Art Workout dann doch zu frustrierend. Vielleicht fange ich mit Sudoku an.


Die App:
MiTypewriter


Darum habe ich sie heruntergeladen:
Eine Schreibmaschine war früher so etwas ähnliches wie ein Computer. Ein Gerät, mit dem man Texte schrieb. Und weil nun alles, was früher war, auf dem iPhone ein schönes Revival erlebt, dachte ich, die miTypewriter-App würde meinem Telefon einen schönen Retro-Charme verleihen.

Darum ist sie auf dem Friedhof gelandet:
Die 0,79 Cent, die mir dieses Unterfangen Wert war, waren eine Fehlinvestition. Die App liegt rum und verhält sich auf dem Telefon wie eine Schreibmaschine im echten Leben: Sie ist im Weg.

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