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Alles Leberkäse
Dass hatten sie sich schön gedacht, die Leute vom Bayerischen Rundfunk und vom Münchner Filmmuseum. Dachten sie sich: Laden wir mal den Christian Petzold und den Marcus H. Rosenmüller ein, die sollen dann diskutieren, sind ja quasi die Aushängeschilder des deutschen Films gerade; also da links dann auf dem Podium der Rosenmüller („Wer früher stirbt ist länger tot“), Publikumsliebling, ehrlich-herzlicher Heimatfilm, Leute reden bayerisch und so, und da rechts dann der Petzold („Yella“, „Gespenster“), Kritikerliebling, arty Festivalfilme, Leute reden aneinander vorbei etc.
"Wenn du fei an Scheiß schreibst, hau i dir oane nei": Regisseur Marcus H. Rosenmüller
Klar, dachten sich die Leute vom BR, der eine Vorreiter der Münchner Schule und der andere der Berliner Schule, mögen sie zwar nicht die Begriffe, aber egal, lassen wir sie also reden über Heimat, über Herkunft, dann sollen die uns erzählen, ob das einen Unterschied macht, ob man in Berlin oder in München wohnt und arbeitet, muss es ja, sonst würden die ja nicht so unterschiedliche Filme machen.
Wie gesagt, alles schön gedacht.
Und dann steigen die beiden aufs Podium, sehen auch wirklich wahnsinnig unterschiedlich aus, der Rosenmüller ganz Lausbub mit Locken, hat sogar einen Fleck auf dem Ringelpulli und er lacht sehr viel und sagt zu einem Journalisten: „Wenn du fei an Scheiß schreibst, hau i dir oane nei“; und der Petzold, der so gequält schaut als er vorgestellt wird, etwas weniger lacht, aber dafür in der Diskussion aus SZ-Leitartikeln zur Finanzkrise zitiert. (Fürs Protokoll: es waren auch noch zwei andere Regisseure da, Franz Xaver Bogner und Matthias Kiefersauer, aber die passten nicht so richtig rein in die Diskussion).
Also: Petzold und Rosenmüller sind auf dem Podium, man merkt: Riesen-Respekt, den die voreinander haben und dann erzählt der Christian Petzold, dass er fast schon neidisch ist auf die Leute hier in München, weil die hier so verwurzelt sind, weil die eine Mama hier haben, die mittags einen Leberkäs’ vorbeibringt, und dann zeigt man dem Besuch die Stadt und fährt am Wochenende aufs Land raus, er wüsste gar nicht, wie er das machen solle in Berlin, weil er doch auch nur einer diesen Von-daheim-weggeflohenen sei, wie fast alle Berliner.
Und der Rosenmüller erzählt, wie schwierig das hier sei, einen Ort zu finden für Filme, wie hier alles verkitscht sei in Bayern, die ganzen Dörfer, wie künstlich das alles werde, und dass er gern mal einen Film in Berlin machen würde, da gäbe es noch so viele Orte, die etwas erzählen. Aber er sei halt er, und er rede bayerisch und dann sollten die Leute in seinen Filmen auch bayerisch reden.
Und man merkte, die beiden verstehen sich prächtig, und dieses ganze Münchner-Schule- und Berliner-Schule-Ding und das ganze München- und Berlin-Ding, alles gar nicht so wichtig, aber bevor sie sich das richtig sagen konnten, wurde dem Petzold einfach schlecht, wahrscheinlich von einem Leberkäs’ vom Viktualienmarkt, und er musste aufstehen und gehen, da konnten sich die BR-Leute auch noch soviel gedacht haben.
Text: adrian-renner - Foto: dpa