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Allein, aber fein!
Das Problem sind die anderen. Also die, die zu viert am Café-Tisch sitzen und alle paar Minuten laut lachen. Oder die zu zweit ins Kino gekommen sind und den großen Eimer Popcorn zwischen sich auf der Lehne balancieren. Die sind dort, weil sie sich verabredet haben. Weil sie gemeinsam Spaß haben wollen. Weil man das doch so macht. Oder? Ich bin kein großer Allein-Ausgeher. Ich gehe nie alleine ins Kino oder auf ein Konzert. Was ja schon deshalb merkwürdig ist, weil man im Kino oder im Konzert, abgesehen von einer schwitzigen Hand, nichts von seiner Begleitung hat. Trotzdem war ich mal ein halbes Jahr nicht im Kino. Weil ich in einer Stadt lebte, in der ich kaum jemanden kannte. Alleine mochte ich nicht. Das Gefühl, zwischen all den schwatzenden Grüppchen als schweigender Satellit rumzustehen, kam mir schon in meiner Vorstellung fürchterlich vor – probiert habe ich es nie.
Allein, allein... Warum das so ist, habe ich mir nie richtig klargemacht. Bis ich von einer neuen wissenschaftlichen Studie las. In den USA haben zwei Forscherinnen untersucht, warum Menschen so ungern Dinge allein unternehmen. Die Forscherinnen haben in Befragungen vor allem zwei Dinge herausgefunden. Erstens: Es gibt Aktivitäten, die wir besonders ungern alleine unternehmen. Nämlich solche, die als "hedonistisch" gelten. Zum Beispiel: Kino, Konzert, Kaffee trinken, tanzen. Die Mehrheit der Befragten gab an, sich in diesen Situationen allein besonders schlecht zu fühlen, "weil Beobachter dann denken könnten, sie hätten keine Begleitung gefunden."
Allerdings: Das unangenehme Gefühl wurde sofort schwächer, je weniger Beobachter dabei waren. Oder sobald die Aktivität nach außen nicht rein hedonistisch wirkte, sondern irgendwie zweckgerichtet. Es half schon, dass die Befragten im Café eine Zeitung lasen. Das heißt: Das Alleinsein war nicht per se unangenehm. Es wurde erst unangenehm durch das vermeintliche Urteil von anderen. Und sobald es einen vernünftigen Grund für das Alleinsein gab (etwa eine Zeitung), war es wieder okay.
Die Botschaft der Forscher: Da draußen gehen riesige Mengen an Spaß ungehabt verloren, weil wir uns nicht trauen!
Absurd? Absurd. Aber schon auch so, wie ich es immer unbewusst gespürt hatte. Wenn man mir damals, in dem halben Jahr in der fremden Stadt, versprochen hätte, dass ich das Kino-Foyer komplett für mich alleine haben würde – keine Beobachter! – ich wäre vermutlich hingegangen. Umgekehrt: Die paar Mal, die ich seither doch mal allein im Kino war, hatte ich einen guten Grund dafür – es waren Pressevorführungen, ich stand also mit Block und Kugelschreiber im Foyer und fühlte mich plötzlich okay. Ich war ja nicht zum Genießen hier.
Nun wollten die Autorinnen der Studie aber noch wissen, ob die Sorge gerechtfertigt ist. Ist es wirklich weniger schön alleine? Hat man tatsächlich weniger Spaß ohne Freunde? Also luden sie Studenten auf einem Campus ein, spontan eine Kunstgalerie in der Nähe zu besuchen. Manche waren dabei allein, andere mit Freunden. Die Probanden sollten vorab sagen, wie viel Spaß sie sich von dem Galeriebesuch erwarteten – und danach, wie viel Spaß sie tatsächlich gehabt hatten. Ergebnis: Diejenigen, die allein waren, schätzten ihren Spaß vorher (wie erwartet) deutlich geringer ein – waren aber nach dem Galeriebesuch genauso begeistert wie diejenigen, die mit Freunden unterwegs waren. Ob allein oder in der Gruppe: Alle hatten denselben Spaß.
Die Nachricht der Forscherinnen ist also eine, die wir uns mal merken könnten: Da draußen gehen riesige Mengen an Spaß ungehabt verloren, weil wir uns nicht trauen! Weil wir gerade Single sind oder in einer neuen Stadt wohnen, deren Bewohner unsere Nummer nicht haben. Weil die Freunde im Urlaub sind, oder weil wir uns einreden, dass wir ja eh irgendwie müde sind und die Netflix-Gebühr sich ja auch mal lohnen soll. Dabei ist Alleinsein nicht schlimm – und wird schon gar nicht dadurch schlimmer, dass wir etwas mit uns selbst unternehmen. Wer alleine ausgeht, kann nur gewinnen. Und wer sich trotzdem nicht traut, kann ja Block und Kugelschreiber mitnehmen.