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22. Januar 2004
NBC Next Generation Die Zukunft des deutschen Fernsehens kann man – Satellitenempfang vorausgesetzt – gerade auf dem US-Kanal NBC sehen. Dort läuft seit einer Woche die Erfolgsshow „The Apprentice”, der Lehrling also. Wieder Reality-TV, wieder ein Wettkampf, wieder eine Insel, allerdings nicht in den Tropen, sondern viel brutaler: in Manhattan. Sechszehn Business-Class-Kandidaten bewerben sich um einen Job bei Pop-Milliardär Donald Trump. Jahresgehalt: 250 000 Dollar. Egogewinn durch Bildschirmpräsenz: Unbezahlbar. Auf der NBC-Webseite steht: „Unsere Kandidaten werden den Wölfen der New Yorker Geschäftswelt ausgeliefert. Im Konzerndschungel geht es ums Überleben.“ Wenn es ums Überleben geht, dann ist der Tod eine Möglichkeit. Während sich katholische TV-Junkies in Deutschland noch über den Dschungel-Karneval erregen, ist man in den USA schon wieder einen Schritt weiter. „Fear Factor“ heißt eine Sendung, in der die Kandidaten 30 Meter über dem Boden Balanceübungen ausführen und zum Abendbrot Würmer, Rinderaugen und Fäkalien essen. Als Gewinn winken 50 000 Dollar. „Fear Factor“ ist ein neues Statement über die Käuflichkeit der Menschen. Aber von gewahrter Würde kann man nicht abbeißen. Einfach kein Return of Investment. Zu sehen ab März bei RTL. Und auch auf „The Apprentice“ wird man wohl nicht lange warten müssen. Nur gibt es in Deutschland leider kein Äquivalent zu „The Donald“, wie Trump in den USA genannt wird. Er ist die Cartoon-Figur der Geschäftswelt, die perfekte Besetzung für eine Show, die sich als „dreizehn Wochen langes Vorstellungsgespräch“ definiert. Die Kandidaten müssen Limonade auf den New Yorker Straßen verkaufen oder eine Werbekampagne für einen Privatjet entwerfen. Aber eigentlich ist die ganze Show, präsentiert von DaimlerChrysler, eine einzige Werbekampagne für die Großindustrie. Die Slogans lauten: „Failure is not an option. No place like the top. I am a trained killer – in business.“ Während Wirtschaftsbosse in den USA und Düsseldorf wegen Korruption und Unterschlagung vor Gericht stehen, wirbt Donald Trump für die neue Rücksichtslosigkeit: „Ich bin der Meister und möchte mein Wissen weitergeben.“ Und das lautet zusammengefasst: „Wenn dir einer quer kommt, zahl' es ihm doppelt heim.“ In „The Apprentice“ lacht das Publikum nicht mehr über arbeitslose Automechaniker oder ausgebildete Medien-Clowns, sondern über Manager mit Harvard-Diplom. Und auch in Deutschland sucht man für die nächste Staffel von „Big Brother“ noch „Kandidaten mit Hochschulabschluss“. Die haben schließlich auch keinen Job. Der Trend: Darwins Gesetze von der natürlichen Auslese werden nicht länger in fiktionalen Ausnahmesituationen dramatisiert, sondern ganz ehrlich in den Geschäftsalltag integriert. Das ist die Zukunft. Bald im Fernsehen: Das Deathmatch um den letzten Arbeitsplatz.