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Queere Community, wie wollt ihr genannt werden?

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Liebe queere Community,

diese Frage startet quasi schon mit der Anrede, denn über diese Anrede habe ich eine Weile nachgedacht. Ich habe es mir jetzt leicht gemacht und einfach „queer“ geschrieben. Damit sollen alle angesprochen werden, die sich der queeren Community zugehörig fühlen: homosexuelle Menschen, Asexuelle, trans und non-binäre Personen und bisexuelle Menschen, um nur wenige Beispiele zu nennen.

Ich hätte aber auch LGBT, LGBTQ, LGBTQ*, LGBTQ+ oder LGBTI schreiben können – um nur eine Auswahl an Buchstabenkombinationen zu nennen. Und diese vielen Möglichkeiten sind selbst für Menschen, die sich mit gendergerechter Sprache auseinandersetzen und gern alles richtig machen wollen, manchmal verwirrend. Denn viele haben das Gefühl, dass es unendlich viele Bezeichnungsmöglichkeiten für die queere Community gibt, die sich nur minimal unterscheiden. Oder wissen gar nicht genau, wofür diese vielen Großbuchstaben eigentlich stehen. 

Gibt es einen Konsens in der queeren Community?

Gibt es da einen Konsens in der queeren Community – oder verwenden verschiedene Gruppen verschiedene Kombinationen? Ist jedem*r am wichtigsten, dass der Buchstabe, der für die eigene Gruppe steht, dabei ist? Oder ist alles einfacher, wenn man man all die Großbuchstaben beiseite lässt und einfach von der „queeren Community“ spricht? Und: Wie wichtig ist euch die für euch richtige Bezeichnung? 

Alles Liebe  

eure nicht-queeren Menschen

Die Antwort:  

Liebe nicht-queere Menschen,

was ist, wenn ich euch verrate, dass sich diese Frage auch Menschen innerhalb unserer Community stellen?

Versuchen wir mal, uns Überblick über diesen Buchstabensalat zu verschaffen und fangen wir mal mit „queer“ an: Was bedeutet das eigentlich? Queer sind Menschen, die sich nicht mit der heteronormativen Norm und deren Geschlechterrollen identifizieren. Das Wort ist ebenfalls ein Synonym für schräg, schief oder seltsam. Und war mal ein Schimpfwort: Früher haben Menschen es auch abwertend verwendet, um Homosexuelle zu bezeichnen. Das hat sich im Laufe der 80er und 90er Jahre geändert. Besonders trans Menschen und queere People of Color prägten diesen Begriff. Jetzt ist „queer“ ein Trotzwort, das größtenteils positiv konnotiert ist. 

„Queer“ ist ein Label, das mich repräsentiert, aber nicht einengt 

Es gibt innerhalb der Community aber auch heute noch Menschen, die das Wort queer ablehnen. Auch ich konnte damit anfangs nicht viel anfangen, ich habe mich nicht damit identifiziert. Dabei bin ich queer: Ich werde zwar weiblich gelesen, sehe mich selbst aber als non-binär, und auch meine sexuelle Orientierung ist nicht auf ein bestimmtes Geschlecht beschränkt. Mit der Zeit habe ich dann gemerkt, wie cool „queer“ eigentlich ist. Es ist ein Begriff, der mich repräsentiert, aber nicht einengt. 

„Queer“ ist wie ein Label, das ich mir mit einem Edding aufmale, der sehr gut lesbar ist – aber nicht unauslöschlich wasserfest. Wenn ich sage, dass ich queer bin, muss ich mich nicht einem bestimmten Buchstaben in einer Kette aus Großbuchstaben zuordnen und das finde ich toll. 

Doch nicht alle sehen das so wie ich. Eine lesbische Freundin von mir benutzt nie das Wort queer, um ihre sexuelle Orientierung zu beschreiben. Sie sagt, sie sei eine cis Frau, die auf andere Frauen stehe und somit lesbisch sei und nicht queer. Sie benutzt das Wort „lesbisch“ auch deswegen ganz bewusst, weil die Begriffe „schwul“ und „lesbisch“ heutzutage teils immer noch negativ konnotiert sind – auch weil „schwul“ noch oft als Schimpfwort verwendet wird. Gerade gibt es deshalb den Trend, dass sich Menschen ganz bewusst selbst als Schwule und Lesben bezeichnen, genau wie es auch beim Wort „queer“ passiert ist. Sich selbst mit Begriffen zu empowern, die einst als Beleidigung gegen uns verwendet wurden – irgendwo ein kleiner, revolutionärer Akt! 

Am Ende bleibt aber zusammenfassend zu sagen: Wie jemand bezeichnet werden will, ist sehr individuell. Selbst wenn ich es bevorzuge, „queere Community“ zu sagen, muss ich mich daran erinnern, dass nicht jede*r sich mit dem Begriff identifiziert. Vielleicht ist also LGBTQIA+ doch die momentan beste Lösung?


Liebe Grüße

eure Queers 

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