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Querfrage: Hetero-Frauen, habt ihr Angst, dass wir euch unter der Dusche abchecken?
Liebe Hetero-Frauen,
ich hab’ mit euch geduscht. Nach dem Sport vor einigen Wochen, und das klingt jetzt unglaublich, aber: Es war eine Premiere. Das ist auch der Grund, warum ich 23 Jahre alt werden musste, um mir diese Frage zu stellen, nämlich: Habt ihr eigentlich Angst davor, dass wir euch unter der Dusche abchecken?
Früher konnte ich mich im Dorf-Sportverein jahrelang vor der Gemeinschaftsdusche drücken. Dass ich auf Frauen stehe, davon hatte ich damals keine Ahnung. Mit dem Umzug in die Stadt schlich sich Klarheit über meine Sexualität ein, aber auch der urbane Verlust der Sportambitionen. Das heißt: Ich joggte zwei Mal und stieg dann auf Walken um, sehr langsam und ohne Stöcke und meistens Richtung Bars, wo ich Frauen traf. Mehr als zwei waren wir nie unter der Dusche. Bis ich merkte, dass das Bier meinen Bauch, sagen wir, verändert hatte. Die Mail an den Sportverein war eine halbe Stunde später draußen.
Fühlt ihr euch betrogen, wenn ihr erfahrt, dass Lesben mit euch geduscht haben?
Ich stand nach dem Training erst ganz unbedarft neben den anderen unter der Brause. Doch als ich mich umsah, umgeben von nackten Frauen, die sich in aller Vertrautheit beim Einseifen unterhielten, schlich sich dieses merkwürdige Gefühl ein. Ein Misstrauen mir selbst gegenüber. War ich gerade der Wolf im Schafspelz? Checkte ich die ahnungslosen, schutzlosen Schafe heimlich aus?
Tatsächlich tat ich das nicht. Ich finde wenige Körper spannend, brauche echte Verbindung, um zu begehren, und zudem habe ich Anstand. Warum also die Selbstanschuldigung? Ich glaube, es war eine Art vorsorgliche Angst. Nämlich davor, dass ihr mir das unterstellen könntet.
Und ich frage mich, liebe Hetero-Frauen, wie gerechtfertigt das denn war? Habe ich euch zu viel unterstellt? Fühlt ihr euch betrogen, wenn ihr erfahrt, dass wir mit euch geduscht haben? Empfindet ihr ein nachträgliches Unwohlsein? Und wenn ihr unter der Dusche steht und wisst, dass da auch lesbische Frauen mit euch stehen: Fühlt ihr euch bespannt?
Bitte gebt uns doch ein wenig Durchblick, wir haben noch so viel Schaum im Auge.
Eure Lesben
Die Antwort:
Liebe Lesben,
das Wichtigste zuerst: Das Problem der wandernden Blicke betrifft uns alle. Ich persönlich dusche am liebsten daheim, denn da muss ich nicht darauf achten, wo ich hinschaue und ob ich damit vielleicht irgendwen verunsichere. In einer Gemeinschaftsdusche hat jede Frau ihre eigene Strategie: Manche von uns starren eine bestimmte Kachel an, einige versuchen lässig, die Nachbarin anzulächeln und andere drehen den Mitduschenden den Rücken zu. Doch manchmal bleibt der Blick trotzdem eine Sekunde zu lang an irgendeiner fremden Körperstelle hängen. Das passiert eben.
Vielen Männern geht es übrigens genauso: Sucht man das Wort „Gemeinschaftsduschen“ im Internet, findet man sehr schnell ein Forum, in dem sich Typen fragen, wie sie sich in der Vereinsdusche am besten verhalten sollen. Dort heißt es dann schlicht: Einfach ausziehen, einseifen, abspülen, fertig. Und: Nicht den Intimbereich anderer anstarren. Aber das ist ja eigentlich eh klar.
Angenehm stelle ich es mir nicht vor, von euch abgecheckt zu werden
Um ehrlich zu sein, habe ich bisher noch nie darüber nachgedacht, ob die Frau neben mir lesbisch sein könnte und ob sie mich gerade irgendwie besonders anguckt. Ich glaube, das geht den meisten Hetero-Frauen so. Und selbst jetzt, da ich darüber nachdenke, habe ich keine Angst davor. Ich habe nämlich nur Angst vor Blicken, wenn ich mich durch den Menschen, der da guckt, in irgendeiner Form bedroht fühle. Wenn er nicht ins Szenario passt. Das ist aber nicht der Fall, wenn ihr neben mir in einer Dusche steht, die für alle Frauen da ist – unabhängig ihrer sexuellen Orientierung. Angenehm stelle ich mir zu lange Blicke beim Duschen zwar nicht vor. Aber das liegt daran, dass kaum jemand es richtig cool findet, so nackt und schutzlos von fremden Menschen betrachtet zu werden.
Anders wäre es, wenn mich in einer Gemeinschaftsdusche ein Mann abchecken würde. Denn von fremden Männer, so haben das uns Frauen ja schon unsere Eltern beigebracht, geht häufiger eine Gefahr aus. Denn sie begehen häufiger sexualisierte Gewalttaten gegen uns, das ist statistisch bewiesener Fakt. Ich käme mir also vermutlich wirklich bespannt und irgendwie ausgeliefert vor. Bei Frauen ist das nicht so – egal, ob sie lesbisch oder hetero sind.
In diesem Sinne: Wir sehen uns unter der Dusche!
Eure Hetero-Frauen