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Praktikum als Fernsehreporter

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Ich liebe Nachrichtensendungen, seit ich ein Bewusstsein habe, also etwa seit meinem vierten Lebensjahr. Gemeinsam mit den Eltern Heute oder Rundschau anschauen, das gehörte quasi zum täglichen Bedarf wie Süßigkeiten oder Zeichentrickserien. Das ging sogar so weit, dass ich im Alter von 12 Jahren mit der väterlichen Videokamera einmal meine eigenen Nachrichten produzierte. Mit Wetterkarte und allem, was so dazugehört. Jetzt wollte ich testen, ob mir die Arbeit bei einer richtigen Nachrichtensendung auch liegt. In den Printmedien habe ich bereits ein paar Erfahrungen gesammelt, doch Fernsehen war absolutes Neuland für mich. Da lag es nahe, sich beim Bayerischen Fernsehen zu bewerben. Schließlich ist es der einzige deutsche Sender, bei dem Hospitanten in einem siebentägigen Einführungskurs die Grundlagen des Fernsehjournalismus vermittelt werden. So vorbereitet fühlte ich mich für meine Zeit bei der Rundschau ganz gut gerüstet. Außerdem hatte ich mich durch den Kurs schon ein wenig mit den Örtlichkeiten im BR-Fernsehgelände Freimann vertraut gemacht. Trotzdem gab es noch viel zu entdecken. So galt es herauszufinden, was es mit Begriffen wie MAZ, SNG oder Nif-Bilder auf sich hat. Welche BR-Orte gemeint sind, wenn vom Pentagon oder von der Schwimmhalle die Rede ist. Was zu beachten ist, wenn man für einen Redakteur einer anderen ARD-Anstalt Bilder oder O-Töne zuliefert, die elektronisch überspielt werden müssen. Am wichtigsten bei allem, was mit Fernsehen zusammenhängt, ist Organisation. Gemerkt habe ich das vor allem dann, wenn ich Co-Autor bzw. alleiniger Autor eines Beitrags war. Besuch bei Claudia Roth Denn bis zum fertigen Fernsehbeitrag muss man viele Dinge berücksichtigen. Kamerateam und Schneideraum buchen, geeignete Drehorte ausfindig machen, Drehgenehmigung und Interviewpartner organisieren, bei Bedarf Archivmaterial bestellen, Zeit zum Texten und für die Sprachaufnahme einkalkulieren – kurzum: Man muss ein ganzes Bündel an Aufgaben bewerkstelligen. Und klappt irgendetwas nicht, kann man ganz schön ins Rödeln geraten und gerade die Technik spielt einem des Öfteren mal einen Streich. Ebenso wichtig wie ein gutes Selbstmanagement sind Kommunikation und Teamwork. Es wird zwar gepredigt, dass diese „soft skills“ oder „Schlüsselqualifikationen“ heutzutage überall im Berufsleben gefragt sind, aber beim Fernsehen sind diese Eigenschaften mehr als anderswo absolut überlebensnotwendig. Wer engagiert und offen ist, kann gerade in einem tagesaktuellen Praktikum wie bei der Rundschau vielfältige journalistische Aufgaben übernehmen. Von Recherchen, über O-Töne einholen bis zum eigenen gesendeten Beitrag ist alles möglich. Schien mir Letzteres anfangs noch utopisch, so blicke ich nun stolz auf zwei kurze und einen längeren eigenen Beitrag sowie zwei Werke, bei denen ich Co-Autor war. Zwei Beiträge habe ich sogar selber vertonen dürfen, denn bei der Rundschau ist es üblich, dass die meisten Autoren auch selbst sprechen. Zudem habe ich ganz unterschiedliche Menschen für einen O-Ton interviewt: Politiker, Künstler, Pressesprecher, so genannte Experten, Betroffene und zig Passanten, deren Aussagen man im Fernsehjargon als Vox pops bezeichnet. Mitunter erlebt man gerade dabei als Nachwuchsreporter recht amüsante Dinge. So fuhr ich mit einem Kamerateam einmal in das schwäbische Babenhausen, wo wir mit Claudia Roth im Haus ihrer Schwester verabredet waren. Es war schon recht spät und der O-Ton von Frau Roth sollte in der Tagesschau um 20 Uhr gesendet werden. Viel Zeit zum Plaudern blieb also nicht. Als wir das Frau Roth mitteilten, war sie ein wenig enttäuscht. Schließlich hätte sie doch so gerne was für uns gekocht. Als Entschädigung für das ausgefallene Abendessen gab es immerhin eine Packung „Merci“ sowie selbstgebackene Plätzchen. Auf das uns ebenfalls offerierte Bier verzichteten wir allerdings. Schließlich waren wir ja noch im Dienst.

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