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Mitarbeitende beim Lieferdienst „Gorillas“ streiken

Gorillas-Mitarbeiter*innen streiken für bessere Arbeitsbedingungen.
Foto: gorillasworkers

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Das Versprechen von „Gorillas“ ist ambitioniert: Nur zehn Minuten sollen von der Bestellung bis zur Lieferung von Lebensmitteln bei dem Berliner Start-up vergehen. Doch was bedeutet dieses enge Zeitfenster für die Fahrradkurier*innen? Kritik an schlechten Arbeitsbedingungen gab es bereits vorher, doch nun brachte die Entlassung eines Mitarbeiters das Fass wohl zum Überlaufen. Das „Gorillas Workers Collective“ – eine Gruppe von Mitarbeiter*innen des Start-ups – blockiert seit Mittwochabend mehrere Berliner Lagerhäuser von „Gorillas“ und rief zum Streik auf. 

Bunte Pappschilder und ein Banner mit der Aufschrift: „We want Santi back! No termination without warnings! No more Probezeit!“ wurden Donnerstagmittag in Berlin in die Kameras gehalten. Auslöser für die Proteste war die Entlassung des „Gorillas“-Mitarbeiter Santiago – Angaben der Protestierenden zufolge sei er lediglich einmal zu spät zur Arbeit erschienen. Das Unternehmen schreibt in einem Statement per Mail, die Gründe für die Entlassung seien „ausschließlich verhaltensbedingt“.

Ein Mitglied des „Gorillas Workers Collective“, das seinen Namen lieber nicht nennen möchte, erzählt im Gespräch mit jetzt, dass die Gruppe bereits am Mittwochabend spontan zum Streik aufgerufen hätte. Später blockierten die Streikenden noch ein weiteres Lager des Unternehmens, indem sie die Türen mit den Elektrofahrrädern versperrten, die sie sonst zur Auslieferung der bestellten Lebensmittel nutzen.  Das Unternehmen schreibt dazu: „Gorillas kümmert sich aktiv um einen sachlichen Dialog mit der Mitarbeitergruppe und eine Deeskalation der Lage vor Ort.“ Der Vertreter des „Gorillas Workers Collective“ sagt das Gegenteil. Laut ihm habe die Geschäftsführung keinen Dialog angestrebt und stattdessen die Polizei gerufen. 

Es geht den Mitarbeiter*innen um tiefergehende Probleme im Unternehmen, sagen sie 

Neben der Wiedereinstellung Santiagos fordert der 27-jährige Vertreter des „Gorillas Workers Collective“ ein Warnsystem: „Kuriere können natürlich Fehler machen, aber man sollte vor einer Entlassung erst einmal eine Verwarnung bekommen.“ Es gehe den Mitarbeiter*innen nicht nur um den Fall „Santiago“, sondern auch um tieferliegende Probleme. „Im Winter haben wir schon einmal gestreikt, weil Gorillas nicht für angemessene Arbeitskleidung und das Equipment für das Radfahren auf vereisten Straßen gesorgt hat.“ Unter anderem wird von Mitarbeiter*innen über Zeitdruck und die schwere Last vieler Lieferungen geklagt. 

Er nennt die Kündigung Santiagos außerdem „einen Vergeltungsschlag“, denn erst vergangene Woche organisierte die Gruppe eine Mitarbeiter*innenversammlung, um einen Betriebsrat gründen zu können. Der soll dafür sorgen, dass die Kritik der Arbeitnehmer*innen beim Management Gehör findet und sich Arbeitsbedingungen verbessern. Bei der Versammlung kamen es laut Manager Magazin zu Auseinandersetzungen zwischen den Organisatoren und dem Management.

Zudem fordert die Gruppe, das System der Probemonate zu ändern. Das Gorillas-Workers-Mitglied erklärte, dass die meisten Kuriere und Kurierinnen einen Vertrag bekämen, der auf ein Jahr befristet sei und sechs Monate Probezeit beinhalte. Das sorge für große Unsicherheit unter den Arbeitnehmer*innen. Sechs Monate sind laut Gesetz das Maximum für eine Probezeit und können vertraglich vereinbart werden.  

Der Lieferdienst betont im schriftlichen Statement, dass man „bewusst kein Teil der Gig-Economy“ sein möchte, sprich: Dass man Mitarbeiter*innen, anders als viele andere Onlineplattformen, festanstelle und ihnen so Krankenversicherung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Aufstiegsmöglichkeiten und ein sicheres Einkommen biete. 

Nachdem das Unternehmen im März 2020 gegründet wurde, hatte es zuletzt schon mehr als 245 Millionen Euro eingesammelt und ist damit laut Manager Magazin eines der bestfinanzierten Start-ups in Deutschland. Der Fokus liegt nun darauf, in weitere europäische Länder zu expandieren und sich gegen Konkurrenten wie Flink, Bringoo sowie gegen Rewe und Edeka durchzusetzen. 

sagr

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