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Zwickau: Warum Jakob eine Gedenkminute für NSU-Opfer Enver Simsek organisierte
In der vergangenen Woche sind in Zwickau zwei Denkmäler, die an Enver Şimşek erinnern, geschändet worden. Şimşek war das erste Mordopfer der neonazistischen Terrorgruppe NSU. Erst wurde ein kleiner Gedenkbaum umgesägt. Dann wurde eine Bank, die ebenfalls an den zweifachen Vater erinnerte, zerstört. Diesen Ausdruck des Hasses wollte der 17-jährige Jakob so nicht stehen lassen. Gemeinsam mit seinem Mitschülern organisierte der Zwickauer am Wochenende eine Gedenkminute an dem umgesägten Bäumchen. Hier erzählt er, was die Idee dahinter war und wie Rechtsextreme in der Stadt versuchen, Menschen einzuschüchtern, die sich gegen Rassimus engagieren.
jetzt: Jakob, wie kam es zu dieser Gedenkminute am vergangenen Montag?
Jakob: Am Sonntagabend kam mir die Idee dazu. Ich wollte ein Zeichen setzen. Viele meiner Mitschüler hatten mir auch von sich aus geschrieben, dass es einfach nicht in Ordnung ist, was da passiert ist und dass Zwickau immer nur im Zusammenhang mit braunem Gedankengut in den Nachrichten ist. Wir wollten es einfach nicht zulassen, dass in Zwickau die Nazis das Sagen haben.
Insgesamt waren rund 100 Menschen da. Wart ihr alle von derselben Schule?
Meine Schule, das Peter-Breuer-Gymnasium, liegt direkt neben dem Denkmal. Deswegen waren am Montag vor allem Leute von uns da.
Was habt ihr genau gemacht?
Wir sind zusammen zu dem Gedenkbaum gelaufen, wo die Geschichte und das Leben von Enver Şimşek vorgelesen wurde, und auch wie er von den Nazis umgebracht wurde. Danach gab es die Gedenkminute und anschließend habe ich noch ein paar Worte gesagt.
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Gibt es denn in Zwickau so ein massives Problem mit Rechtsextremismus?
Klar, das gibt es. Gerade die rechtsextreme Partei der „Dritte Weg“ ist hier relativ stark vertreten. Insofern hat mich die Denkmalschändung leider nicht überrascht. Aber es ist schon schwer vorstellbar, wie bösartig man sein muss, um so etwas zu tun. Nicht nur den Baum umzuschneiden, sondern dann weiterzumachen und auch noch diese Bank zu zerstören. Das zeigt einfach, was das für Leute sind. Aber es gibt auch sehr viele andere Initiativen, die sich gegen rechts einsetzen. Wir sind bunt. Und das haben wir bei dieser Gedenkminute auch ganz gut zum Ausdruck gebracht.
Jakob protestiert friedlich für Klimaschutz – aber auch für das Gedenken an Opfer des NSU.
Hast du persönlich Erfahrungen mit Rechtsextremen gemacht?
Gerade weil ich mich in Zwickau für Fridays For Future engagiere, habe ich stark mitbekommen, dass es hier Nazis gibt. Die sind schon öfter auf den Demos auf Schüler*innen losgegangen. Bei der letzten FFF-Demo haben Rechte alle Teilnehmer gefilmt, haben unsere Boxen ausgeschaltet, kamen, trotz eines Platzverweises, mit einem Auto und haben den Motor laufen lassen. Die versuchen gezielt, die Leute zu attackieren, die sich gegen Nazis einsetzen. Bei mir persönlich drückt sich das vor allem so aus, dass ich regelmäßig angepöbelt und angespuckt werde, oder, wenn ich in den Club gehe, plötzlich rumgeschubst werde.
Macht dir das Angst?
Ich muss zugeben, dass ich schon ein bisschen Angst habe, wenn ich alleine auf der Straße unterwegs bin, gerade wenn es dunkel ist. Ich achte mittlerweile darauf, dass ich beispielsweise abends nicht alleine vom Club nach Hause gehe. Aber es stehen so viele Leute hinter mir: Fridays For Future, das Bündnis, das Bündnis Für weniger Angst, und auch so Freund*innen und Schüler*innen, die Stellung beziehen. Die mir sagen, dass sie für mich da sind. Das gibt mir Kraft und den Ansporn weiterzumachen.
Haben die Erfahrungen von Fridays For Future geholfen, auch diese Gedenkminute so schnell zu organisieren?
Fridays For Future hat die Schüler*innen allgemein politisiert. Wir sind sensibler für andere Themen geworden. Auch dadurch, dass wir von Nazis und Rechten mehrfach angegriffen wurden. Daher kam die Sensibilität, dass es gerade in Zwickau wichtig ist, ein Zeichen zu setzen und dagegen zu halten. Aber es kamen auch Leute abseits von FFF zu der Gedenkminute.
Am Montag habt ihr für den Freitag eine zweite Demo angekündigt. Wie soll die aussehen?
Wir mobilisieren gerade andere Schulen, hoffen, dass die Stadträte und die Politik auch kommen. Es soll ein breites Zeichen werden, das durch alle Bündnisse, durch alle Generationen geht. Von jung bis alt. Wir müssen zeigen: Zwickau ist keine Nazistadt.