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Warum das Video über Christian Lindner von 1997 ihm mehr hilft als schadet
Christian Lindner gilt derzeit als der wahrscheinlich schönste Politiker Deutschlands. Täglich sehen wir ihn auf den großen Wahlplakaten der FDP: Als wären die Fotos nur zufällig geschossen, lehnt er lässig an einer weißen Wand und senkt seinen harmlosen Hundeblick. Denn Lindner hat das Internet verstanden und folgt offenbar dem „plandid“-Instagram-Trend.
Die Inszenierung scheint perfekt, er dabei aalglatt. Das einzige, was Nahbarkeit suggerieren könnte, ist das fehlende Sakko – und selbst das taucht auf anderen Plakaten wieder auf. Sogar wie geschmeidig er es anzieht, ist dokumentiert – als Bebilderung für den Wahlspruch: „Nichtstun ist Machtmissbrauch.“ Dem kann offensichtlich nur Lindner ein Ende bereiten – indem er in sein Sakko schlüpft.
Gleichzeitig ist die ständige Inszenierung als Vorzeige-Politiker mit Modelqualitäten ein Problem für Lindner. Denn die Wähler wollen tiefer gucken dürfen, als nur bis auf die Oberfläche.
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Angesichts dieser Tatsache konnte Lindner nichts Besseres passieren, als das Auftauchen eines lange vergessenen Videos, das gerade von sämtlichen deutschen Medien zerkaut wird. Es zeigt den 18-jährigen Christian Lindner zu Schulzeiten in einer Sendung der Deutschen Welle. In dem von Stern TV veröffentlichten Clip spielt Lindner sich zusammen mit einem Kumpel auf, als wäre er bereits CEO eines Weltkonzerns. Das Video sagt dem Zuschauer: „Hallo, ich bin Christian Lindner von 1997 und gerade noch ein ahnungsloser Teenager.“
Da ist im Grunde alles drin, was Lindner jetzt braucht:
- Sein jüngeres, noch nahbares Selbst: ein pickeliger junger Mann in schrulligem Anzug mit stacheligem Haar und Kuhkrawatte, der zärtliche Muttergefühle weckt.
- Weisheiten wie 'Probleme sind nur dornige Chancen.' Sowas teilen wir doch heute immer noch auf Facebook!
- Die 90er! Die machen uns schon seit Jahren nostalgisch. Die schlechte Auflösung, die alten Autos und Telefonhörer – die ganze Umgebung wäre auch ohne ihren Protagonisten zum Liebhaben.
Christian Lindner sorgt seit Mittwoch also nicht nur für gute Unterhaltung, er ist auch als Mensch enttarnt. Dass viele Deutsche diese Seite an ihm wohl schon länger hätten sehen wollen, merkt man, wenn man „Christian Lindner“ bei Google eingibt. Dann werden nämlich zusätzliche Begriffe vorgeschlagen, die so schon gesucht wurden. Und da stehen dann nicht: „Christian Lindner Wahl“ oder „Christian Lindner FDP“. Da stehen: „Christian Lindner Frau“ und „Christian Lindner Kinder“. Und jetzt eben auch „Christian Lindner 1997“.
Dass die Wähler den Politiker Lindner auch als Privatmenschen kennenlernen wollen, ist verständlich: Schließlich richtet sich seine Partei, die FDP, im Wahlkampf fast vollständig auf die Präsentation seiner Person aus. Dass ihm und der FDP dieses eigentlich peinliche Video deshalb gut tun wird, scheint Lindner bereits verstanden zu haben. Immerhin hat er selbst den Stern-TV-Zusammenschnitt des Videos auf seiner Facebookseite geteilt.
So kann man sich am Ende sogar die Frage stellen, ob das Auftauchen des Videos vielleicht genau so wenig zufällig zustande kam, wie die Fotos auf den Wahlplakaten. Geholfen hat der Clip ihm schließlich jetzt schon. Denn immerhin bringt es ihn und seine Partei ins Gespräch und damit auch in die Köpfe der Wähler.