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Amerikaner*innen fordern Abgeordnete auf, sich gegen Trump zu positionieren

Donald Trumps Tweet vom Sonntag richtete sich unter anderem gegen die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez.
Foto: AP/Susan Walsh

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Donald Trump ist im Wahlkampfmodus und seine Strategie wurde an diesem Wochenende noch einmal besonders deutlich: seiner überwiegend weiße Anhängerschaft dieselben Versprechen machen wie schon 2015 und 2016. Eines davon ist der Kampf gegen Migration durch Grenzsicherung und Abschiebungen, den Trump gerne in populistische Hetze verpackt. So auch in einem Tweet vom Sonntag: Der Präsident schrieb, dass demokratische Abgeordnete, „die ursprünglich aus Ländern kommen, deren Regierungen eine absolute Katastrophe sind“, den USA, „der großartigsten und mächtigsten Nation der Welt“, nicht zu sagen hätten, wie sie zu regieren sei. Stattdessen sollten sie doch „zurückgehen und dabei helfen, die total kaputten und von Verbrechen verseuchten Orte, aus denen sie kommen, zu reparieren“. 

Trump nannte keine Namen, aber da er explizit von „Democrat Congresswomen“ schrieb, war leicht zu erkennen, wen er damit meinte: Alexandria Ocasio-Cortez, Ayanna Pressley, Rashida Tlaib und Ilhan Omar. Die vier sind allerdings allesamt Amerikanerinnen, drei von ihnen sogar gebürtig. Ilhan Omar kam in Somalia zur Welt, ist aber schon 1992 als Kind mit ihrer Familie eingewandert und hat seit fast 20 Jahren einen amerikanischen Pass. Wenn man es genau nimmt, dann meint Trump mit dem „kaputten und von Verbrechen verseuchten Ort“, den die Frauen bitte reparieren sollen, also die Vereinigten Staaten von Amerika.

Weil es mittlerweile schon Tradition hat, Kämpfe mit dem Präsidenten auf seiner Lieblingsplattform Twitter auszufechten, hat sich dort natürlich schnell Widerstand geregt. Alexandria Ocasio-Cortez etwa antwortete, sie sei Amerikanerin, und kritisierte Trump für seine Einwanderungspolitik:

Elizabeth Warren, Senatorin aus Massachusetts und Bewerberin um die demokratische Präsidentschaftskandidatur, verurteilte Trumps Tweet als „rassistischen und fremdenfeindlichen Angriff“:

Ähnlich äußerte sich Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses:

Und Eric Swalwell, demokratischer Abgeordneter aus Kalifornien, reagierte mit einer simplen, aber eindeutigen Nachricht an die angegriffenen Frauen:

Genau solche Ansagen wünschen sich anscheinend viele Menschen, denn seit Montagmorgen mitteleuropäischer Zeit – und damit mitten in der amerikanischen Nacht – trendet auf Twitter der Hashtag #SilenceEqualsCompliance, also „Schweigen heißt Zustimmung“. Einer der ersten, der ihn nutzte, war Fred Guttenberg, der Vater einer beim Amoklauf von Parkland erschossenen Schülerin. Nachdem bereits einige Abgeordnete, Senator*innen und Bewerber*innen um die Präsidentschaftskandidatur auf Trumps Tweet reagiert hatten, forderte Guttenberg nun auch alle anderen Politiker*innen dazu auf, da dies ihre Pflicht sei. Und er bat seine Follower*innen, den Hashtag viral gehen zu lassen, damit möglichst viele Politiker*innen in Washington ihn entdecken und nutzen.

Dieser Bitte kamen viele Nutzer*innen nach:

Viele Tweets enthielten statt einer konkreten Aufforderung auch Kritik an Abgeordneten, die sich bisher nicht geäußert haben:

Es war sicher kein Zufall, dass Trump seinen Tweet an einem Wochenende schrieb, an dem er voll und ganz auf Breitseite gegen Immigrant*innen setzte. Schon am Freitag hatte er für Sonntag groß angelegte Razzien gegen Menschen angekündigt, die ohne Aufenthaltserlaubnis in den USA leben. Dagegen regte sich schnell Protest: Bürgermeister*innen mehrerer Städte kündigten an, nicht mit Polizei und Einwanderungsbehörde zu kooperieren, Kirchen und Synagogen boten Menschen Zuflucht und Schutz an, in Chicago, Phoenix und weiteren Städten fanden Demonstrationen statt. Die Razzien fielen dann vorerst kleiner aus als angekündigt – aber Trump hat sein Ziel dennoch erreicht: Migrant*innen in Angst und Schrecken zu versetzen und von seinen Anhänger*innen bejubelt zu werden. 

Auch, dass er Demokrat*innen und progressive Amerikaner*innen gegen sich aufgebracht hat, war sicher einkalkuliert, sowohl bei der Ankündigung der Razzien als auch bei seinem Tweet gegen die Abgeordneten. Aber #SilenceEqualsCompliance macht deutlich, dass viele von ihnen der Meinung sind, dass Ignorieren nicht die richtige Antwort darauf ist. Bisher (Stand 15 Uhr MEZ) haben zwar nur wenige Abgeordnete und Senator*innen in Washington auf den Hashtag und die Aufforderungen ihrer Wähler*innen reagiert – aber der Tag an der US-Ostküste hat ja auch gerade erst begonnen. Fred Guttenberg jedenfalls hat seinen Aufruf gerade noch einmal erneuert, damit er die Verantwortlichen erreicht, wenn sie in ihre Arbeitswoche starten:

nasch

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