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Seelische Unterstützung aus Kanada

Warme Umarmung der Nachbar*innen gefällig?
Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Kanada gilt vielen Menschen als die nettere Variante der USA: weniger Waffen und Skandale, höflichere Menschen, seriösere Politiker*innen, besseres Sozialsystem. Natürlich ist ein großer Teil davon Klischee, denn auch Kanada ist nicht das Toleranz-und-Wohlfühl-Paradies auf Erden.

Aber vor allem die US-Amerikaner*innen blicken trotzdem oft mit sanftem Erstaunen auf ihre Nachbar*innen im Norden.

Kein Wunder also, dass während der Präsidentschaftswahl 2016, als Donald Trumps Sieg sich immer deutlicher abzeichnete, die Webseite der kanadischen Einwanderungsbehörde zusammenbrach und auf Google sehr oft nach „move to Canada“ gesucht wurde. 

Auch in diesem Jahr haben es die US-Amerikaner*innen nicht leicht: Das Ergebnis wird knapper als gedacht, Joe Biden führt aktuell, aber die Auszählungen dauern an. Trump erklärte sich zwischenzeitlich – und ohne jede Grundlage – sogar schon zum Wahlsieger und kündigte an, die Auszählung in einigen Staaten vom Supreme Court stoppen lassen zu wollen. Die nördlichen Nachbarn strecken darum seit Stunden helfende, tröstende Hände aus – und bieten sich denen, die sich eine Abwahl Trumps wünschen, als „Emotional Support Canadians“ an.

Der Begriff lehnt sich an die „Emotional Support Animals“ an, also Therapie- oder Assistenz-Tiere für Menschen mit Behinderung oder einer psychischen Erkrankung (nicht zu verwechseln mit den offiziellen und dafür ausgebildeten „Service Animals“). Und weil diese Tiere – meist sind es Hunde oder Katzen – natürlich oft sehr süß sind, sind auch die Bilder, mit denen die „Emotional Support Canadians“ ihre Unterstützung (oder die ihrer Haustiere) anbieten, entsprechend niedlich.

Manche posten auch einfach nur beruhigende Fotos von der stillen kanadischen Natur, mit denen die gestressten Nachbar*innen sich vielleicht eine kleine Pause von den ständigen „Key Race Alerts“ gönnen können.

Einige versuchen auch einfach, mit aufmunternden Worten …

… oder Bildern vom jungen Justin Trudeau ein bisschen Zuversicht zu verbreiten.

Der Urheber der Idee ist ein Twitter-Nutzer namens „Canadian Fletchy“, der schon früh in der Wahlnacht schrieb, dass allen, denen bisher noch kein*e „Emotional Support Canadian“ geliefert wurde, bald eine*r zugeteilt werde. Der Tweet wurde mittlerweile mehr als 18 000 Mal retweetet und mehr als 120 000 Mal mit einem Herz markiert (Stand 4.11., 15:50 Uhr).

Damit ist „Canadian Fletchy“ offenbar nicht nur ein Vorbild für seine Landsleute, sondern auch für Menschen anderer Nationalitäten – zum Beispiel gibt es mittlerweile auch „Emotional Support Australians“.

Diese internationalen Mitstreiter*innen können die freiwilligen Helfer*innen gut gebrauchen, denn die Anfragen lassen nicht nach: Noch immer haben anscheinend nicht alle Amerikaner*innen, die eine*n „Emotional Support Canadian“ brauchen, auch eine*n bekommen.

nasch

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