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Umfrage zur Dienstpflicht
Spätestens nach der Serie „Die Rekruten“, die vor einem Jahr auf Youtube auftauchte, war jedem klar: Der Bundeswehr fehlt Nachwuchs. 2011 wurde die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt, seitdem ist die Bundeswehr eine Freiwilligenarmee. Einige CDU-Politiker diskutieren deswegen jetzt darüber, eine Abwandlung der Wehrpflicht einzuführen. Die Idee: Alle Männer und Frauen über 18 Jahre sollen nach ihrem Schulabschluss einen einjährigen Dienst bei der Bundeswehr, beim Technischen Hilfswerk oder in der Pflege leisten. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer will die „allgemeine Dienstpflicht“ in das CDU-Grundsatzprogramm und in das Programm für den Wahlkampf 2021 aufnehmen. Andere Unions-Politiker sehen die Idee kritisch (mehr dazu auf süddeutsche.de).
Doch was sagen diejenigen, die davon betroffen wären? Wir haben junge Menschen in München gefragt, was sie von einer allgemeinen Dienstpflicht halten würden.
Pia, 25, Referendarin
„Ich hab das Gefühl, dass die Masse an Möglichkeiten nach der Schule wirklich ein Problem ist. Viele Schulabgänger fangen an zu studieren, ohne zu wissen, was sie eigentlich machen wollen. Das ist meine Erfahrung als Referendarin. Einblicke in soziale Berufe wären sicher eine gute Möglichkeit für die Orientierung. Allerdings glaube ich, dass dieser Pflichtfaktor viel kaputt machen würde. Man sollte besser die Pflegeberufe ansprechender gestalten. Deswegen bin ich eigentlich gegen eine allgemeine Pflicht. Es wäre besser, das Freiwillige Soziale Jahr zu stärken, die gesellschaftliche Akzeptanz muss sich verbessern.“
Florian, 18, Abiturient
„Mein Vater ist bei der Bundeswehr, also habe ich mir das sowieso schon überlegt. Allgemein finde ich, dass die Wehrpflicht eine gute Sache ist. Aber wenn man sie wieder einführt, dann sollte sie bundeswehrspezifisch sein, also ohne soziale Option, und nur für Männer gelten. Für Frauen könnte sie freiwillig sein.“
Jessica, 21, Studentin
„Eigentlich finde ich den Vorschlag der CDU mit der Wehrpflicht nicht besonders gut, aber man könnte ja immerhin auch was Soziales machen. Nach der Schule ist es schwer zu entscheiden, wie es weitergeht. Da kann einem so ein soziales Jahr helfen, auch dabei, reifer zu werden. Und natürlich hilft man gleichzeitig auch anderen.“
Sandro, 21, Azubi
„Jeder sollte selbst entscheiden, was er machen will. Jeder hat seine eigenen Ziele im Kopf. So wie ich auch meine ganz eigenen im Kopf habe. Und die sollte man verfolgen. Da stört doch so ein Wehrpflichtjahr nur.“
Christian, 25, DHL-Mitarbeiter
„Ich finde es nicht schlecht, wenn junge Leute ein Jahr zur Orientierung bekommen, aber ich finde es schwierig, das verpflichtend zu machen.
Ich könnte mir vorstellen, dass die meisten Träger es auch nicht gut finden würden, weil die jungen Leute dann bei ihnen arbeiten müssen, obwohl sie es gar nicht wollen. Deswegen bin ich eher gegen die Dienstpflicht. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich in die Pflege gehen und nicht zur Bundeswehr.“
Nadja, 17, Schülerin
„Ich finde die Idee überhaupt nicht gut. Viele wissen nicht, was sie nach ihrem Schulabschluss machen wollen. Ein Jahr Dienst würde da ziemlich einschränken. Man verliert dann viel Zeit und würde erst sehr spät mit der Ausbildung oder dem Studium anfangen. Einige Studiengänge dauern auch ziemlich lange und man wäre dann schon alt, bevor man überhaupt anfängt zu arbeiten.
Die Bundeswehr wäre ohnehin nichts für mich, weil ich mir schwer damit tue, Autoritäten zu akzeptieren. Deswegen würde ich wahrscheinlich eher in den Pflegebereich gehen. Ich weiß, dass viele ältere Leute dafür sind, so eine Pflicht wieder einzuführen. Aber wir jungen Leute haben glaube ich individuellere Vorstellungen, es gibt heutzutage so viele Möglichkeiten.“
Markus, 23, Student
„Ich finde, eine Dienstpflicht ist eine gute Idee. Durch das G8 wurden die Schulabgänger ja immer jünger. Es gibt auch genug Studienabbrecher oder Leute, die sich während des Studiums umentscheiden. Deswegen wäre das kein verlorenes Jahr. Und ich glaube, der Personalnotstand könnte dadurch schon abgebaut werden. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich in die Pflege gehen, das finde ich interessanter und wichtiger.“
Tobias, 23, Student
„Ich bin froh, dass ich nicht zur Bundeswehr musste, so konnte ich ein Jahr ins Ausland gehen. Deswegen finde ich es gut, dass es eine Pflicht momentan nicht gibt. Die Wehrpflicht und das G9 würden ja dazu führen, dass man erst mit 20 oder älter anfangen kann zu studieren.
Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich wahrscheinlich in die Pflege gehen, ich will mit Waffen nichts zu tun haben.
Vielleicht sollte man einfach Pfleger und Soldaten besser bezahlen, dann würden sich auch mehr Leute dafür interessieren. Es liegt aber auch im Auge des Betrachters, ob wir wirklich mehr Soldaten brauchen.“
Alex, 19, Azubi
„Ich als Sizilianer fände das schon sehr ironisch: Deutschland präsentiert sich immer als freies Land und will dann so einen Zwang wieder einführen? Wenn jemand was macht, dann soll er es mit Leidenschaft machen und nicht, weil man ihn dazu zwingt.“
Scarlett, 23, Mitarbeiterin bei einer Versicherung
„Durch so eine Dienstpflicht würden viele mal ein bisschen Anstand und geregelte Abläufe lernen. Es gibt genug Studenten, die bis 28 studieren und noch nie gearbeitet haben. So etwas gäbe es dadurch dann nicht mehr.
Ich bin aber grundsätzlich dagegen, weil die eigene Entfaltung behindert wird. Wenn man gezwungen wird, kann man die Tätigkeit nicht gut ausführen, weil man nicht wirklich dahinter steht.
Ich persönlich würde nicht zur Bundeswehr gehen, das ist für mich eher eine Männersache. Ich würde in die Pflege gehen, weil ich den sozialen Aspekt wichtiger finde. Die Pflegeberufe müsste man allgemein attraktiver gestalten. Sodass man Abiturienten und gut Qualifizierte anlockt, zum Beispiel durch bessere duale Studienhänge.“
Marie, 20, Auszubildende
„Eine Dienstpflicht fände ich nicht besonders toll, so etwas sollte freiwillig bleiben. Mehr Geld für die Pflegeberufe wäre ein Anfang, aber das reicht wahrscheinlich nicht aus. Die Diskussion finde ich nicht sinnlos, weil es so einen großen Personalmangel gibt. Aber die Jobs müssten so gestaltet werden, dass junge Leute sie freiwillig machen wollen.
Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich in den Pflegebereich gehen. Aber am liebsten würde ich natürlich Dinge machen, auf die ich wirklich Bock hab.“