- • Startseite
- • Politik
-
•
U18-Landtagswahlen in Bayern: Interview mit Matthias Fack vom Bayerischen Jugendring
Am Freitag haben Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ihr bayerisches Parlament gewählt. Bei der vom Bayerischen Jugendring organisierten U18-Wahl liegt die CSU mit 24 Prozent knapp vor den Grünen mit 23 Prozent. Die SPD erhielt 11 Prozent der Stimmen. Dann folgt die AfD mit 8 Prozent.
Mehr als 450 Institutionen wie Schulen oder Jugendzentren in Bayern hatten im Vorfeld ein Wahllokal angemeldet und über 60.000 Jugendliche haben am Freitag ihre Stimme abgegeben – weit mehr als doppelt so viele als bei bisherigen U18-Wahlen. Mit den Wahlen für unter 18-Jährige möchte der Bayerische Jugendring die Meinung von jungen Menschen ins öffentliche Bewusstsein bringen, denen das Wahlrecht bisher verwehrt ist. Und sie scheinen erfolgreich zu beweisen: Junge Menschen sind nicht desinteressiert an Politik und wollen sich durchaus daran beteiligen.
Matthias Fack, Präsident des Bayerischen Jugendrings, hat uns erklärt, wie er den Andrang bei der U18-Wahl erklärt und welche Schlüsse er daraus für eine Senkung des Wahlalters zieht.
jetzt: Wie erklärt Ihr Euch, dass bei der U18-Landtagswahl so viele teilgenommen haben?
Matthias Fack: Aus meiner Sicht liegt das daran, dass die aktuelle Situation – wie sich die Gesellschaft gerade aufstellt und wie Demokratie diskutiert wird – junge Menschen betroffen macht. Weil sie merken, dass an einer Demokratie scheinbar nichts fix ist und man daran arbeiten muss. Die Grundmotivation ist dadurch schon mal viel stärker gegeben. Und offensichtlich haben die Kinder und Jugendlichen ein gängiges Interesse daran, sich zu äußern, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Es gibt aber auch noch einen kleinen pragmatischen Grund, der aber aus meiner Sicht nicht ausschlaggebend ist: Die U18-Landtagswahl fand, anders als die U18-Bundestagswahl, nicht direkt zum Schuljahresbeginn statt. So hatten die Jugendlichen ein bisschen Zeit, sich darauf vorzubereiten.
Was bekommt Ihr in den Wahllokalen für ein Feedback von den Jugendlichen?
Ich war bewegt, mit welcher Ernsthaftigkeit die Jugendlichen in die Wahllokale gegangen sind, um ihre Stimme abzugeben. Der Moment der Wahl war für sie ein ganz besonderer. Auch wenn sie wissen, dass es nichts zählt, empfinden sie es trotzdem als sehr wichtig und haben dadurch das Gefühl, dass sie auch mal was sagen können.
Das klingt so, als würden sich die Jugendlichen eine Senkung des Wahlalters wünschen?
Ganz ehrlich: Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass da ein stärkerer Druck da wäre, den ich weitergeben könnte. Ich habe manchmal Anfragen von unter 18-Jährigen, die mir sagen, dass sie die Wahlalter-Senkung übertrieben finden. Die Begründung ist dann immer: ,Wir haben noch nicht das Gefühl, dass wir reif genug sind.’ Sie meinen aber nicht im Sinne der Persönlichkeit, sondern in dem Sinne, dass sie noch nicht wissen, was das für Konsequenzen nach sich zieht. Der Grund ist eher der Respekt vor diesem Wahlakt. Sie wollen sich sicher sein, dass das, was sie da machen, auch richtig ist. Das finde ich wiederum genial. Diesen Zugang zu Wahlen würde ich mir bei vielen Erwachsenen, auch älteren Alters, viel mehr wünschen. Zu realisieren, wie wichtig das ist und dass man nicht einfach ein Kreuzchen setzt, sondern dass das auch eine ganz klare Aussage hat.
Was zieht Ihr denn für Schlüsse aus der U18-Wahl für eine Senkung des Wahlalters?
Wir merken dabei, dass es echt schwierig ist, Themen zu finden, die mit der Lebenswirklichkeit von Jugendlichen zu tun haben. Das bekomme ich von jungen Menschen immer wieder gesagt. Die Parteiprogramme richten sich vornehmlich erst mal an diejenigen, die zur Wahl gehen. Wenn das Wahlalter also abgesenkt würde, dann müssten sich die Parteien auch mal darüber Gedanken machen, wie sie junge Menschen erreichen – und sich mit deren Lebenswirklichkeit auseinandersetzen. Denn die Jugendlichen wollen dann ja auch ernst genommen werden in ihren Anliegen und die Parteien müssten sich dazu positionieren. Das wäre definitiv ein Mehrgewinn für die Demokratie – davon bin ich fest überzeugt.
Im Vergleich zu dem, was die jetzigen Prognosen zur Landtagswahl sagen, haben die Grünen bei den unter 18-Jährigen überdurchschnittlich und die AfD unterdurchschnittlich abgeschnitten. Wie kann man sich das erklären?
Erklären lässt sich das für mich so: Für junge Menschen ist die Ökologie und die Nachhaltigkeit das Thema, das sie bewegt. Und das nicht erst in den letzten drei Jahren. Die AfD wird da eher wahrgenommen als eine Partei, die sagt, dass wir klimatechnisch kein Problem haben. Und da ist die Auffassung von jungen Menschen einfach kritischer, würde ich sagen. Ein anderer Punkt ist, dass es für junge Menschen einfach normal ist und dazugehört, mit Menschen anderer Herkunft zu tun zu haben – ob in der Schule oder im Jugendzentrum. Deshalb ist die Frage, wie man mit Geflüchteten umgeht, auch etwas, das junge Menschen umtreibt. Es sind ja vor allem die Jugendorganisationen, die bei der Integration mitwirken und helfen wollen. Und auch da hat die AfD ja eine etwas andere Positionierung. Die Grünen wiederum positionieren sich da genau gegenläufig.
Ist das Ergebnis überraschend?
Es überrascht mich nicht, aber es stimmt mich positiv, dass die Ergebnisse der U18-Wahl sich nicht sehr stark von denen der tatsächlichen Prognosen für die Landtagswahl unterscheiden. Denn das zeigt ja, dass die Jugendlichen sehr verantwortungsvoll mit der Fragestellung umgehen. Das Ergebnis ist nicht extrem, aber es ist trotzdem Ausdruck der Einstellung der Jugendlichen. Der einzige Unterschied zu den Wahlprognosen der letzten Wochen ist, dass es für die unter 18-Jährigen nur eine Möglichkeit der Regierungsbildung gibt – und das ist Schwarz-Grün.