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Warum sich viele mit der finnischen Ministerpräsidentin solidarisieren

Sanna Marin wurde Ende 2019 zur damals jüngsten Regierungschefin Europas gewählt.
Foto: AP / Johanna Geron

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Die finnische Politik ist ein Vorbild in Sachen Gleichberechtigung: Ministerpräsidentin Sanna Marin führt ein Kabinett aus zwölf Ministerinnen und acht Ministern an. Auch das Parlament ist mit einem Frauenanteil von 47 Prozent ziemlich ausgeglichen. (Zum Vergleich: Von den Mitgliedern des Deutschen Bundestags sind 31 Prozent weiblich.) Dass Frauen die finnische Politik dominieren, heißt allerdings nicht, dass sie sich nicht mehr mit sexistischem Mist rumschlagen müssen. Das musste Sanna Marin kürzlich erfahren, als wegen eines Fotos in einem Modemagazsin ihre Eignung als Ministerpräsidentin in Frage gestellt wurde.

Auf dem Foto, das in der finnischen Zeitschrift Trendi veröffentlicht wurde, ist die 34-Jährige mit elegantem schwarzem Blazer und Statement-Kette zu sehen. Unter dem Blazer scheint sie nichts zu tragen, sodass sie mehr Dekolleté zeigt, als es einigen Finn*innen recht ist. In den sozialen Medien wurde ihr Outfit als „geschmacklos“ bezeichnet, andere warfen ihr vor, mit dem Foto ihr Amt herabzusetzen. Der Unternehmer Aki Pyysing veröffentlichte einen Blog-Post, in dem er die Wirtschaftspolitik der Regierung kritisierte – und nebenbei abfällige Bemerkungen über die Größe von Sanna Marins Brüsten machte und ihr vorwarf, mit dem Foto nur Aufmerksamkeit zu suchen. Zwei Parlamentsmitglieder der konservativen Partei Finnlands teilten den Blog-Post, inzwischen haben sie sich dafür entschuldigt.

„Lasst uns aufhören, übertrieben auf weibliche Körperteile zu reagieren“

Sanna Marin leitet eine Regierung, die aus gleich fünf Koalitionsparteien besteht. Sie setzt sich für Nachhaltigkeit und Ökologie ein. Der Beginn ihrer Amtszeit fiel mit dem Beginn der Corona-Pandemie zusammen – und Finnland ist im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Staaten bislang relativ gut durch die Pandemie gekommen. Trotzdem kam sie bisher vor allem aus zwei Gründen in internationalen Schlagzeilen vor: wegen des besagten Modefotos und wegen ihrer Hochzeit im August.

Viele ärgern sich über diesen sexistischen Umgang mit Sanna Marin – und solidarisieren sich nun mit ihr. Unter dem Hashtag #imwithsanna („Ich stehe hinter Sanna“) posteten in den vergangenen Tagen immer mehr junge Frauen – und auch Männer – auf Instagram und Twitter Fotos, auf denen sie das umstrittene Bild nachstellen. Sie wollen klarmachen: Wie viel Haut eine Frau zeigt, hat nichts mit ihrer Kompetenz oder Professionalität zu tun. Eine Nutzerin schreibt: „Frauen sind sexualisiert worden und das ist unakzeptabel in der Zeit, in der wir leben. Lasst uns aufhören, übertrieben auf weibliche Körperteile zu reagieren.“

Der finnische Wissenschaftler Jussi Laine wollte die sexistische Doppelmoral vieler Menschen besonders deutlich machen: Er stellte Marins Fotos neben das von Teuvo Hakkarainen, der die rechtspopulistische Partei „Die Finnen“ im EU-Parlament vertritt. Dass er komplett oben ohne posierte, scheint deutlich weniger Menschen interessiert zu haben. Manche Nutzer*innen entgegneten, Hakkarainen sei ja auch nicht der Ministerpräsident und habe auf dem Foto nicht öffentlichkeitswirksam für ein Magazin posiert. Der Vergleich zu Wladimir Putins berühmten Oben-Ohne-Bildern, den einige andere zogen, dürfte dagegen für sich sprechen.

Mari Karsikas, die Chefredakteurin von Trendi, schrieb auf dem Instagram-Account des Magazins: „Die Aufregung hat deutlich gezeigt, dass das, was die Leute in den Fotos sehen, viel über den Betrachter aussagt.“

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