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Auf Tiktok checken Menschen mit einer Challenge ihre Privilegien

Foto: TikTok / @boss_bigmamma

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„Nimm einen Finger runter, wenn jemand schon einmal die Straßenseite gewechselt hat, um nicht an dir vorbei zu müssen.“ „Nimm einen Finger runter, wenn du dich fürchtest, wenn du von der Polizei angehalten wirst.“ „Nimm einen Finger runter, wenn du schon einmal nur wegen deiner Hautfarbe gemobbt worden bist.“ Zwölf solcher Gegebenheiten zählt die Tiktok-Userin Big Mamma in einem Tiktok-Video auf, in dem man sie in einem Auto sitzen sieht. Das „Spiel“ funktioniert nach dem Vorbild des Trinkspiels „Ich hab’ noch nie“ beziehungsweise „Never Have I Ever“, das auf Tiktok immer wieder für verschiedene Kategorien verwendet wird. Am Anfang hat die Schwarze Frau – die in ihrem Profil über sich selbst sagt, sie sei CEO von „nicht OK“ – noch alle Finger oben. Am Ende musste sie zwölf Mal einen Finger abknicken. Kein Finger bleibt ausgestreckt. Sie sagt dann: „Irgendwelche Finger übrig? Das ist Privilegierung.“ 

Das Overvoice aus diesem Video geht seither auf Tiktok um: Stand Mittwochmittag haben etwa 3000 Accounts damit ihre vorhandenen oder eben nicht-vorhandenen Privilegien gezeigt. Bei diesem speziellen Tiktok-Trend bekommt man also einen wichtigen Realitätscheck zur Frage: Bin ich privilegiert? Mitgemacht haben dabei Menschen mit verschiedensten Hautfarben und unterschiedlichen Alters. Und wenig überraschend behalten weiße Personen ihre Finger größtenteils oben, während Schwarze und People of Color (PoC) meistens viele der genannten Erfahrungen teilen.

Das Original-Video hat die Nutzerin „Big Mamma“ drei Tage vor George Floyds Tod gepostet. Seit Floyd am 25. Mai bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minnesota gestorben ist, gibt es in den USA Proteste gegen Polizeigewalt, das Thema struktureller Rassismus wird mit erneuter Heftigkeit diskutiert. Insofern wundert es nicht, dass das Tiktok-Voice-Over von „Big Mamma“ gerade jetzt von vielen Menschen benutzt wird. Denn auch wenn eine solche Challenge das Thema White Privilege nur oberflächlich darstellen kann, sind die Videos ein wichtiger Beitrag zur Debatte.

Gleichzeitig werden die Videos weiße Personen also vermutlich mehr überraschen als Schwarze. Das liegt in der Natur von Privilegien: Diejenigen, die sie haben, bemerken es oft gar nicht. Diejenigen, die sie nicht haben, spüren die Ungerechtigkeit aber umso mehr. Und sogar die Aufklärungsarbeit, die Schwarze und PoCs hinsichtlich ihrer Benachteiligungen gegenüber Weißen ständig leisten müssen, ist eine weitere Benachteiligung. Insofern ist so ein einfacher Tiktok-Trend, der viele Menschen erreicht und simpel einige Facetten von strukturellem Rassismus zeigt und an dem sich eben auch weiße Menschen beteiligen, doch immerhin ein Anfang. 

mpu

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