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Polizist David Maaß über die AfD und den Antifaschismus
David Maaß arbeitet seit zwei Jahren als Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Saarland – und ist deswegen eigentlich mit politischer Arbeit vertraut. Vergangene Woche wurde der 35-Jährige doch noch einmal überrascht. Einer seiner Facebook-Posts, in dem er sich selbst als „Antifaschist“ bezeichnet – und von der „Erosion des Rechtsstaates“ spricht, ging viral: Mehr als 33 000 Likes und über 40 000 Kommentare. Die meisten davon sind zwar positiv, aber es gibt auch jede Menge Anfeindungen gegen David Maaß.
Nun hat das saarländische Innenministerium wegen des Facebook-Posts dienstrechtliche Schritte gegen ihn eingeleitet. Mit jetzt hat er darüber gesprochen, was das für ihn bedeutet und warum seiner Meinung nach eigentlich alle Polizist*innen Antifaschist*innen sind.
jetzt: Der wohl am heftigsten diskutierte Satz aus deinem Post lautet: „Die AfD ist eine der geistigen Brandstifterinnen des Rechtsextremismus; sie ist keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland!“. Würdest du das jetzt immer noch genauso formulieren?
David Maaß: Zurückrudern würde ich nicht. In Deutschland herrscht die Meinungsfreiheit. Wenn ich von der AfD spreche, dann denke ich aber natürlich vor allem an die Spitzenpolitiker. Und deren Populismus muss man gesamtgesellschaftlich entzaubern. Die Protestwähler und -wählerinnen, die es in der Partei auch gibt, darf man aber nicht ausschließen – das wäre fatal. Mit denen muss man sprechen.
Zumindest unter deinem Post gab es ja dann auch jede Menge Diskussionen.
Dass das ganze Ding so durch die Decke geht, habe ich wirklich nicht erwartet. Ich dachte, dass das vielleicht hundert meiner Freunde liken und dann war’s das.
In einigen Antworten war der Ton ziemlich rau. Bist du auch bedroht worden?
Es sind viele Mails eingegangen, und da waren auch sehr grenzwertige Sätze dabei, die auch strafrechtliche Relevanz haben. Mehr will ich dazu aber nicht sagen, weil wir dort in laufenden Ermittlungsverfahren sind. Und es ist eben nicht lustig, zu lesen, dass man ein dummer Bulle sei oder Selbstmord begehen solle. Aber auch da hat sich der Staatsschutz eingeschaltet und ermittelt. Auf der anderen Seite gab auch sehr schöne Reaktionen und Solidaritätsbekundungen aus ganz Deutschland, etwa aus der Landespolitik des Saarlandes.
„Die Angst darf nicht die Seele fressen“
Du stehst in der Öffentlichkeit – und die rechte Szene ist bekannt dafür, gut organisiert zu sein. Triffst du jetzt Vorsichtsmaßnahmen?
Wie gesagt: Die Angst darf nicht die Seele fressen. Und die Reaktionen in meinem Arbeitsumfeld waren durchweg positiv. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich mit diesem Post für Hunderttausende Polizisten und Polizistinnen in der Bundesrepublik spreche.
Als Gewerkschaftler kennst du dich auch mit den ganzen rechtlichen Hintergründen aus, oder?
Ja, aber nicht nur deswegen – ich habe auch vorher Jura studiert und da auch meinen Abschluss gemacht.
Und machst du dir jetzt Sorgen, weil das saarländische Innenministerium dienstrechtliche Schritte gegen dich eingeleitet hat?
Nein, überhaupt nicht. Wir leben im Rechtsstaat, das bedeutet, dass man Grundrechte hat. Das bedeutet aber auch: Wenn jemand eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreicht, dann muss vom Ministerium belastend und entlastend ermittelt werden. Ich bin aber über Artikel neun weitreichend – und weitreichender als andere Beamte und Beamtinnen – geschützt. Als Gewerkschaftler darf ich mich und muss mich sogar gesellschaftspolitisch positionieren. Ich habe nichts Rechtswidriges getan.
Andere Polizist*innen hätten diesen Post nicht so absetzen dürfen.
Ja – grundsätzlich gilt das Neutralitätsgebot für Beamte und Beamtinnen. Man darf sich also nicht in Uniform in der Öffentlichkeit parteipolitisch äußern.
Findest du das richtig, dass man als Polizist*in objektiv sein muss?
Klar, der oder die Einzelbeamte oder Beamtin müssen sich selbst auf der Straße auf jeden Fall heraushalten. Und auch deswegen gibt es ja Gewerkschaften für die Polizei – wir sind unter anderem das politische Sprachrohr von ihr.
„Die Leute verwechseln Antifa und Antifaschismus miteinander“
In NRW gibt es derweil einen kleinen Skandal um den Polizei-Mitarbeiter Thorsten W., der als einer der acht Unterstützer der mutmaßlichen rechtsextremistischen Terrorzelle "Gruppe S. festgenommen wurde – nachdem es jahrelange Hinweise auf dessen rechte Gesinnung gab. Bei dir gibt es nach einem Post sofort dienstrechtliche Schritte. Ist die Polizei auf dem rechten Auge blind?
Wir arbeiten in einem erzkonservativen Bereich. Konservativ bedeutet ja erstmal nur bewahrend. Die Polizei bewahrt und schützt die Menschen. Deshalb – und auch aufgrund der hierarchischen Strukturen – sind wir sicherlich eine Berufsgruppe, in der gerne eher konservative Personen arbeiten. Das bedeutet aber nicht, dass wir rechts sind. Jeder Beamte und jede Beamtin hat den Eid auf die Verfassung geschworen – und darauf, sie zu verteidigen. Aber ja, wir sind ein Querschnitt der Gesellschaft. Und das ist auch wichtig, wir sind Bürgerinnen und Bürger in Uniform. Es gibt sicher Kollegen und Kolleginnen, die die AfD wählen. Aber es gibt auch die, die die Grünen wählen, oder die SPD und so weiter.
Rassismus ist immer wieder Thema, wenn man in Deutschland über die Polizei spricht – etwa wenn es um Racial Profiling geht. Ob und wenn wie geht die Polizei gegen solche Tendenzen in ihrer Behörde vor?
Natürlich hat die deutsche Polizei die Verpflichtung und den Anspruch, schon in der Ausbildung Menschen mit extremen religiösen oder politischen Gesinnungen herauszufiltern und rauszuziehen. Man könnte aber auch etwas verbessern, indem man das demokratisches Verständnis bei den Polizistinnen und Polizisten stärkt. Vielleicht, indem man zusätzliche Lehrinhalte einführt, in denen die Rolle der Polizei im NS-Regime erklärt wird.
Warum haben sich eigentlich alle so darüber aufgeregt, dass du dich einen Antifaschisten nennst?
Die Leute verwechseln Antifa und Antifaschismus miteinander. Der Faschismus will den Rechtsstaat beseitigen, den die Polizei beschützen soll. Antifaschist zu sein, bedeutet: Man ist Demokrat. Die Bewegung der Antifa, zu der auch der schwarze Block gehört, hat dagegen militante Strömungen, die auch oft mit der Polizei Probleme haben – gerade bei Demonstrationen.