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Nach U18-Wahl 2017 kommt Frage auf: Warum dürfen Minderjährige nicht wählen?
Am Freitag gaben tausende Kinder und Jugendliche in Deutschland ihre Stimme für den Bundestag ab. Die U18-Wahlen finden seit 1996 immer neun Tage vor einem offiziellen Wahltermin und nur testweise statt. Die Stimmen der Minderjährigen werden also nicht in das tatsächliche Ergebnis der Bundestagswahlen am 24. September eingerechnet.
Das ist schade. Denn sieht man sich die Ergebnisse der gestrigen Wahl an, fällt auf: Unsere Politik sähe anders aus, dürften auch die ganz jungen Leute mitentscheiden. Also die Menschen, die die Entscheidungen von heute in ihrem Erwachsenenleben betreffen werden. Stattdessen bauen gerade solche Politiker und Parteien ihnen eine Zukunft, die von älteren Menschen mit anderen Wertvorstellungen und Prioritäten gewählt werden.
Zwar gingen die meisten Stimmen sowohl in Umfragen unter Wahlberechtigten als auch bei der U18-Wahl an SPD und Union. Die übrigen Stimmen verteilen sich aber ganz anders auf die restlichen Parteien. Bei der U18-Wahl gaben 15 Prozent der Wähler ihre Stimme an Parteien, die am Ende an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. Die jungen Leute scheinen sich also weniger auf die etablierten Parteien verlassen zu wollen als die heute Wahlberechtigten.
Während die AfD, knapp vor der FDP, den neuesten Umfragen zufolge momentan als drittstärksten Partei in Deutschland dasteht und Linke und Grüne weit hinter sich gelassen hat, halten junge Leute nicht so viel auf die rechtspopulistische Partei. Sie kommt in der U18-Wahl auf nicht einmal sieben Prozent. Die FDP könnte sich, wären nur Minderjährige wahlberechtigt, gerade noch über die Fünf-Prozent-Hürde schleppen. Die Grünen schnitten dagegen mit 17 Prozent deutlich besser ab und sind damit die klar drittstärkste Partei der Noch-nicht-Wähler.
Während die heute Wahlberechtigten also zuhauf eine Partei wählen, die die menschliche Verantwortung am Klimawandel weitgehend leugnet, möchten sich viele Kinder und Jugendliche von einer Partei vertreten wissen, die ihren Schwerpunkt auf den Schutz der Umwelt legt. Diese Diskrepanz lässt sich leicht durch die Prognosen der Wissenschaft erklären. Schließlich soll sich der Klimawandel erst in einigen Jahrzehnten wirklich verheerend auswirken. Den Großteil der heutigen Wähler betrifft das dann wahrscheinlich gar nicht mehr.
Darunter sind nämlich viele ältere Menschen. Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) ist etwa jeder zweite Wahlberechtigte über 52 Jahre alt, die über 60-Jährigen machen mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten aus. Die U18-Wahlen sollen die Minderjährigen deshalb schon einmal ans Wählen heranführen sowie poltisches Interesse wecken und fördern – damit sie wählen gehen werden, sobald sie reif genug dafür sind.
Die Wahl wird deshalb vom Familienministerium und der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Organisiert wird sie letztendlich von Jugendlichen für alle Minderjährigen, die sich in Deutschland aufhalten. Auch dreijährige Kinder ohne deutsche Staatsbürgerschaft dürften so rein theoretisch an der U18-Wahl teilnehmen. Bei der Wahl am Freitag waren mehr als 1600 Schulen, Sport- oder Jugendvereine als Wahllokale angemeldet.
Ob die Zahl an Jahren, die magische 18, also die Reife eines Menschen ausmacht oder ob es vielleicht doch eher der Wille dazu ist, eine Demokratie selbst mitzugestalten – das sollten sich die Politiker noch einmal überlegen. Vielen Deutschen liegt zumindest die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre schon lange am Herzen. Denn offensichtlich haben junge Leute Lust, sich eine politische Meinung zu bilden und ihre Stimme abzugeben – und dank der U18-Wahlen sogar auch schon eine Vorstellung davon, wie Demokratie funktioniert.