- • Startseite
- • Politik
-
•
Nach Tötung des Vergewaltigers: Todesurteil von Sudanesin Noura Hussein aufgehoben
Die jetzt-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von x angereichert
Um deine Daten zu schützen, wurde er nicht ohne deine Zustimmung geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von x angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit findest du unter www.swmh-datenschutz.de/jetzt.
Dieser externe Inhalt wurde automatisch geladen, weil du dem zugestimmt hast.
Die Geschichte der 19-jährigen Sudanesin Noura Hussein bewegt seit Wochen Millionen Menschen. Vergangenes Jahr hatte sie ihren Ehemann erstochen, im Mai 2018 verurteilte ein sudanesisches Gericht sie dafür zum Tode.
Am Dienstag wurde dieses Urteil aufgehoben, nachdem unter anderem über den Hashtag #JusticeforNoura international Druck auf die sudanesische Regierung ausgeübt worden war. Druck, den vor allem die Petition der 16-jährigen Zaynub Afinnih auslöste.
Gegenüber jetzt sagt die französische Schülerin: „Ich konnte die Ungerechtigkeit einfach nicht ertragen. Noura ist eine Heldin, keine Mörderin. Ich wollte helfen.“ Und das hat Zaynub nun geschafft: 1,4 Millionen Menschen unterschrieben, viele unterschreiben noch immer. Denn Nouras „vorsätzlicher Mord“, wie das Gericht die Tötung nannte, geschah aus Notwehr. Wie es zur Zwangsheirat und schließlich zur Tötung kam, erklärte die junge Frau gegenüber CNN selbst:
„Er schleifte mich ins Schlafzimmer. Seine Verwandten rissen mir die Kleidung vom Leib“
Als Noura in der achten Klasse war, eröffnete ihr Vater ihr, dass sie zwangsverheiratet werden sollte. Noura wollte den Mann, den ihr Vater erwählt hatte, aber nicht heiraten. Ihr wurde daraufhin zumindest erlaubt, vorher noch die Schule zu beenden. Drei Jahre und einen Fluchtversuch später wurde sie trotz allem mit dem Auserwählten ihrer Familie verheiratet.
Wann immer der 35-Jährige daraufhin „die Ehe vollziehen“, also sie zum Sex zwingen wollte, wehrte sie sich körperlich. Am neunten Tag holte er Hilfe. „Seine Verwandten kamen, der Onkel befahl mir, ins Schlafzimmer zu gehen. Ich sagte nein, also schleifte er mich an einem Arm dorthin, ein Cousin schlug mich. Sie alle rissen mir die Kleidung vom Leib.“ Der Onkel, so erzählt Noura im Video, hielt sie an den Beinen fest, zwei Cousins drückten ihre Arme hinunter. „Er, mein Ehemann, zog sich aus und nahm mich, während ich weinte und schrie.“ Als die Männer den Raum verließen, blieb sie nackt und blutend zurück.
Am nächsten Tag habe ihr Mann sie wieder gepackt, aufs Bett geworfen und versucht, sie zu vergewaltigen. Sie griff ein Messer in Reichweite und erstach ihn. Danach rannte sie zu ihren Eltern. Die wiederum brachten sie zur Polizei, Noura wurde verhaftet.
Zaynub dachte sich: „Hier ist eine Frau, die noch am Leben ist. Der ich noch helfen kann“
Zunächst erfuhr die französische Schülerin Zaynub von Nouras Geschichte auf Instagram. Sie war schockiert und spürte, dass sie Nouras Schicksal nicht einfach wieder vergessen könnte. Sie entschloss sich, etwas zu tun. Gegenüber jetzt sagt sie: „Ich dachte mir: Hier ist eine Frau, die noch am Leben ist. Der ich noch helfen kann. So vielen Frauen widerfährt Ähnliches – nur, dass sie sich eben nicht so wehren können, wie Noura es getan hat.“
Sie startete also eine Petition auf change.org, mit der sich alle Unterschreibenden an die sudanesische Regierung richteten. Sie forderte, dass Nouras Todesurteil aufgehoben würde. Dass die Petition von über einer Million Menschen unterschrieben und das Urteil tatsächlich gekippt würde, hatte Zaynub nicht erwartet.
Ist sie jetzt stolz auf sich? „Ich bin nicht stolz auf mich, ich bin stolz auf all die Menschen, die das möglich gemacht haben. Ich bin nur eine aus Millionen, die sich für Noura eingesetzt haben.“ Ein besonderes Verdienst sieht sie nicht auf ihrer Seite. „Ich bin keine Aktivistin, wie mich jetzt einige Medien nennen. Ich bin einfach ein Mensch. Es ist mir wichtig, das klarzustellen. Denn es zeigt, dass jeder Mensch Leben retten kann.“
Dass Noura nicht mehr hingerichtet werden soll, heißt übrigens nicht, dass sie freigesprochen wurde. Das Gericht hat sie zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ihre Familie soll 337.000 Sudanesische Pfund, also rund 16000 Euro, an die Familie des Getöteten zahlen. Nouras Anwälte planen, auch dieses Urteil anzufechten.
Auch dieses Urteil, so findet Zaynub, sei natürlich unfair. Noura habe einen Freispruch verdient. Aber immerhin dürfe sie am Leben bleiben und das sei ja schließlich das Wichtigste. Außerdem hofft Zaynub, dass die Aufmerksamkeit für Noura noch andere Änderungen mit sich bringt: „Ich hoffe, dass man in allen Ecken der Welt über Nouras Geschichte spricht – und dann auch über die anderer Frauen. Denn Zwangsehen, Vergewaltigungen und unfaire Rechtsprechung kommen überall auf der Welt vor. Und ich hoffe wirklich, dass sich das ändern kann.“
Eines zumindest hat sich schon einmal geändert: Die Ansichten von Nouras Vater. Gegenüber BBC sagt er, er habe nicht geahnt, welch schrecklichen Folgen die Verheiratung seiner Tochter mit sich brächte. Er und der Rest von Nouras Familie unterstützen Noura nun – und hofften noch vor einigen Tagen „auf ein Wunder, damit unsere Tochter nicht gehängt wird.“ Und siehe da: 1,4 Millionen Menschen gaben ihnen eines.