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Martin Schulz soll mit Memen zum Kanzler gepusht werden
Einem US-Präsidenten, der mit der Abrissbirne gegen unsere Grundwerte vorgeht, muss man deutlich sagen, dass seine Werteordnung nicht unsere deutsche ist. Gesagt hat das neulich im ZDF Martin Schulz, der als Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender der SPD in den Bundestagswahlkampf geht. Und wenn man ehrlich ist, ist Schulz für die Partei vielmehr als nur ein Anführer – er ist ja quasi ein Heilsbringer. Seit klar ist, dass der verhinderte Fußballprofi, der zwischendurch Alkoholiker und arbeitslos war, als Konkurrent gegen Kanzlerin Angela Merkel antritt, sind die Umfragewerte der SPD so gut wie seit etlichen Jahren nicht mehr. Dass man diese Ekstase nutzen muss, um die Partei weiter nach vorne zu bringen, dürften inzwischen die meisten gecheckt haben. Einige tun auch etwas ganz konkretes dafür. Henning Tillmann zum Beispiel.
„Was in den vergangenen drei bis vier Wochen seit Schulz’ Aufstellung passiert ist, ist Wahnsinn“, sagt Henning Tillmann, 32 Jahre alt, selbstständiger Software-Entwickler in Berlin – und seit zwölf Jahren SPD-Mitglied und in der medien- und netzpolitischen Kommission des Parteivorstands.
Tillmann hat nun etwas entwickelt, das vielleicht nicht absolut innovativer „Wahnsinn“ sein mag, aber doch bemerkenswert, weil noch nie da gewesen in einem politischen Wahlkampf: Schulztools.org. „Eine Plattform, auf der digitale Ideen umgesetzt werden, die Martin Schulz in seinem Wahlkampf unterstützen sollen." Aktuell bietet er dort eine App mit Powerstickern an, also Schulz-Emojis fürs Smartphone, und Schulz-Jutebeutel.
Viel hat er auf Schulztools noch nicht beisammen. So richtig losgehen soll es nach dem ersten März-Wochenende. Da findet ein SPD-Hackathon statt, den Tillmann zusammen mit dem Parteivorstand organisiert. Hier treffen sich Programmierer und Entwickler mit dem Ziel, innerhalb der Dauer der Veranstaltung gemeinsam Softwareprodukte herzustellen. „Wir hacken 24 Stunden durch und versuchen, etwas Positives zu erschaffen.“ Im Optimalfall springen am Ende ein paar Kampagnenwerkzeuge raus, oder „irgendwas, das die SPD voranbringt.“ Alles soll Opensource sein, nichts soll inhaltlich vorgegeben sein – außer der SPD-Bezug, natürlich. „Wir haben unfassbar gute Bewerbungen bekommen“, sagt Tillmann. Vier bis fünf Mal mehr Bewerber als es freie Plätze gibt, hätten sich bei ihm gemeldet. „Wäre ja schade, wenn wir dieses Potenzial ungenutzt ließen.“ All jene, die keinen Hackaton-Platz bekommen haben, sollen sich dann auf Schulztools austoben dürfen. Vor allem junge Menschen seien das. „Der Großteil ist zwischen 20 und 25 Jahre alt“, sagt Tillmann.
Er betont, dass es keine offizielle SPD-Plattform sei, sondern seine von ihm als Privatperson gestartete. Trotzdem soll sie die Umfragewerte von Partei und Schulz natürlich weiter pushen. Tillmann will dafür auf der Webseite kreative Tools, Grafiken und Anleitungen sammeln.
Der subreddit /the_schulz, in dem seit einiger Zeit etliche Schulz-Memes gepostet werden, hat da aktuell schon mehr zu bieten. Was dort vor der breiten Masse so ein bisschen versteckt abläuft, will Tillmann mit weiteren Entwicklern und Kreativen auf seiner Plattform öffentlicher machen. Mehr Leute, als nur Reddit-Nutzer, sollen die Inhalte sehen und sie verbreiten. Die Zielgruppe dürfte entsprechend jung sein.
„Junge Menschen sehen in Schulz die Antwort auf Brexit und Trump, die sie nun geben wollen“, sagt Tillmann. „Mit seiner Biografie ist Schulz da genau der Richtige.“ In vielen Hackathon-Bewerbungen hätte dieser eine bestimmte Satz gestanden: Ich habe gemerkt, dass ich mich politisch engagieren muss. „Und manche junge Menschen haben offensichtlich gemerkt, dass die Sitzung eines Ortsvereins da nicht das Richtige ist“, sagt Tillmann.
Aber: Droht bei einer Vermeme-isierung des Wahlkampfs nicht die Gefahr, dass ein Kandidat oder eine Partei nur auf ihr virales Potenzial reduziert werden? Dass das Parteiprogramm in den Hintergrund rückt? Tillmann sagt natürlich: nein. „Mal sehen, was kommt. Wir steuern die Inhalte von Schulztools ja nicht. Es kann alles kommen, es kann aber auch, im schlimmsten Fall von dem ich nicht ausgehe, nichts kommen.“
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Alexander Haas forscht am kommunikationswissenschaftlichen Institut der Münchner LMU zur politischen Kommunikation. Eines seiner Haupt-Themen ist die zentrale Rolle der Glaubwürdigkeit in der Online-Kommunikation. Haas sagt: „Wer heutzutage nur auf klassischen Offline-Wahlkampf setzt, hat keine Chance mehr.“ Bestes Beispiel sei da der Präsidentschaftswahlkampf in den USA gewesen. „Hillary Clinton hat zwischenzeitlich bis zu zehn Mal mehr Geld für TV-Spots ausgegeben, als Donald Trump“, sagt Haas. „Trump hat sich auf Online-Verbreitungen konzentriert. Und gewonnen.“
Wahlkämpfe hierzulande sind für Haas noch nicht so fortschrittlich wie in den USA. Trotzdem sieht er in der viralen Aufbereitung von Inhalten große Vorteile für Wahlkämpfer wie Tillmann Henning. „Durch die Verbreitung in sozialen Medien können Parteien die Vermittlungs-Instanz Journalismus und deren kritische Einordnung ausschalten.“ Konkret bedeutet das, die SPD entscheidet selbst, welche Themen sie setzt – und wie diese vermittelt werden. Das birgt aber gleichzeitig das Problem, dass die Partei die Kontrolle über ihre Inhalte verliert. Man kann zwar versuchen beispielsweise Memes zu löschen. Doch das verstärkt deren Aufmerksamkeit ja meist.
Wahlplakate sind ja auch nur Meme - gedruckt und aufgehängt
Entscheidend für den Erfolg solcher Kampagnen-Maßnahmen ist für Haas die Kreativität, die hinter ihnen steckt. „Gewollt aber nicht gekonnt ist gefundenes Fressen für Gegner – und sorgt für Hohn und Spott im Netz.“
Martin Schulz sieht auch Haas als geeignete Projektion digitaler Wahlkampf-Methoden. „Ich vermute, dass Schulz als guter Kontrast zum konservativen Berufspolitiker rüberkommt.“ Aber das eben nicht nur online. Schulz komme ja momentan generell gut an. Die Erfolgsaussichten eines Projekts wie Schulztools sieht der Forscher schon. „So lange es nicht albern wird.“ Ob es aber auch so erfolgreich sein kann, dass es eine Bundestagswahl entscheidet? „Abwarten. Noch weiß man ja nicht, wie nachhaltig so was ist.“ Haas weist außerdem auf eine Parallele hin: Wahlplakate, mit denen die Parteien in den kommenden Monaten Deutschland zudecken werden, sind ja nichts anderes als Bilder mit Schrift drauf. Ausgedruckte und aufgehängte Meme.
Dass die digital nicht nur in albern funktionieren, zeigt das anfangs erwähnte Schulz-Zitat. Die Social-Media-Kollegen von Süddeutsche.de schrieben es auf ein Foto des bebrillten Vollbart-Trägers, posteten es auf Facebook und sammelten mehrere Tausend Likes.