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Johannes König wurde wegen einem Facebook-Like von der Polizei besucht
Johannes war einer von fast 22.000 Menschen, denen ein Postillon-Artikel so gut gefiel, dass er ihn auf Facebook likte. Dann wurde bekannt, dass es daraufhin Ermittlungen vom Münchner Kommisariat 43 gab, das für rechte Straftaten zuständig ist. Wir haben mit dem 27-jährigen Musikstudenten gesprochen.
Update, Freitag, 14.9.2018, 18.10 Uhr:
Johannes, die Polizei ermittelt gegen dich. Wie ist denn diese Geschichte abgelaufen?
Das erste Ermittlungsverfahren wurde schon Anfang des Jahres eingeleitet. Ein Bekannter von mir hatte auf Facebook die Fahne von der YPG (Volksverteidigungseinheiten der syrischen Kurden, die viele, unter anderem auch der Verfassungsschutz, als bewaffneten Arm der verbotenen Arbeiterpartei PKK ansehen, Anm. d. Red.) hochgeladen und hatte dann als Konsequenz prompt eine Hausdurchsuchung. Nur wegen dieser Fahne, die übrigens laut Bundesregierung nicht generell verboten ist! Der Bayerische Rundfunk hat darüber berichtet und einen Artikel über diese Hausdurchsuchung veröffentlicht und in diesem Zusammenhang erklärt, was die YPG ist.
Da ging es auch um das widersprüchliche Verhältnis zwischen dem deutschen Staat und dieser Miliz. Diesen Artikel habe ich auf Facebook geteilt. Er war auch mit dieser Fahne bebildert und daraufhin habe ich eine Vorladung bekommen, wegen Verstoß gegen das Vereinsgesetz.
Ich habe erst kürzlich Akteneinsicht erhalten. Die Ermittlungen laufen immer noch. Meine Akte umfasst etwa 50 Seiten, größtenteils ist es einfach mein abfotografiertes Facebookprofil. Die Polizei hat auch alle meine „Likes“ erfasst, also welche Posts auf Facebook mir gefallen haben. Und da haben sie beim Postillon eine Anti-AfD-Satire gefunden, auf der auch Hitler zu sehen ist. Das haben sie weitergeleitet an das Kommissariat, das zuständig ist für politisch motivierte Kriminalität von rechts.
Daraufhin wurde ein zweites Verfahren gegen mich eingeleitet.
Wie geht es jetzt weiter?
Ich bin bei meinem Anwalt Hartmut Wächtler juristisch in besten Händen. Theoretisch drohen mir bei einem Verstoß gegen das Vereinsgesetz maximal ein Jahr Haft. Und in dem anderen Verfahren geht es um Paragraph 86a Strafgesetzbuch („Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, Anm. d. Red.), da wäre das Höchstmaß maximal drei Jahre Freiheitsstrafe.
Aber ich mache mir überhaupt keine Sorgen. Bei einem Gerichtsprozess würden sie sich nur lächerlich machen. Mehr noch als ohnehin schon.
Wie haben deine Familie und dein soziales Umfeld reagiert?
Mein Umfeld reagiert belustigt und ungläubig. Viele fragen sich, ob der erste Artikel der SZ Satire war.
Du bist nicht der einzige, der Links vom Bayerischen Rundfunk teilt und Artikel vom Postillon auf Facebook likt. Kannst du dir erklären, warum die Polizei ausgerechnet dich im Visier hat?
Ich hatte den BR-Artikel damals über die Seite von Kerem Schamberger geteilt. Das ist ein Wissenschaftler an der LMU und prokurdischer Aktivist. Der Staatsschutz und der Verfassungsschutz beobachten ihn auch. Möglicherweise war das der Grund.
Du bist sehr engagiert bei noPAG, dem Bündnis, das sich gegen das neue umstrittene Bayerische Polizeiaufgabengesetz wehren will. Hat dieses Engagement auch mit deinen Erfahrungen mit der Polizei zu tun?
Ich wäre auch ohne meine Erfahrungen gegen dieses Gesetz. Aber jetzt hat es für mich natürlich eine andere Dimension. Was momentan abläuft, hat mich also eher ermutigt, mich bei noPAG zu engagieren.
Ich mache das im Übrigen auch deswegen öffentlich, weil man sich bewusstmachen sollte, was unsere Sicherheitsbehörden in diesem Land tun, oder was sie nicht tun. Wenn ich lese, dass der Präsident des Verfassungsschutzes geheime Informationen an die AfD weitergeleitet haben soll, oder wenn man sich den Verfassungsschutz anschaut im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex, dann finde ich es wesentlich, zu zeigen, womit sich diese Behörden ihre Zeit vertreiben: mit blankem Unsinn.
Wirst du dein Verhalten auf Facebook jetzt ändern?
Natürlich nicht. Ich habe ja nichts falsch gemacht.