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Interview mit österreichischer Umwelt-Aktivistin, die Kanzler Kurz unterbrach
Als am Mittwoch die Klimakonferenz „R 20 Austrian World Summit“ eröffnet wurde, sollte eigentlich der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz eine Rede halten. Stattdessen ergriff die 19-jährige Germanistik-Studentin und Aktivistin der Gruppe „System Change not Climate Change“, Lucia Steinwender, das Mikrofon und erklärte Kurz und dem Publikum, was alles schiefläuft in der österreichischen Politik, wenn es um den Klimawandel geht. Wir haben mit ihr gesprochen.
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jetzt: Lucia, du hast gestern beim „Austrian World Summit“ dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz mal eben das Mikro weggeschnappt und eine beeindruckende Rede gegen die Klimapolitik der österreichischen Regierung gehalten. Wie hast du das geschafft?
Lucia Steinwender: Ich bin auf die Bühne gegangen und habe darum gebeten, für ein paar Minuten sprechen zu dürfen. Der Kanzler hat mir das Mikrofon überlassen, so dass ich unsere Kritik anbringen konnte.
Warst du aufgeregt?
Ich war schon nervös. Aber es war mir einfach sehr wichtig. Die Rede selbst stand schon, war aber eigentlich für die Kundgebung geplant, die wir vor der Hofburg organisiert hatten, in der die Konferenz stattfindet.
Wie hast du Sebastian Kurz erlebt, der ja direkt neben dir stand und sich von dir einiges sagen lassen musste, dich aber nicht unterbrochen hat?
Nachdem alles vorbei war habe ich mir das Video von dem Auftritt angeschaut und fand es sehr lustig, dass er wohl gedacht hatte, ich wollte ihm sein Redemanuskript stehlen. Keine Ahnung, wie er darauf gekommen ist und welches Interesse ich daran haben sollte. Aber insgesamt fand ich seine Reaktion auf unsere Aktion schon souverän.
Warum habt ihr mit eurer Bewegung „System Change not Climate Change“ diese Aktion geplant?
Als wir erfahren haben, dass der Kanzler bei diesem Event, bei dem Klimaschutz diskutiert wird, die Eröffnungsrede halten darf, waren wir empört. Er ist Chef einer Regierung, die das genaue Gegenteil von dem macht, was nötig wäre für den Klimaschutz.
Was genau kritisiert ihr an der Haltung der österreichischen Regierung?
Wir sind zum Beispiel gegen den Bau einer dritten Startbahn für den Wiener Flughafen. Dabei geht es ganz gezielt darum, dass hier fossile Energien gefördert werden und eine Mobilität, die nicht nachhaltig ist. Flugverkehr ist eine ganz große Klimakatastrophe. Gegen diese Förderung von Staatsseite stemmen sich schon sein 1995 Bürgerinitiativen. Klar geht es bei solchen Projekten immer auch um Arbeitsplätze. Aber die immensen Kosten für den Bau sollten man unserer Meinung nach in die Energie-Wende investieren, wo durchaus auch Arbeitsplätze entstehen würden. Auch fossile Energien werden von Österreich noch immer mit Milliarden Euro gefördert und daran will die Regierung unter Kanzler Kurz auch nichts ändern. Zudem ist die Klimapolitik der Regierung unserer Meinung nach insgesamt komplett planlos. Die vermeintliche Strategie in Sachen Klimawandel ist einfach total zahn- und ambitionslos.
Hat sich die Aktion gelohnt? Glaubst du, ihr konntet damit Einfluss nehmen auf die öffentliche Debatte?
Das denke ich auf jeden Fall! Das Echo in den Medien ist riesig und auch im Saal gab es großen Applaus. Das Video von dem Auftritt hat auf Facebook mittlerweile an die 160.000 Klicks und wurde auch ziemlich oft geteilt. Ich denke, das liegt daran, dass sich viele Menschen mit dieser Botschaft identifizieren können, denn das Thema geht alle an. Es ist im Interesse aller, die Klimakatastrophe zu begrenzen, egal, welcher politischen Meinung sie sind.
Du hast im Namen von „System Change not Climate Change“ gesprochen. Was macht diese Organisation?
„System Change not Climate Change“ ist eine Bewegung, bei der viele junge, aber auch ältere Menschen auf ganz unterschiedliche Art mitarbeiten. Wir planen und organisieren Kundgebungen, Proteste und Aktionen. Aber wir halten auch Workshops ab, haben eine Bildungs-AG und werden Ende des Monats ein Klima-Camp organisieren.
Wir glauben, dass im Kampf gegen die Klimakrise ein wirtschaftliches Umdenken nötig ist. Es muss einfach in eine andere Form der Wirtschaft investiert werden und dabei genügt es nicht, in einige grüne Firmen zu investieren, es muss einen echten Wandel geben. Auch deshalb haben wir gestern unseren Protest geäußert.
Dass du als Frau gesprochen hast, war kein Zufall, oder?
Man hat ja schon an dem Abend gesehen, dass die ganzen politischen Entscheidungsträger männlich sind: der Kanzler, der Bundespräsident, der UN-Generalsekretär, der Organisator der Veranstaltung Arnold Schwarzenegger. Und warum sollen immer nur Männer das Wort ergreifen dürfen?