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Fremdenfeindlichkeit oder Rassismus?

Illustration: Federico Delfrati

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Am vergangenen Montag fuhr ein 50-jähriger Mann nachts in Bottrop gezielt mehrere Menschen mit dem Auto an und verletzte sie dabei. Die Motivation dahinter war laut der Polizei, bewusst Ausländer anzugreifen und sogar zu töten. Eine schreckliche Tat, über die in allen Medien berichtet wurde. 

Auch auf den sozialen Netzwerken wird und wurde die Geschichte viel thematisiert und diskutiert. Was die Medien zu ihrer Berichterstattung hier erfahren, ist aber vor allem: viel Kritik. 

Viele Leser beanstanden die Beschreibung der Medien zu dem Vorfall als zu zurückhaltend und falsch

Fremdenfeindlichkeit, Fremdenhass oder Rassismus - die Medienwelt sowie die Leser sind sich uneins darüber, welches Wort das Tatmotiv am besten beschreibt. Manche Leser beanstanden auf Social Media die Beschreibung der Medien zu dem Vorfall als zu zurückhaltend und falsch. So auch die Autorin Kübra Gümüşay. Ihre Meinung ist klar: Die Sache muss beim Namen genannt werden und der lautet Rassismus. Andere schließen sich ihrem Statement an, darunter unter anderem viele Journalisten. 

Doch auch Gegenstimmen werden laut, die die Auseinandersetzung als Wortklauberei. Ihre Wahrnehmung: Die Diskussion um die richtigen Worte ist übertrieben, wurde schon viel zu oft geführt und lenkt von den eigentlichen Problemen ab. 

„Wörter prägen unseren Blick auf die Welt“

Doch ist die Diskussion um die richtigen Begriffe nun berechtigt oder hält sie tatsächlich eher davon ab, die eigentliche Problematik zu erkennen? „Wörter prägen unseren Blick auf die Welt“ – diesen Standpunkt vertritt Prof. Dr. Katharina Kleinen-von Königslöw, die an der Universität in Hamburg am Lehrstuhl für Journalistik und Kommunikationswissenschaft lehrt. Die Wortwahl spielt ihrer Meinung nach immer eine Rolle, denn wir verbinden Wörter generell mit Erinnerungen und Gefühlen. In Medientexten bedeutet das, dass die Wahl der Worte ausschlaggebend für unsere Meinungsbildung und Gefühlslage ist, also auch dafür, wie wir eine Tat beurteilen. 

Bei der Frage um die beiden Begriffe Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, positioniert auch sie sich klar: Es gibt einen Unterschied. So lehnen fremdenfeindliche Menschen andere ab, die nicht in ihr eigenes Weltbild passen, also zum Beispiel nicht aus Deutschland kommen. Nur aufgrund des Aussehens lässt sich jedoch nicht erkennen, woher jemand kommt – schließlich gibt es auch in Deutschland Menschen mit dunkler Haut. 

Für den Täter aus Bottrop waren Äußerlichkeiten allerdings genug. Seine Wahl der Opfer traf er aufgrund äußerlicher Merkmale, was die Tat für die Kommunikationswissenschaftlerin eindeutig rassistisch macht. 

Für viele mag es nicht verständlich sein, warum die Wellen in den Sozialen Netzwerk hochschlagen

„Die Diskussion um die Wortwahl ist gut und notwendig, denn sie bringt uns dazu, die Worte zu reflektieren, die wir benutzen“, sagt Kleinen-von Königslöw. Für viele mag es nicht verständlich sein, warum die Wellen in den sozialen Netzwerk hochschlagen, wenn es um die Frage geht, welches Wort die Motivation hinter dem Bottroper Anschlag am besten beschreibt. Doch die Auseinandersetzung sei wichtig, vor allem für Betroffene. „Worte machen mehr, als wir bereit sind, anzuerkennen.“ 

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