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Donald Trumps Einwanderungspolitik: Anwälte helfen gestrandeten Fluggästen
Alina, 25, arbeitet für eine New Yorker Kanzlei, die sich hauptsächlich mit Einwanderungs- und Asylrecht beschäftigt. Gemeinsam mit vielen anderen Anwälten war sie Samstagabend auf dem Flughafen JFK in New York, um dort Menschen zu helfen, die von Präsident Trumps neuer Einreisepolitik betroffen sind.
jetzt: Warum hast du deinen Samstag auf dem JFK-Flughafen in New York verbracht?
Alina: Direkt nachdem am Freitag das Einreiseverbot für Menschen und Flüchtlinge aus bestimmten Ländern bekannt gegeben wurde, haben Bürgerrechtsorganisationen wie ACLU, aber auch Anwaltskanzleien und Menschenrechtsorganisationen, Alarm geschlagen. Ich bin da selber in einigen Gruppen in sozialen Netzwerken. Dort wurde dazu aufgerufen, an die Flughäfen zu fahren, um den Menschen vor Ort zu helfen. Das habe ich dann getan – ohne zu wissen, was mich dort erwartet.
Wie hast du die Lage im Flughafen erlebt?
Es war alles sehr chaotisch. Trumps Erlass war ja eher schwammig formuliert, niemand wusste, wie er umgesetzt werden würde. Würden sie die Leute festhalten? Zurück schicken? Außerdem hatten wir ja keine Liste auf der stand: „In folgendem Flugzeug sind übrigens Flüchtlinge, die nicht einreisen werden dürfen, um die müsst ihr euch kümmern.“ Wir haben also zunächst alles über die wartenden Angehörigen koordiniert und über Social Media.
Angeblich hat ein Anwalt sogar ein internationales Flugticket gekauft und ist damit nach JFK geflogen, um auf der anderen Seite zu sein
Wie genau kann man sich eure Arbeit vorstellen?
Wir haben unser Camp zunächst im Terminal 4 aufgeschlagen, weil dort viele Menschen ankommen. Dort haben uns Leute erzählt, dass sie bereits Stunden auf ihre Angehörigen warten, diese aber immer noch nicht hier und auch nicht auch erreichbar seien. Es waren wirklich viele Menschen am Flughafen, deshalb war es wichtig, dass wir Anwälte untereinander schnell Aufgaben verteilen. Manche haben also ihre Laptops aufgeklappt und in Facebookgruppen koordiniert, wer wen sucht, wo bereits ein Anwalt dran ist und wer noch Hilfe braucht. Andere haben mit den Angehörigen geredet, wieder andere haben versucht, die zuständigen Behörden zu erreichen. In vielen Fällen mussten wir aber erst einmal herausfinden, wo die betroffene Person festhängt, was natürlich gar nicht so einfach war – schließlich kann nicht einfach jeder in den Sicherheitsbereich eines Flughafens gehen.
Wie habt ihr das gelöst?
Das war schon sehr schwierig. Manche der anwesenden Anwälte hatten dafür eine Sondererlaubnis, zum Beispiel weil ein Einreisender ihr Klient war. Der Rest musste irgendwie versuchen, mit der anderen Seite zu kommunizieren, dafür haben wir wirklich alles probiert: Haben das Flugpersonal angerufen und gefragt, ob Menschen festgehalten werden. Haben andere Reisende aufgefordert, sich bei uns zu melden, wenn sie beobachten, dass jemand nicht einreisen darf. Angeblich hat ein Kollege sogar ein internationales Flugticket gekauft und ist damit nach JFK geflogen, um auf der anderen Seite zu sein. Aber vielleicht ist das auch ein Gerücht.
Wie haben die Grenzbeamten und Behörden auf eure Arbeit reagiert?
Sehr unterschiedlich. Das lag aber auch an dem Erlass – der ging an diesem Tag durch viele verschiedene Hände und wurde überall anders umgesetzt. Am JFK gab es Beamte, die haben gezielt nach Leuten gesucht, die aus den betroffenen Ländern kamen und sie festgehalten. Das wechselte aber von Terminal zu Terminal. Bei uns am Terminal 4 haben sie auch zweitweise versucht, die Angehörigen und gerade eingereisten Menschen so an uns vorbeizuleiten, dass wir nicht mit ihnen sprechen konnten. Ich weiß nicht, wie viel Strategie tatsächlich dahinter stand, aber das war schon seltsam. Wir haben auch zu hören bekommen, dass Leute auf den Wunsch, den Vorgesetzten sprechen zu dürfen, nur die Antwort „Sprich mit Trump“ bekamen. Das ist natürlich nicht sehr hilfreich. In Boston hingegen wurde beispielsweise niemand zurück in den Flieger gesetzt, auch in Kalifornien war man da wohl weniger restriktiv.
Dieser Erlass soll zur nationalen Sicherheit beitragen. Aber was hat ein Fünfjähriger damit zu tun?
Wie haben die Wartenden im Flughafen auf die neue Situation reagiert? Viele Leute waren wütend, aber auch sehr unsicher. An manchen Orten kamen Besitzer einer Greencard rein, an anderen nicht. Manchmal wurden Leute auch aufgehalten, die gar keine Flüchtlinge waren oder nicht aus den genannten sieben Ländern kamen. Es gab da auch diese Geschichte, dass sie einen fünfjährigen Jungen festgehalten haben, seine Mutter durfte nicht zu ihm. Das macht einen wirklich ratlos. Ich meine, dieser Erlass soll zur nationalen Sicherheit beitragen. Aber was hat ein Fünfjähriger damit zu tun?
Welche Geschichte bleibt dir von diesem Wochenende noch besonders in Erinnerung?
Nachdem ich nicht mehr persönlich am Flughafen war, habe ich unsere Facebookgruppe weiter überwacht. Dort tauchte auf einmal die Nachricht auf, dass eine Iranerin, der die Einreise verweigert wurde, bereits wieder im Flieger zurück säße. Da gab es dann viel hin und her, und wir haben panisch versucht, die entsprechenden Stellen zu erreichen. Als das Flugzeug gerade abheben sollte, hatten wir schließlich ihre Airline am Telefon. Die haben dann erlaubt, dass die Frau wieder aussteigen darf. Am Ende durfte sie einreisen. Das war schon nervenaufreibend.
Was empfiehlst du Leuten, die momentan aus den betroffenen Ländern in die USA einreisen müssen?
Wer bereits Reisepläne hat, sollte es auf jeden Fall versuchen und, wenn möglich, Boston ansteuern. Momentan ist das ein guter Flughafen, um nicht abgewiesen zu werden. Aber das kann sich jeden Tag ändern. Kanada hat ja gesagt, dass sie jeden Flüchtling, der in den USA abgelehnt wird, bei sich aufnehmen werden. Aber ich habe keine Ahnung, wie sie das umsetzen wollen. Menschen, die bereits in den USA sind, würde ich raten, nicht auszureisen. Man weiß einfach nicht, was bei den Grenzkontrollen passiert.
Offiziell gilt der neue Erlass 90 Tage. Was denkst du, wie es danach weitergeht?
Meine persönliche Meinung ist, dass Trump damit die Muslime aus dem Land raushalten will. Er tut nur so, als ginge es dabei um Terrorismus. Dementsprechend gehe ich auch nicht davon aus, dass nach den 90 Tagen etwas besser wird. Als Gegner dieser Politik müssen wir weiterhin jedes Wochenende demonstrieren gehen. Anwesenheit zeigen, den Leuten vor Ort helfen. Wir müssen Widerstand leisten!
Aber natürlich ist es ermüdend, jeden Morgen aufzuwachen und sich zu fragen: Was wird heute passieren, das gegen Menschenrechte verstößt oder gegen die Verfassung? Ich meine wir sind doch fast alle Immigranten. Ich bin Immigrantin, meine Freunde sind Immigranten. Dieses Land war immer eine Mischung aller Kulturen. Im Zweiten Weltkrieg haben wir auch Leute nicht rein gelassen, darunter viele Juden. Die mussten dann zurück nach Europa und wurden in Europa in Konzentrationslagern getötet. Viele, die jetzt demonstrieren, sagen: Das darf nie wieder geschehen. Und das ist wirklich wichtig: Wir drohen gerade, unsere Geschichte zu wiederholen.