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Studie: Donald Trump und seine Wirkung auf die EU
Was bedeutet es für den Zusammenhalt der EU, wenn im Weißen Haus plötzlich ein antieuropäischer Nationalist sitzt, der den Brexit feiert? Das haben Lara Minkus, Emanuel Deutschmann und Jan Delhey in einer Studie untersucht. Dabei haben sie die Ergebnisse des Eurobarometers – eine von der Europäischen Kommission beauftragte Meinungsumfrage, die im November 2016 in den EU-Mitgliedsstaaten erhoben wurde – ausgewertet. Die drei Forscher verglichen die Antworten der Gruppe, die vor der Präsidentschaftswahl befragt wurde, mit denen der Gruppe, die erst nach Trumps Wahlsieg an der Umfrage teilnahm. So konnten sie Rückschlüsse auf den Einfluss des Wahlergebnisses ziehen. Das Ergebnis: Die EU wurde beliebter – aber besonders unter den Rechten. Warum das für das europäische Projekt nicht unbedingt gut ist und was das für den Brexit und die Europawahl im Mai bedeuten könnte, hat uns Lara Minkus erklärt.
jetzt: Das Ergebnis eurer Studie lautet, sehr vereinfacht gesagt: „Trump wurde gewählt und plötzlich fanden alle die EU super.“ Was hat jetzt das eine mit dem anderen zu tun?
Lara Minkus: Unsere Studie basiert auf der Wahl von Donald Trump als „externem Schock“, mit dessen Hilfe dann kausale Zusammenhänge erklärt werden können. Das geht so: Etwas Unerwartetes passiert und als Reaktion darauf verändert sich die öffentliche Meinung. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 sind so ziemlich alle davon ausgegangen, dass Hillary Clinton gewinnt. Niemand, auch keine Umfragen, hatten vorhergesehen, dass Donald Trump Präsident wird. Für die Europäer und Europäerinnen hatte dieser „Schock“ dann auch einen Einfluss auf ihre Einstellung zur EU: Sie wurde beliebter bei ihnen. Wir haben das den „Trump-Effekt“ genannt.
Und warum hat dieser „Trump-Effekt“ die EU beliebter gemacht?
Wir nehmen an, dass das viel mit Trumps „America first“-Rhetorik im Vorfeld der Wahlen zu tun hatte. Denn plötzlich war dieser Mensch, der die EU ablehnt, gegen EU-Politiker und -Politikerinnen hetzt und den Brexit feiert, der Präsident der Vereinigten Staaten. Und diese wahrgenommene Bedrohung durch Trump hatte wohl eine vereinende Wirkung.
Also steht es jetzt doch gar nicht so schlecht um die EU und wir können ganz entspannt den Europawahlen im Mai entgegenblicken?
Eher nicht. Was wir auch herausgefunden haben: Die EU ist zwar beliebter geworden, die Beliebtheit hat aber am stärksten unter den Rechten zugenommen hat. Bei denen also, die, wie es das derzeitige politische Klima vermuten lässt, die EU, so wie sie jetzt ist, nicht mehr haben wollen. Bisher war es eher die politische Mitte, die die EU getragen hat. Unsere Ergebnisse zeigen zwar nicht, dass die Rechten nun diejenigen sind, die die EU generell am besten finden, aber bei ihnen gab es den größten Zuwachs. Das heißt, da ist ganz offensichtlich etwas passiert.
Warum ausgerechnet bei den Rechten, die immer wieder mit ihrer Anti-EU-Rhetorik auffallen?
Wir können nur spekulieren, warum das so ist. Aber wenn man sich einmal ansieht, was aktuell in Europa passiert, dann wird deutlich, dass die rechten, nationalistischen Parteien immer weiter erstarken und dass ein Viktor Orbán, der nationalistischer und konservativer kaum mehr sein kann, sich selbst als überzeugten Europäer darstellt. Ich glaube einfach, dass die Vorstellung einer EU, die sich abschottet, ein „Europa der Nationen“, gerade Aufwind bekommt und nicht das kosmopolitische Projekt, das die EU einst war. Es kann also sein, dass die Rechten gerade dabei sind, die EU für sich umzudeuten.
Aber wie lassen sich dann pro-europäische Bewegungen wie zum Beispiel „Pulse of Europe“ erklären, die sind ja eher liberal oder links und bekennen sich zur EU?
Die Rechten weisen zwar nach der Wahl Donald Trumps einen deutlichen Zuwachs an pro-EU Stimmen auf, trotzdem ist die EU bei der Mitte immer noch beliebter. Auch wenn die Rechte die EU umdeuten will, steht ihr dabei immer noch ein starker kosmopolitischer Block entgegen, der Bewegungen wie „Pulse of Europe“ ins Leben ruft.
Ihr konntet ja so eine Art „über-Nacht-Effekt“ nachweisen. Kann die Wahl Trumps vielleicht auch einen längerfristigen Einfluss auf die Beliebtheit der EU haben?
Grundsätzlich gilt, dass der Einfluss dieser schockartigen Events mit der Zeit abnimmt. Wie genau sich die Präsidentschaftswahlen dauerhaft auf die Einstellungen zur EU auswirken, konnten wir anhand unserer Daten nicht untersuchen. Allerdings ist Trump ja auch weiterhin Präsident und nicht nur ein kurzes „Ereignis“, sodass er vermutlich auch weiterhin die öffentliche Meinung beeinflusst.
Man muss ja nun gar nicht mal bis nach Amerika gucken, um solche „externen Schocks“ zu finden. Könnten der Brexit und das Chaos, das damit einhergeht, die EU auch beliebter machen?
Tatsächlich gibt es eine andere Studie, die etwas Ähnliches zum Brexit untersucht und herausgefunden hat. Der Brexit, ebenfalls eine Bedrohung des EU-Zusammenhalts, hat dafür gesorgt, dass die verbleibenden EU-Staaten die EU jetzt wieder besser finden. Für die Europawahlen, die nun ohne Großbritannien stattfinden sollen, könnte der harte Brexit einen ähnlichen Effekt haben, sodass mehr Menschen die EU für wichtig halten und zur Wahl gehen. Gleichzeitig ist aber auch hier möglich, dass es sich ebenso auf die Einstellung und Wahlbeteiligung der Rechten auswirkt, sodass wir eventuell mit einem Erstarken nationalistischer und rechter Parteien im EU-Parlament zu rechnen haben.