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"Lasst uns Gewalt mit Barmherzigkeit bombardieren"

Screenshot: YouTube

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„Let’s bomb violence with mercy“, lasst uns Gewalt mit Barmherzigkeit bombardieren: Das ist die Botschaft eines dreiminütigen Videos, das der kuwaitische Mobilfunkanbieter Zain zu Beginn des Ramadan veröffentlicht hat. Es hat während der vergangenen Tage eine hitzige Debatte im Nahen Osten ausgelöst. Denn es zeigt einen Extremisten, der einen Anschlag vorbereitet – und von Terroropfern mit seinem Handeln konfrontiert wird.

Zunächst sitzt der Mann in einem schummrig beleuchteten Kellerzimmer. Er lötet die Drähte seiner Sprengstoffweste. Eine Kinderstimme aus dem Off: „Ich werde Gott alles sagen. Dass ihr die Friedhöfe mit unseren Kindern gefüllt und unsere Schulbänke geleert habt.“ Danach legt er die Weste um und tritt auf die Straße.

Als der Mann in einen Bus steigt, sitzen plötzlich Menschen vor ihm, deren Gesichter von Staub und Blut gezeichnet sind. Menschen, die Opfer von Terror und Gewalt wurden. Manche stellen reale Fälle dar. Auf einer der Bänke sitzt etwa ein Kind, das an Omran Daqneesh erinnert. Den Jungen aus Aleppo, der einen Luftangriff des syrischen Regimes überlebt und dessen blutverschmiertes Gesicht die Welt schockiert hat.

Die Menschen beginnen, auf den Mann zuzugehen, sie sprechen mit ihm. Darüber, dass er im Namen des Todes komme, während Allah doch Schöpfer des Lebens sei. Darüber, dass Gott größer sei als jene Menschen, die ihm gehorchen, ohne nachzudenken. Mehr und mehr Leute scharen sich um den Mann, bis auch Hussain al-Jassmi zu ihnen stößt, einer der bekanntesten Pop-Sänger des arabischen Raumes. Dass man Gott in Liebe folgen solle, nicht mit Terror, singt er. Am Ende lässt der Mann von seinem Anschlag ab, den Zünder drückt er nicht.

"Ich war positiv überrascht von diesem Video“, sagt der Psychologe und Islamismus-Experte Ahmad Mansour im Gespräch mit JETZT, „es thematisiert etwas, was in der arabischen Welt bislang überhaupt nicht diskutiert wird: keine Angst vor Gott zu haben, sondern ihn zu lieben.“ Diese Angstpädagogik würden vor allem Islamisten nutzen. Die Gebetsformel „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) in einem liebevollen Zusammenhang zu sagen, ist für Mansour der Versuch, den Islamisten dieses Narrativ zu nehmen. „Wenn die Angst weg ist, macht das den Weg frei dafür, weitere Dinge zu diskutieren. Zum Beispiel, wie man mit Frauen umgeht.“

 

Der Mobilfunkanbieter Zain stößt mit dem Video aber auch auf viel Kritik. Im Netz werfen User dem Konzern vor, das Schicksal unschuldiger Opfer für kommerzielle Zwecke auszubeuten. Sie betonen, dass Terror ein wesentlich komplexeres Thema sei, als in dem Video dargestellt.

 

Ein syrischer Autor kritisiert außerdem, dass der junge Omran Daqneesh nicht Opfer islamistischer Terroristen wurde, sondern die syrische Regierung für die Fassbombenangriffe verantwortlich sei. „Zains Werbung verzerrt die Wahrheit“, schreibt er.  Auch Mansour kritisiert das Video: "Es handelt sich ausschließlich um Anschläge, die in der arabischen Welt stattgefunden haben.  Mutiger wäre es gewesen, Manchester noch aufzunehmen. Oder Tel Aviv."

 

Dabei ist es wohl kein Zufall, dass Zain den Spot zum Ramadan veröffentlicht. „Der Zeitpunkt ist perfekt gewählt, während des Ramadan sitzen sehr, sehr viele Muslime vor dem Fernseher“, sagt Ahmad Mansour, „und diese werden das Video mit Sicherheit diskutieren“. Auch wenn sich Terroristen davon nicht beeindrucken lassen werden, könnte dieses Video eine wichtige Diskussion innerhalb des Islam anstoßen.

 

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