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Dating-Apps für Homosexuelle wollen ägyptische User schützen

Illustration: jetzt.de

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Für Homosexuelle im muslimisch-konservativen Ägypten ist es sicherer, online nach Sexualpartnern zu suchen als an öffentlichen Orten. Darum nutzen viele von ihnen Dating-Apps. Allerdings legt die Polizei schon länger Fake-Profile darin an, um Schwule und Lesben als solche zu enttarnen. Wer sich über Grindr, Hornet oder Scruff verabredet, muss also damit rechnen, dass am Ende nicht das Date, sondern die Polizei wartet. Konversationen und eventuelle Bilder werden als Beweislast verwendet. Diese Fake-Online-Verabredung führen seit einigen Wochen verstärkt zu Verhaftungen, nachdem die ägyptischen Behörden gerade regelrecht Jagd auf Homosexuelle machen. Insgesamt wurden in den vergangenen Wochen rund 70 Homosexuelle in Ägypten verhaftet, über 20 wurden zu Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu sechs Jahren verurteilt.

Weil die Gefahr für ägyptische Homosexuelle gerade also besonders groß ist, fühlten sich die Betreiber der US-amerikanischen Apps jetzt offenbar gezwungen, aus der Ferne Mittel zum Schutz ihrer User zu ergreifen: Grindr bietet seit Kurzem ein Update an, durch das User den Thumbnail auf ihrem Handy so verändern können, dass er weniger verdächtig aussieht. Außerdem können die Nutzer nun einstellen, dass sich die App nur durch die Eingabe eines Passwortes öffnen lässt. Diese Vorkehrung ist wichtig, weil Polizisten laut einer Aktivistin von Human Rights Watch „Verdächtige“ auch auf der Straße anhalten und überprüfen würden.  

Grindr und Hornet schicken außerdem schon länger wöchentlich Sicherheitstipps an Nutzer in Ländern, in denen grundsätzlich eine Gefahr darin besteht, homosexuell zu sein. Sie erinnern sie etwa daran, sich nicht mit jemanden zu verabreden, dessen Identität sie nicht sicher bestätigt wissen oder daran, anderen Bescheid zu sagen, wenn sie zu einer Verabredung gehen.

In einigen Ländern, in denen die Gefahr besonders akut ist, werden diese Tipps sogar täglich an die User verschickt. Auch in Ägypten, seit die Verfolgungs- und Verhaftungswelle vor etwa einem Monat durch ein Konzert der libanesischen Band Mashrou’ Leila in Kairo losgetreten wurde.

Hamed Sinno, der Sänger der Band, bekennt sich als einer von wenigen Künstlern der Region offen zu seiner Homosexualität – wahrscheinlich hielten Besucher die Veranstaltung deshalb für den richtigen Ort, um ein Zeichen zu setzen: Sie hielten eine Regenbogen-Flagge hoch. Nachdem Fotos davon aufgetauchten waren, reagierte die Lokalpresse mit Entsetzen, die Band wurde des Landes verwiesen, die ägyptischen Behörden behandelten den Fall als kriminelle Handlung. Drei Menschen wurden verhaftet, weil sie für das Hochhalten der Flagge verantwortlich gemacht wurden. Einer wurde wieder freigelassen.   

 

Regierung und Polizei nehmen den Vorfall zum Anlass, wieder härter gegen Homosexuelle durchzugreifen. Laut Reuters versuchen sie nicht, die Verfolgung zu vertuschen – sie sehen es als ihre Pflicht an, die Verbreitung von Homosexualität einzuschränken.  

 

Zwar ist Homosexualität in Ägypten nicht verboten, allerdings ist die Diskriminierung gegen Mitglieder der LGBT-Gemeinde weitverbreitet. Verhaftungen werden gerechtgertigt, indem Schwule und Lesben offiziell mit anderen Vorwürfen, wie Prostitution, Blasphemie und Unmoral, konfrontiert werden.

lath

 

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