Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Unser Fazit nach vier Jahren Trump

Die Show ist vorbei: Zeit Perücke und Clowns-Nase an den Haken zu hängen.
Illustration: FDE

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

„Ich verlier hier echt meinen Glauben an die Menschheit.“ Das war einer der Sätze, die am Morgen nach der Präsidentschaftswahl 2016 in der jetzt-Redaktion fielen. Da waren Galgenhumor, Verwirrung und vor allem Enttäuschung darüber, dass ein Mann auf der gefühlten moralischen Entwicklungsstufe eines Drittklässlers zum mächtigsten Menschen der Erde gewählt wurde. An diesem Tag wussten auch die erfahrensten Journalist*innen nicht so richtig, wie genau man jetzt an diesen orangenen Grantler herangehen sollte. Mit Satire? Könnte zu verharmlosend sein. Mit Angst? Könnte ihn größer machen, als er ist. Mit Mutmaßungen über das, was kommt? Damit kann man bei diesem Menschen eigentlich nur falsch liegen. Optimismus? Pessimismus?

Vier Jahre später zeigt sich, dass all diese Herangehensweisen irgendwie ihre Berechtigung hatten. Solange man nicht abstumpfte. Trump geht, und seit 2016 ist kaum ein Woche vergangen, in der jetzt nicht über ihn berichtet haben – von der sachlichen Analyse über den wütenden Kommentar bis zu albernem Meme-Quatsch. Auch wenn Trump sicher auch nach seiner Präsidentschaft noch für Nachrichten sorgen wird: Wir haben das Bedürfnis, zumindest unter diese vier Jahre einen Schlussstrich zu ziehen, uns klarzumachen, was in dieser Zeit eigentlich passiert ist und nochmal alles auszukotzen, was sich an Emotionen angestaut hat. Und zwar von A bis Z.

A wie Abschied

Auch wenn Trump eine feste Basis von Unterstützer*innen in den USA hat, hier in Deutschland sagt die Mehrheit der Menschen fröhlich „Tschau Kakao“ und freut sich über den Abgang Trumps. Das legt auf jeden Fall eine Umfrage des ZDF Politbarometers von 2020 nahe: Nur vier Prozent der Befragten gaben an, sich eher Trump als Biden als Präsidenten zu wünschen. 

B wie Black Lives Matter

die Protestbewegung, die der gewaltsame Tod des Schwarzen George Floyd erst in den USA, später international wieder aufleben ließ. Sie richtete sich auch gegen die Regierung Trumps, der seine Macht im Grunde auf der Idee der weißen Vorherrschaft aufbaute. Trump diffamierte die Aktivist*innen mehrfach, verteidigte später sogar einen 17-Jährigen, der bei einem der BLM-Protesten in Kenosha zwei Demonstrierende erschossen haben soll.

C wie Covfefe

Trump twitterte im Mai 2017: „Despite the constant negative press covfefe.“ Letzteres Wort sollte vermutlich coverage, also Berichterstattung heißen. Tippfehler, falsche Autokorrektur – egal, kann jedem passieren. Das Kuriose war nur: Trump wollte das ums Verrecken nicht zugeben. Sein damaliger Pressesprecher ließ verlauten: „Ich glaube, der Präsident und eine kleine Gruppe von Leuten wissen genau, was er damit gemeint hat.“ Merke: Wer nicht mal einen Tippfehler zugeben kann, ist nicht unbedingt für internationale Atomwaffen-Diplomatie geeignet.

D wie Das hat er jetzt nicht echt gemacht

In den vergangenen vier Jahren haben sich viele gewundert, was alles möglich ist: Trump mischte den Nahost-Konflikt neu auf, schüttelte einem der fürchterlichsten regierenden Diktatoren, Kim Jong Un, die Hand, gründete die „Space Force“ und drohte, aus der Nato auszusteigen – und das ist nur die Spitze des Eisbergs. 

E wie Ekel

Neben Wut eine der emotionalen Reaktionen auf Trumps Aussagen wie „Grab ‘em by the pussy“, „shithole countries“ oder das Verbreiten von Hashtags wie #PedoBiden. Wenn alle Witzchen gemacht waren, alle Wut rausgetwittert und man müde von der Machtlosigkeit abends niedersank, dann war da manchmal nur noch Ekel.

F wie Frisur

Trump Frisur

Foto: AFP

Obwohl es stets genug Anlass für Kritik an Trumps Politik gab, beschäftigten die Menschen und Medien sich besonders gerne auch mit seiner Person: seinem Kleidungsstil, den Bräunungsstreifen im Gesicht und natürlich seinem güldenen Haar – ob es nun echt ist oder nicht. Eine allzu willkommene und irreführende Ablenkung.

G wie Gewalt 

Vor nicht einmal zwei Wochen stürmte ein Mob wütender und teils gewaltbereiter Trump-Fans das Capitol in Washington D.C., randalierte, bedrohte die Abgeordneten. Angestachelt wurden die Menschen auch von einer Rede von Donald Trump. Wie berechnend Trump seine Worte wählt, machen auch zwei Reden nach dem Geschehenen deutlich: In der ersten feierte er seine gewaltbereiten Anhänger*innen noch und sagte: „Ihr seid besondere Menschen.“ Wenig später verurteilte er die Randalierer*innen scharf. Es ging nun schließlich darum, ein Amtsenthebungsverfahren abzuwenden.

H wie Häme

Oft die letzte Zuflucht für Trump-Kritiker*innen, die bei jeder der unzähligen Dämlichkeiten Trumps (siehe C wie Covfefe) immer wieder aufs Neue dachten: „Jetzt MÜSSEN doch alle merken, wie unfähig dieser Mensch ist!“

I wie Impeachment

Trump ist der einzige US-Präsident, gegen den gleich zwei Amtsenthebungsverfahren eröffnet wurden. Vielleicht schafft er jetzt noch einen weiteren Negativrekord, indem er der erste US-Präsident wird, der letztlich wirklich seines Amtes enthoben wird. Denn das geht auch noch nach seiner Amtszeit. Die Konsequenz wäre unter anderem, dass er nicht erneut als Präsident kandidieren dürfte – „Trump 2024 – Make America great again again“ wäre damit ausgeschlossen.

J wie Joe Biden

Ist uralt, weiß und männlich – und trotzdem der Hoffnungsträger der demokratischen Hälfte des Landes. Eine Verantwortung, um die ihn wohl niemand beneidet. Seine Präsidentschaft startet nicht nur mitten in einer Pandemie, nein, Biden muss auch noch hinter seinem Vorgänger aufräumen. Und der macht ihm das so schwer, wie er nur kann.

K wie Kids

Eines muss man Trump lassen: Er ist ein Familienmensch. Zwar vielleicht nicht im traditionellen Sinne, aber um seine Kinder hat er sich in seiner Präsidentschaft wirklich toll gekümmert und ihnen etwa Jobs gegeben, für die sie nicht immer qualifiziert waren. Zumindest den Kindern, die nicht Tiffany heißen

L wie Lügen

30 558. So viele Lügen soll Trump während der 1460 Tage seiner Präsidentschaft erzählt haben. Das berichtet die Washington Post. „Alternative Fakten“ wurden zur neuen Normalität: Zum Ende hin wurde Trump laut der Datenanalyse immer unehrlicher. 

M wie Mauer

Die Mauer zu Mexiko war eines von Trumps größten Wahlversprechen und „Build the wall!“ einer der Schlachtrufe seiner Anhänger*innen. Mittlerweile sind tatsächlich mehr als 640 Kilometer der Grenze zu Mexiko mit einer Maueranlage bebaut, wenn auch größtenteils als Ausbau bereits bestehender Anlagen. Ein Symbol für Trumps Politik der Abschreckung. Der Besuch eines Mauerabschnitts in Texas war Trumps erster öffentlicher Auftritt nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 – und zugleich sein letzter öffentlicher Auftritt als Präsident. 

N wie Narzissmus

Wenn man alle seine Äußerungen über sich selbst für wahr hält, muss man zu dem Schluss kommen, dass Trump der beste Mensch der Geschichte ist. Die Schnittstelle von Albert Einstein, Jesus Christus und Rambo. Wenn man diese Äußerungen aber anzweifelt, kann man, wie viele psychiatrische Gutachter*innen zum Ergebnis kommen, dass Trump das Musterbeispiel für einen Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung ist, gekennzeichnet durch Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, einem gesteigerten Bedürfnis nach Bestätigung und fehlendem Empathievermögen. Oder in Trumps Worten: „A very stable genius.“

O wie Obama

Wann immer etwas in seiner eigenen Amtszeit schief lief, versuchte Trump, die Schuld auf die demokratische Vorgänger-Regierung zu schieben. Ungerechtfertigte Polizeigewalt? Die Obama-Regierung hat nicht versucht, etwas dagegen zu unternehmen! HIV existiert? Obama hat nichts dagegen unternommen! Dass diese Aussagen oft nur halbwahr oder komplett erfunden waren, ist die eine Sache. Dass manche der Lügen aber nicht mal Sinn ergeben, ist einfach nur frech. Trump behauptete etwa, dass die Obama-Regierung ihm kaputte Covid-19-Tests überlassen habe. Also Tests für eine Krankheit, die erst drei Jahre nach Obamas Präsidentschaft zum ersten Mal nachgewiesen wurde. Hä?

P wie Parodie

Fast alle Comedians haben es irgendwann mal probiert, aber nur wenige haben es geschafft, Trump wirklich sauber nachzumachen. Tipp vom begnadeten Trump-Imitator Alec Baldwin: Lippen zuspitzen und Augenbrauen hochziehen.

Q wie Qual

Die glaubte man in Angela Merkels Gesicht zu sehen, wann immer man sie in die Nähe des aufschneiderischen Präsidenten beobachtete, der ihr charakterlich nicht unähnlicher sein könnte. Man erinnere sich nur an die denkenswerte Pressekonferenz anlässlich eines G7-Gipfels, bei der Trump erklärte, in ihm fließe „deutsches Blut“. Da musste selbst die Kanzlerin ein bisschen lachen. 

R wie Republikaner 

Wohl kaum ein US-Präsident hat es geschafft, seine eigene Partei so zu spalten. Spätestens nach dem Sturm auf das Kapitol mussten einige seiner Parteikoleg*innen sich von ihm distanzieren und stimmten sogar für seine Amtsenthebung

S wie Smalltalk

Bei allem Übel, das Trump in die Welt gebracht hat, für eins war er vorzüglich geeignet: als Eisbrecher bei Dates. Darauf, wie kacke man Trump findet, konnte man sich so gut wie immer einigen: 

Peinliche Stille. 

„Hast das von Trump gelesen?“ 

„Ja, boah, so lächerlich der Typ!“

„Haha, voll!“

„Hast du Lust auf Knutschen?“

„Ok!“

T wie Twitter

Trump und Twitter: Das eine kam in den vergangenen Jahren kaum ohne das andere aus. Kein anderes Staatsoberhaupt hat so viele (und so viele unüberlegte) Tweets im Minutentakt rausgehauen wie Trump. Twitter blieb geduldig, aber nach zweiten und dritten Chancen hat Trump die Aussicht auf eine Langzeitbeziehung nun endgültig verspielt. Bye, bye, @realdonaldtrump.

U wie unlustig

Was haben wir gelacht: wenn Trump Klopapier am Schuh kleben hatte oder versuchte, ohne Brille direkt in eine Sonnenfinsternis zu schauen. Manchmal auch einfach aus Verzweiflung. Nur zum Schluss gab es dann wirklich nicht mehr viel zu lachen – worüber auch: Das Erbe seiner Präsidentschaft ist verheerend

V wie Vergleiche mit der Weimarer Republik

Ein lauter, schimpfender Mann, der wirtschaftliche und gesellschaftliche Unsicherheit nutzt, um mit Verschwörungstheorien, Lügen, Hass und Angstmacherei seine Anhänger*innen in Ekstase zu versetzen und sie zum Aufruhr zu verleiten – war da nicht was? Ob akkurat oder nicht, Vergleiche mit der Weimarer Republik und damit mit den Anfängen des Nationalsozialismus in Deutschland waren unter Trump definitiv en vogue.

W wie Weißes Haus

Ein letzter Applaus für seine Anhänger*innen, winke, winke, noch einmal Händeschütteln und dann steigen Donald und Melania Trump am Mittwoch in das Militärflugzeug, das sie nach Florida bringt, fort aus Washington, dem Weißen Haus, dem Oval Office – und damit auch fort vom Atomkoffer. Puh.

X wie Xenophobie 

(griech. xeno, fremd) Bezeichnet die Ablehnung gegenüber Menschengruppe, die als „fremd“ wahrgenommen werden, es aber nicht unbedingt sind – zum Beispiel Schwarze Menschen und People of Color. Oft wird Xenophobie mit Rassismus gleichgesetzt, das ist aber umstritten, denn: Xenophobie bezeichnet eine „Angst“ vor dem vermeintlich Fremden. Aber wer Angst hat, verkriecht sich vielleicht. Wer Angst hat, hetzt keine Meute von White Supremacists und Rechtsextremen dazu auf, das Kapitol zu stürmen. Das Wort, das hier besser passt, ist wohl schlicht: Rassist.

Y wie YMCA

Auf seinen Wahlkampfauftritten im Herbst nutzte Trump den Song „YMCA“ von der Band Village People. Dazu tanzte er sehr kurios auf der Bühne – und ging damit insbesondere auf Tiktok viral. Warum genau er das tat, weiß man bis heute nicht, aber vor allem bei seinen Anhänger*innen machte er sich damit besonders beliebt und sympathisch. Dieser Song ist übrigens nicht der einzige, den Trump nutzte: Die Rolling Stones verklagten ihn etwa, weil er ihren Song „You Can’t Always Get What You Want“ auf die Playlist seines Wahlkampfs gesetzt hatte.  

Z wie Zukunft

Möge sie Besseres bringen.

  • teilen
  • schließen