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Container-Aktivistinnen sind unzufrieden mit dem Beschluss der Justizministerkonferenz
Die Justizminister*innen der Länder halten weiter an einem Verbot des Containerns fest. Das haben sie auf ihrer Konferenz in Lübeck entschieden. Die zwei Olchinger Studentinnen Caro und Franzi wurden Anfang des Jahres veurteilt, weil sie containern waren. Dass nun auf dieser Ebene wieder über den Umgang mit Lebensmittelverschwendung diskutiert wird, ist auch ihrem Engagement zu verdanken. Die beiden haben unter anderem eine Petition gestartet, die sie bei der Konferenz in Lübeck übergeben haben.
Wir haben mit Ihnen darüber gesprochen, was sie von der Entscheidung der Justizminister*innen und dem Alternativbeschluss der Konferenz halten.
jetzt: Habt ihr den Eindruck, die Justizminister*innen verstehen etwas von der Problematik?
Franzi: Fast alle von ihnen kommen aus der CDU. Sie sehen zwar die Problematik und wollen etwas gegen die Lebensmittelverschwendung tun, aber sie halten die Entkriminalisierung von Containern nicht für die Lösung. Wir fragen uns nun natürlich, was sie sonst für Maßnahmen ergreifen wollen. Containern ist zwar nicht die langfristige Lösung, aber sollte entkriminalisiert werden, bis keine Lebensmittel mehr in den Tonnen landen.
Es wurde ja ein Alternativbeschluss gefasst: Für Supermärkte soll es einfacher werden, Lebensmittel freiwillig abzugeben, zum Beispiel an Tafeln. Wird das etwas bringen?
Franzi: Man kann nicht auf den guten Willen der Supermärkte hoffen. Es wird da welche geben, die mitmachen, aber insgesamt kann man nicht darauf setzen, dass so etwas alleine vom Lebensmittelhandel ausgeht. Es muss Verpflichtungen geben, zum Beispiel Strafzahlungen bei Lebensmittelverschwendung. Schließlich ist das nicht irgendetwas, das da im Müll landet. Es sind teure Güter, die in ihrer Produktion super viel Wasser und CO2 verbraucht haben.
Caro: Das ist vielleicht noch nicht so vielen bewusst: Die Lebensmittelverschwendung ist stark verknüpft mit dem Klimawandel. Maßnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung sind eine super sinnvolle Möglichkeit des Klimaschutzes. Ein weiterer wichtiger Punkt, der gegen diesen Alternativbeschluss spricht, ist, dass die Tafeln schon total ausgelastet sind. Die Arbeit wird von engagierten Ehrenamtlichen ausgeführt, deren Kapazitäten reichen allerdings oft nicht aus, um die Mengen an Lebensmitteln, die anfallen, zu verteilen. Hier muss der Gesetzgeber insgesamt noch mehr unterstützen mit Räumlichkeiten, Logistik und Arbeitskräften.
Als ihr Containern angefangen habt, war das von Anfang an ein bewusst politischer Akt oder wolltet ihr einfach auch Geld sparen?
Caro: Wir persönlich handeln vor allem aus ethischen Gründen. Wir wollen auf das Thema aufmerksam machen. Aber es ist genauso berechtigt, dass Menschen aus finanziellen Gründen containern. Viele Menschen sind auf die Lebensmittel aus den Tonnen angewiesen.
Könnt ihr nachvollziehen, wenn man auf sozialer Ebene argumentiert und sagt: Es kann nicht sein, dass Leute im Müll nach ihrem Essen suchen müssen, weil sie zu arm sind, um Lebensmittel zu kaufen?
Franzi: Natürlich ist die Entkriminalisierung keine endgültige Lösung für die soziale Frage. Wir sehen Containern eher als einen Übergang bis eine Umstrukturierung des Lebensmittelsystems stattgefunden hat. Hierzu muss auf vielen Ebenen gehandelt werden: eine nachhaltige Landwirtschaft, eine Alternative für das Mindesthaltbarkeitsdatum, welches in den meisten Fällen viel zu früh angesetzt ist, ein engeres Verhältnis zwischen Produzierenden und Verbraucher*innen und vor allem insgesamt einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln. Für uns ist ganz klar, dass jedem Menschen auf die gleiche Weise Lebensmittel zur Verfügung stehen sollten.
Wo seht ihr die Schuld für Lebensmittelverschwendung – bei den Supermärkten, bei den Kunden oder in der Politik?
Franzi: Ein großer Teil der Lebensmittelverschwendung wird durch Privathaushalte verursacht. Aber man kann die Verantwortung nicht nur auf den Verbraucher abwälzen. Auch Handel und Produktion müssen in die Pflicht genommen werden. Deswegen fordern wir einen Wegwerfstopp für Supermärkte, wie das bereits in anderen EU-Ländern umgesetzt ist.