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Freiwillige dokumentieren Polizeieinsätze gegen Geflüchtete in Calais

Sandra und Orianne fragen die Beamt*innen, warum sie nicht durchgelassen werden. Die Polizei sperrt die Gebiete, auf denen sie räumt, meist großflächig ab.
Foto: Nadja Schlüter

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Diesmal sind Sandra und Orianne vor der Polizei auf der Brache in der Nähe des Krankenhauses. Sie waten knöcheltief durch Matsch und überqueren auf Steinen einen kleinen Flusslauf, auf der Suche nach Zelten und Menschen. Dann werden sie entdeckt, drei Beamt*innen schicken sie zurück auf die Straße und das Flüchtlingscamp wird geräumt, ohne, dass die beiden es aus der Nähe beobachten können. Ab und zu kommen nun auch Camp-Bewohner von der Brache auf die Straße gelaufen. Die Polizei habe sein Zelt mitgenommen, sagt ein junger Mann. „Da war mein Rucksack noch drin!“ Mehr als das, was er am Körper trägt, und den zerknüllten Schlafsack, den er im Arm hält, besitzt er jetzt nicht mehr. Sandra gibt ihm einen Zettel mit Kontaktdaten. Er soll sich später bei ihr melden, vielleicht kann sie ihm helfen, seine Sachen wieder zu bekommen. 

Sandra, 24, hat kürzlich ihr Studium in Internationalem Recht abgeschlossen und arbeitet seit drei Monaten als Menschenrechtsbeobachterin für die „Human Rights Observers“ (HRO) in Calais. Orianne, 20, macht im Rahmen ihres Masterprogramms mit Schwerpunkt Migration ein Praktikum bei HRO. Die Freiwilligen-Organisation dokumentiert Polizeieinsätze gegen Geflüchtete in Calais und Grande-Synthe, einem Vorort von Dunkerque. Hier, auf der französischen Seite des Ärmelkanals, leben etwa 1500 geflüchtete Menschen auf der Straße, oft ohne Zugang zu fließendem Wasser und Strom. Sie hoffen darauf, es nach Großbritannien zu schaffen, durch den Eurotunnel oder über den Kanal.

Calais ist ein Transitort, schon lange. 2016 wurde der „Dschungel“ geräumt, ein Flüchtlingscamp mit 8000 Menschen in der Nähe des Fährhafens. Nun versucht das Département Pas-de-Calais zu verhindern, dass erneut eine große Siedlung entsteht: Die vielen kleinen Camps werden alle 48 Stunden von der Polizei geräumt, Zelte, Schlafsäcke und andere Gegenstände konfisziert, teilweise auch zerstört. Es kommt regelmäßig zu Festnahmen und Konflikten zwischen Geflüchteten und der Polizei. Hilfsorganisationen kritisieren, mit den Räumungen zwinge man die Menschen in unwürdige Lebensbedingungen und wolle sie mürbe machen.

Im Monatsbericht für den Dezember gibt HRO an, acht Mal gewaltsames Verhalten der Polizei gegen Geflüchtete beobachtet zu haben

Im Jahr 2020 gab es allein in Calais 972 Räumungen. HRO, gegründet 2017, versucht, bei allen Einsätzen anwesend zu sein. Die Freiwilligen – aktuell ein Team aus sieben Frauen – filmen, fotografieren, sprechen mit Geflüchteten, laden Material auf Twitter hoch. In monatlichen Berichten halten sie fest, was konfisziert wurde und wenn sie Gewalt oder unverhältnismäßiges Verhalten der Polizei beobachtet haben – im Dezember 2020 soll das in Calais zum Beispiel acht Mal der Fall gewesen sein. Ihr Ziel ist es, die Einsätze und die betroffenen Menschen sichtbar zu machen. Und die Polizei und den Amtsbezirk zur Rechenschaft zu ziehen, wenn nötig auch vor Gericht.

Gegen halb neun Uhr morgens sitzen Sandra und Orianne in einem kleinen Peugeot im Zentrum von Calais. Nach tagelangem Regen scheint an diesem Februarmorgen die Sonne, aber es ist kalt, die beiden tragen warme Jacken und feste Schuhe. Orianne wischt den beschlagenen Spiegel auf der Beifahrerseite frei, um die Ausfahrt der Polizeistation beobachten zu können. „Sie fahren los!“, sagt sie wenige Minuten später. Sandra startet den Motor, dreht und nimmt die Verfolgung auf. 

Der Räumungskonvoi besteht aus einem Wagen der Nationalpolizei, vier Vans der Gendarmerie, einem Kleinbus der Grenzpolizei, zwei Lieferwagen eines Reinigungsunternehmens und einem Kleinwagen, in dem zwei Übersetzer sitzen. An einer Kreuzung verschwindet der Konvoi kurz aus dem Blickfeld, aber Sandra weiß sowieso, wo es hingeht: zum Camp neben dem „Stade de l’Épopée“.

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Orianne und Sandra vor dem HRO-Büro auf dem Gelände der Hilfsorganisation „L'Auberge des Migrants“ in Calais.

Foto: Nadja Schlüter
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Um vor der Polizei am Einsatzort zu sein, müssen die Beobachter*innen ab und zu auch unwegsames Gelände durchqueren, hier zum Beispiel in der Nähe des Krankenhauses von Calais.

Foto: Nadja Schlüter
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Für die Räumungen errichtet die Polizei meist großflächige „Perimeter“, sperrt das Gebiet also ab und lässt Zivilist*innen nicht durch.

Foto: Nadja Schlüter
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Alles, was sie beobachten, posten Orianne und Sandra umgehend in eine Whatsapp-Gruppe.

Foto: Nadja Schlüter
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Ein Reinungsservice ist Teil des Räumungskonvois. Im offenen Wagen wird der Müll gesammelt, in einem geschlossenen alles, was wiederverwendbar ist, etwa Zelte und Schlafsäcke, immer wieder auch Rucksäcke oder andere persönliche Gegenstände. Die Menschenrechtsbeobachter*innen sagen, die Konfiszierung verstoße gegen Grundrechte.

Foto: Nadja Schlüter
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Im Camp „Conforama“ muss eine Hilfsorganisation, die Frühstück verteilt und Steckdosen bereitstellt, wegen des Polizeieinsatzes ihre Arbeit abbrechen.

Foto: Nadja Schlüter

Wie viele Flüchtlingscamps es aktuell in Calais gibt, weiß niemand genau, aber der Räumungskonvoi fährt alle zwei Tage sieben davon an: sechs nahe dem Zubringer zur Fähre, eines in der Nähe des Eurotunnel-Terminals. In manchen leben 200, in anderen nur 25 Menschen, in Zelten und unter Plastikplanen, die zwischen Bäumen hängen. Die Camps sind meist nach etwas benannt, das in der Nähe ist: „Stadium“, „Old Lidl“, „Hospital“. Nach jeder Räumung tauchen sie an denselben Stellen wieder auf, als würden alle Beteiligten in einer Zeitschleife festhängen. 

Am Stadion passiert, was sich an diesem Morgen an fast allen Stationen wiederholen wird: Die Polizei sperrt das Gebiet ab, lässt Sandra und Orianne nicht durch. Die beiden filmen, wenn Zelte in die Autos geladen werden, achten bei der Abfahrt des Konvois darauf, ob hinten im Kleinbus der Grenzpolizei jemand sitzt, weil sie darin die Festgenommenen transportieren. Alles, was Sandra und Orianne beobachten, posten sie in eine Whatsapp-Gruppe. Dann springen sie ins Auto und folgen der Polizei zum nächsten Einsatzort.

Die Konfiszierungen durch die Polizei seien „nichts anderes als Diebstahl“, sagt Sandra

Die rechtliche Basis für die regelmäßigen Räumungen ohne vorheriges Verfahren ist die „flagrance“, eine in der Strafprozessordnung festgeschriebene polizeiliche Maßnahme, die es erlaubt, Menschen von privatem oder öffentlichem Gelände zu vertreiben, wenn sie sich dort seit weniger als 48 Stunden aufhalten. Bei HRO nennen sie das „Missbrauch einer Notfallmaßnahme“. „Flagrance“ komme eigentlich zum Einsatz, wenn es darum gehe, ein Verbrechen zu verhindern oder aufzuklären, sagte eine Expertin dem britischen Guardian. Jurist*innen verurteilen die Räumungen und den Einsatz von Gewalt als Verstoß gegen die Menschenrechte. Dass dabei persönliche Gegenstände konfisziert werden, sagt Sandra, sei „nichts anderes als Diebstahl“.

Auf Anfrage von jetzt schreibt die Kommunikationsabteilung des Amtsbezirks, mit den Räumungen solle verhindert werden, dass erneut „gesundheitsgefährdende Obdachlosensiedlungen“ entstünden. Sie seien auf Basis der „flagrance“ legal und liefen streng nach den Regeln des polizeilichen Berufsethos – also gewaltfrei – ab. Weiter heißt es: „Während der Operationen zur Beendigung der illegalen Besetzungen wird kein Eigentum beschlagnahmt.“ Die Migranten dürften ihre Sachen mitnehmen und das Reinigungsteam sammle ein, was zurückbleibt. Nur: Wenn man Menschen befiehlt, zügig ein Gelände zu verlassen, sogar ihre Zelte schüttelt oder hineintritt, wie es etwa das Video eines Betroffenen zeigt, dann bleibt einiges zurück. Vor allem das, was nachts warm und trocken hält: Zelte, Decken, Schlafsäcke.

Im Camp „BMX“, das der Polizeikonvoi an diesem Morgen als dritte Station anfährt, stehen etwa 20 Zelte auf einem kleinen Parkplatz neben einer Brache. Es läuft Musik, eine Hilfsorganisation verteilt Wasser und Frühstück, Männer waschen sich auf der Böschung mit Kanistern. „Die Jungs hier sind sehr organisiert“, sagt Sandra und meint damit: Alle 48 Stunden, bevor die Polizei kommt, verlegen sie ihr Camp vom Feld auf den Parkplatz. Wenn die Zelte bewegte wurden, können die Beamt*innen nichts ausrichten. So auch heute. Die Polizist*innen marschieren aufs Feld und sichten, ob dort etwas zurückgeblieben ist. 

Ein Mann mit Dreads und schwarzer Mütze lehnt neben dem Van der Hilfsorganisation an der provisorische Wasserleitung und dreht den Hahn zu, wenn jemand das vergisst. Die CRS – eine Einsatztruppe vergleichbar mit der deutschen Bereitschaftspolizei – sei vergangene Nacht zur Kontrolle im Camp gewesen. Mit der CRS, so sagen es Geflüchtete und HRO, haben sie hier die meisten Probleme, immer wieder komme es zu Gewalt. Die CRS ist auch an den unregelmäßig stattfindenden „große Räumungen“ beteiligt, bei denen Camps komplett aufgelöst werden sollen. Im September zum Beispiel wurden 800 Menschen vom Gelände neben dem Krankenhaus vertrieben. 

Robil will es nach England schaffen. „Denen ist egal, wo du herkommst“, sagt er

Sandra gibt dem Mann die Kontaktdaten von HRO. Beim nächsten nächtlichen Polizeieinsatz werde er Fotos und Notizen machen und sie schicken, verspricht er. HRO ist es wichtig, die Menschen in den Camps einzubinden, auch, wenn ihre Arbeit mehr auf Beobachtung der Behörden und weniger auf Kontakt zu Geflüchteten basiert als die anderer Hilfsorganisationen. „Aber viele von ihnen wollen nichts riskieren“, sagt Sandra. „Sie wollen sich nicht bei der Polizei beschweren oder sie filmen, weil sie Angst vor Gewalt haben.“ Sie gar für eine Klage zu gewinnen, sei fast unmöglich. „Sie sagen: Wozu denn? In einer Woche bin ich vielleicht schon in England!“ 

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972 Räumungen gab es in Calais im vergangenen Jahr, hier zu sehen ein Einsatz im Januar 2020. Die Freiwilligen von HRO versuchen, bei sämtlichen Räumungen in Calais und Grande-Synthe anwesend zu sein.

Foto: Christopher Furlong/Getty Images
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Die Arbeit der Hilfsorganisationen, die Mahlzeiten und Getränke an Geflüchtete verteilen – im Bild eine Essensausgabe am 8. Februar 2021 in Calais –, wird immer schwieriger.  Die Behörden verbieten ihnen, bestimmte Straßen und Plätze anzufahren, meist solche, die in der Nähe der Camps liegen.

Foto: Denis Charlet / AFP
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Drei Stunden lang folgen Sandra und Orianne dem Räumungskonvoi an sieben Einsatzorte.

Foto: Nadja Schlüter
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HRO zählt, wie viele Gegenstände beschlagnahmt wurden und fertigt monatliche Berichte über die Konfiszierungen an. Wenn die Polizei unverhältnismäßig agiert oder gar Gewalt anwendet, wird das ebenfalls in den Berichten dokumentiert.

Foto: Nadja Schlüter
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Im Büro werten die Freiwilligen das gesammelte Material aus. Immer wieder bereiten sie auch Klagen vor, um die Behörden zur Rechenschaft zu ziehen.

Foto: Nadja Schlüter

Dabei versuchen viele monate- oder sogar jahrelang erfolglos, über den Kanal zu kommen. Robil, der seinen echten Namen nicht nennen möchte, sagt, er sei 25 Jahre alt, seit sechs Monaten in Calais und er versuche es „regelmäßig“. Er kommt aus Eritrea, wie alle im Camp „BMX“. Im Juni 2019 ist er mit einem Boot über das Mittelmeer aus Libyen geflohen. „Meine Fingerabdrücke sind auf Malta“, sagt er. Dort wurde er also erstmals registriert und dorthin würde er gemäß dem Dublin-Abkommen zurückgeschickt werden, um das Asylverfahren zu durchlaufen – egal, in welchem EU-Land er Asyl beantragen würde. Robil findet diese Regelung absurd. Darum will er nach England. „Denen ist egal, wo du herkommst“, sagt er. 

Dass er in England bleiben könnte, steht zwar nicht fest, aber Fakt ist: Seit dem Brexit gilt für Großbritannien auch „Dublin“ nicht mehr. Eine Umfrage aus dem Januar 2021 unter Geflüchteten in Calais ergab, dass mehr als die Hälfte von ihnen davon ausgeht, seit dem Brexit bessere Asylchancen in England zu haben. Gleichzeitig gaben 80 Prozent an, Großbritannien sei seitdem schwieriger zu erreichen. Die Briten haben bereits 2016 eine Zaunanlage finanziert, die das Tunnel-Terminal sichert. Lastwagen werden mit Wärmebildkameras und Hunden kontrolliert, damit keine blinden Passagiere mitreisen. Die französischen Polizeieinheiten an der Küste wurden aufgestockt, ebenfalls bezahlt von den Briten. Trotzdem haben im vergangenen Jahr mindestens 8400 Menschen Großbritannien auf dem Wasserweg erreicht – 2019 waren es nur 1844. An seiner engsten Stelle ist der Ärmelkanal gerade mal 35 Kilometer breit, ihn auf eigene Faust zu überqueren ist wegen des Schiffsverkehrs trotzdem sehr gefährlich. Im vergangenen Sommer ertrank ein junger Sudanese, als er in einem Schlauchboot und nur mit einer Schaufel als Paddel kenterte. Im Oktober starben zwei Erwachsene und zwei Kinder, als ihr Boot zwei Kilometer vor der französischen Küste sank.

Robil will es trotzdem weiter versuchen, denn hier will und kann er nicht bleiben. Im November wurde ein Geflüchteter aus wenigen Metern Entfernung mit einem Gummigeschoss der CRS ins Gesicht getroffen und musste ins Krankenhaus. „Sie respektieren uns nicht. Wenn die uns am Hafen erwischen, verprügeln sie uns“, sagt Robil. Ein Patrouillenwagen der CRS fährt vorbei, während er davon erzählt.

Um kurz nach elf beendet die Polizei die Räumungen. Die heutige Bilanz von HRO: 19 Zelte, 25 Decken, zwölf Planen und sieben Kleidungsstücke wurden konfisziert, Festnahmen gab es keine. „Das ist selten“, sagt Sandra. Übergriffe haben sie keine beobachtet, sie wurden allerdings bei fast allen Camps daran gehindert, die Räumungen aus der Nähe zu beobachten. Im Camp „Conforama“ musste die Caritas wegen der Räumung die Essensausgabe und die Bereitstellung von Steckdosen abbrechen. Einige Menschen blieben mit leeren Mägen und leeren Handyakkus zurück.

Sandra fährt die Teenager mit ihrem Gepäck zurück zum Camp:  „Das ist der beste Moment des Tages“

Sandra und Orianne fahren zur letzten Station ihrer Schicht, der „Ressourcerie“, ein Second-Hand-Laden im Industriegebiet. Sechs Jungs aus dem Camp „Old Lidl“, in dem hauptsächlich minderjährige Afghanen leben, warten auf dem Hof, weil sie hier die Chance haben, ihre Sachen wieder zu bekommen. Der Lieferwagen des Reinigungsservices lädt das, was bei den Räumungen eingesammelt wurde, in einen begehbaren Container, die Geflüchteten haben eine halbe Stunde Zeit, darin nach ihren Sachen zu suchen. Sie wühlen und ziehen Schlafsäcke und Zelte heraus. 

Sandra fährt die Teenager mit ihrem Gepäck zurück zum „Old Lidl“. Sie macht im Auto laute Musik an und das Fenster auf, die Jungs auf der Rückbank grinsen. „Das ist der beste Moment des Tages“, sagt sie. Sie habe bei HRO angefangen, weil sie dachte, sie könnte hier mit ihrer juristischen Expertise etwas erreichen, sagt sie, gegen die Festnahmen und Konfiszierungen vorgehen, sich für die Grundrechte der Geflüchteten einsetzen. „Aber eigentlich verlieren wir immer, wenn wir klagen.“ Zum Beispiel, als sie vergangenes Jahr gegen die großen Räumungen vorgehen wollten. Die juristischen Erfolge bisher? „Neben manchen Camps stehen jetzt Toilettenhäuschen. Das haben wir erreicht.“

Sandra klingt müde und sie sieht auch müde aus. Sie hat viele Zigaretten geraucht über den Vormittag und selten gelacht. Doch auf die Frage, ob sie es noch immer für sinnvoll hält, was HRO tut, antwortet sie ohne zu überlegen: „Ja!“ Es sei wichtig, dass sie bei den Räumungen Präsenz zeigten, die Menschen nicht alleine ließen. Gerade während der Corona-Lockdowns, als sie nicht immer dabei sein konnten, habe es „Gewaltspitzen“ gegeben. „Unsere Arbeit geht tiefer, als Essen zu verteilen, sie ist eher langfristig und sie ist wichtig. Zur Not klagen wir uns hoch bis zum Europäischen Gerichtshof.“ Calais, sagt Sandra, sei ein seltsamer Ort. „Hier kann so gut wie alles passieren, ohne, dass es irgendjemanden interessiert.“ Und wenn sie nicht hinschauen würden, glaubt sie, dann würde niemand hinschauen.

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