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So haben junge Menschen gewählt

Hätten nur Menschen unter 30 gewählt, wäre die Bundestagswahl ganz anders ausgegangen.
Foto: dpa

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Die Deutschen haben einen neuen Bundestag gewählt. Schon im Vorfeld war klar, dass die Wahl knapp ausgehen könnte – und so kam es auch, wie das vorläufige amtliche Wahlergebnis am Montagmorgen zeigt. Stärkste Kraft ist derzeit die SPD mit 25,7 Prozent, die CDU/CSU folgt mit 24,1 Prozent. Die Grünen sind mit einem Ergebnis von 14,8 Prozent drittstärkste Kraft. FDP (11,5) und AfD (10,3) erreichen knapp zweistellige Anteile, die Linke schafft 4,9 Prozent, zieht wegen dreier gewonnener Direktmandate aber in den Bundestag ein. Doch wie hätte das Ergebnis ausgesehen hätten nur Menschen unter 30 gewählt? Die kurze Antwort: ganz anders. Die lange:

  • Hätten nur die unter 30-Jährigen gewählt, gäbe es nach Informationen der Forschungsgruppe Wahlen eine andere stärkste Kraft: die Grünen mit 22 Prozent. Die Partei hat unter der Führung von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und Robert Habeck also zuletzt viele junge Menschen von sich überzeugt. Das liegt wohl mitunter am Kernthema der Partei: Klimaschutz. Schon 2017 waren die Grünen bei Wähler:innen unter 30 beliebter gewesen als beim Durchschnitt aller Wähler:innen – hatten aber auch in dieser Altersgruppe nur etwa zwölf Prozent der Stimmen für sich gewinnen können. Im Gesamtbild lagen die Grünen 2017 bei knapp neun Prozent. 
  • Auch die FDP wäre sehr viel erfolgreicher, wenn nur die unter 30-Jährigen gewählt hätten: 20 Prozent von ihnen haben ihre Stimme den Liberalen gegeben. Das reiht sich ein in die Ergebnisse aus vergangenen Landtagswahlen, unter anderem in Rheinland-Pflalz und Baden-Württemberg. Auch dort war die FDP bei den Jungen beliebter als im Gesamtdurchschnitt. Der Trend zeichnete sich auch schon bei der Bundestagswahl im Jahr 2017 ab: Hätten damals nur Leute unter 30 abgestimmt, wäre die FDP drittstärkste Partei mit 13 Prozent der Stimmen geworden. 
  • Die SPD dagegen schneidet bei den unter 30-Jährigen deutlich schlechter ab als im Gesamtdurchschnitt: Den Umfragen zufolge haben nur 17 Prozent der jungen Wähler:innen die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz gewählt. Das sind noch weniger als schon 2017. Ein bemerkenswerter Trend mit Blick darauf, dass sich das Ergebnis der SPD von 2017 bis 2021 in der Gesamtwählerschaft so deutlich verbessert hat.
  • Große Verluste gab es auch für die Union: Nur elf Prozent der unter 30-Jährigen haben ihre Stimme der CDU/CSU gegeben. Das ist ein Verlust von 13 Prozentpunkten im Vergleich zu 2017. Insgesamt wählen also deutlich weniger junge Menschen als ältere Menschen konservativ. 
  • Hätten nur junge Menschen gewählt, wären die Linken auf jeden Fall Teil des Parlaments und müssten nicht, wie es aktuell der Fall ist, um den Einzug in den Bundestag zittern. Acht Prozent der unter 30-Jährigen haben Umfragen zufolge ihre Stimme der Linkspartei gegeben
  • Die AfD wäre schwächer, hätten nur unter 30-Jährige ihre Stimme abgegeben. Das Ergebnis der AfD läge bei etwa acht Prozent. Insgesamt haben 10,6 Prozent der Deutschen die AfD gewählt. Bei der vergangenen Bundestagswahl kam die Partei bei den U30-Wähler:innen noch auf elf Prozent – und insgesamt auf 13 Prozent.
  • Spannend ist auch, dass ein großer Teil der Wähler:innen unter 30 ihre Stimme nicht einer der sechs großen Parteien gegeben haben, sondern einer Kleinstpartei, die es nicht in den Bundestag schafft. Diese Parteien versammeln sich unter dem Balken „Sonstige“. Bekannte kleine Parteien sind zum Beispiel die „ÖDP“, „Die Partei“, „Die Tierschutzpartei“, die „Piratenpartei“ und die „Klimaliste“. Auch das ist typisch für junge Menschen und ein Trend, der sich schon in vergangenen Landtagswahlen abgezeichnet hat. Politikwissenschaftler Uwe Jun erklärte im jetzt-Interview dazu nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg im März: „Einige junge Wähler:innen spüren keinerlei Nähe zu den etablierten Parteien. Sie sehen diese als die Parteien ihrer Eltern, sogar ihrer Großeltern an, aber nicht als ihre eigenen.“ Deshalb würden sich junge Menschen viel offener nach anderen Parteien umschauen.

Es zeigt sich also: Junge Menschen wählen anders als ältere. Sie haben offenbar keine Lust mehr auf eine Große Koalition bestehend aus SPD und CDU/CSU, sondern setzen auf Parteien wie die Grünen und die FDP, die den Fokus auf Themen wie den Klimaschutz und die Digitalisierung setzen. 

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